Reif für die Zeugnisvergabe Was taugt der Chevrolet Cruze Station Wagon?

Köln · Mit dem neu eingeführten kompakten Kombi Cruze Station Wagon fährt Chevrolet auf Konfrontationskurs mit der Konzernschwester Opel. Punkten soll der kompakte Kombi vor allem dank günstigem Preis und Alltagstauglichkeit. Letzteres musste der Cruze bei unserem Dauertest in den vergangenen Monaten täglich unter Beweis stellen. Wir stellen ihm ein gutes Zeugnis aus, nur unter "Betragen" gibt's einen Eintrag.

Chevrolet Cruze Station Wagon 2.0 TD
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Ein halbes Jahr war der Cruze treuer Redaktions-Begleiter im Alltag, aber auch bei größeren Touren. Er begleitete die Redaktion ohne zu murren durch den kalten Jahresstart, auf Dienstreisen über regnerische Autobahnen, fuhr sie ins Möbelhaus, im Frühjahr zum Gartencenter, und auch mal ins sonnige Wochenende. 20.000 Kilometer bewältigte er ohne ein einziges Problem.

Überzeugendes Fahrverhalten

Dabei überzeugte uns das Fahrverhalten des 120 kW/163 PS starken Dieselmotors, vor allem auf langen Strecken. Der 2,0-Liter-Selbstzünder fährt sich oberhalb der 1.500 Touren so kernig wie er klingt und macht den Cruze zum Linke Spur-tauglichen Reisewagen. Mit etwas Anlauf erreicht er maximal 210 km/h. Das etwas knochige Sechsganggetriebe ist nichts für Schaltfaule.

Über den Durst, den der Cruze beim Dauertest an den Tag legte, haben wir uns gewundert: 4,8 Liter kündigt der Prospekt an. Hatten wir die 7,4 Liter, die in den ersten Monaten im Schnitt durch die Leitungen flossen, noch den kalten Temperaturen und dem häufigen Kurzstreckenbetrieb zugeordnet, setzte sich der Verbrauch auf Dauer bei recht gierigen sieben Litern Diesel auf 100 km fest. Das aber inklusive vieler Autobahnfahrten. Nur eine Kollegin schaffte es, die Trunksucht des Kompakten auf knapp unter sechs Liter zu drücken.

Günstige Anschaffung

Dafür sparen Cruze-Fahrer schon beim Kauf: Mit 25.090 Euro ist der starke Diesel-Kombi zwar nur 600 Euro günstiger als der Opel Astra Sports Tourer, mit dem er sich die Plattform teilt, dafür aber deutlich besser ausgestattet: Unter anderem sind Klimaautomatik, Navigationssystem, 17-Zoll-Räder und Rückfahrkamera an Bord. Zählt man das zum Kaufpreis des Opel hinzu, beträgt der Preisunterschied gleich knapp 5.000 Euro.

Das Radio wird über einen großen Touchscreen bedient, für laut und leise gibt es Pfeiltasten. Die erwiesen sich im Alltagsbetrieb als nervig, hier hätte man sich einen bewährten Drehregler gewünscht. Statt des Navigationssystems hatte unser Testwagen das mit 100 Euro aufpreispflichtige "My-Link"-System an Bord. Das Bedienkonzept ist eine Chevrolet-Spezialität, mit der die Marke ihr Profil schärfen und junge Kunden locken will. Die Verbindung des Smartphones über Bluetooth klappt gut, es gibt auch einen USB-Anschluss. So kann man auf die Playlisten des Handys zurückgreifen, über die Freisprecheinrichtung telefonieren oder Online-Radio-Apps wie "Tune in" benutzen. Auch die Navigation funktioniert in dieser Variante über eine App, die im Auto-Bildschirm läuft.

"My-Link"-System an Bord

Zum Test kostet sie 99 Cent und funktioniert ganz passabel. Nach Ablauf der Testversion (30 Tage) zahlt man einmalig 50 Euro, darin enthalten sind Echtzeitdaten und Kartenupdates für ein Jahr, für 70 Euro ist das drei Jahre inklusive.

Wer sich jetzt fragt, warum man die "My-Link"-Option wählen und extra zahlen sollte, während ohne Option ein normales Navi an Bord ist, dem seien kurz ein paar Vorteile genannt: Über "My-Link" kann man weitere Apps integrieren, die Navi-Apps lassen sich schneller (und damit im Zweifel öfter) updaten als ein festverbautes Navi, das eher veraltet, außerdem kann man den mobilen Wegweiser aus dem Auto mitnehmen und sich zu Fuß navigieren lassen.

Ohne Sperenzchen

Ist der Cruze also auf langen Strecken ein hervorragender Reisebegleiter, lernte der jeweilige Fahrer den Kompakten auch im Alltag zu schätzen — vor allem wegen seiner gar nicht so kompakten Ausmaße. 4,68-Meter ist der Kombi lang, was vor allem dem Gepäckabteil zugutekommt. Mit 500 bis knapp 1.500 Litern Volumen gehört es zu den größten seiner Klasse. Getränkekisten plus Wochenendeinkauf, neue Blumenrabatten für die Terrasse oder jede Menge Koffer und Taschen schluckte der Kofferraum in der Testphase. Auch ein großer Hund fand sich im hinteren Abteil außerordentlich gut aufgehoben. Auf der Rückbank fühlten sich die Redaktions-Kinder wohl, für Erwachsene reicht der Platz auch aus.

Wer moderne Assistenzsysteme oder pfiffige Stauraum-Lösungen will, wendet sich an die teurere Konzernschwester Opel. Das ist aber sowieso nicht jedes Autofahrers Sache, denn alle Sperenzchen wollen mitbezahlt werden. Wer einen unkomplizierten, alltagstauglichen Kombi sucht, mit dem er sich auf der Autobahn souverän auf die linke Spur trauen kann, der findet mit dem Cruze eine preiswerte Alternative im Kompakt-Segment. Mit vorsichtigem Gasfuß und ein bisschen Arbeit am Schaltknüppel macht der starke Diesel auch kostenbewusste Vielfahrer glücklich.

(ham)
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