Ratgeber Pedelec E-Bike gebraucht kaufen - auf was dabei zu achten ist

Düsseldorf · Die Nachfrage nach E-Bikes ist größer als das Angebot. Elektrofahrräder sind vielerorts aktuell ausverkauft. Da stellt sich die Frage, ob nicht auch ein gebrauchtes Pedelec eine gute Alternative ist. Auf was man beim Gebrauchtkauf achten sollte.

 Elektrischer Rückenwind aus zweiter Hand: Wer sich beim Treten unterstützen lassen will, muss nicht immer gleich ein neues Pedelec kaufen.

Elektrischer Rückenwind aus zweiter Hand: Wer sich beim Treten unterstützen lassen will, muss nicht immer gleich ein neues Pedelec kaufen.

Foto: dpa-tmn/Zacharie Scheurer

Spätestens seit der Corona-Pandemie boomt der Markt der Elektrofahrräder. So groß ist die Nachfrage, dass vielerorts die Lager der Händler leer sind und der potenzielle Kunde monatelange Wartezeiten in Kauf nehmen muss. Ist vielleicht ein gebrauchtes E-Bike eine Alternative?

„Es spricht nichts dagegen, ein gebrauchtes Pedelec zu kaufen. Man kann bei den Anschaffungskosten einiges Geld sparen und verhilft dem Rad zu einem zweiten Leben“, sagt René Filippek vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC).

Wie beim Kauf eines normalen Fahrrads, sei es aber hilfreich, sich ein wenig mit Fahrradtechnik auszukennen, um beurteilen zu können, in welchem Zustand sich die mechanischen Teile befinden. „Der notwendige Tausch von Verschleißteilen oder gar eine Reparatur können ins Geld gehen und den Preisvorteil deutlich schrumpfen lassen“, so der Experte.

Auch Benjamin Topf steht dem Gebrauchtkauf grundsätzlich positiv gegenüber. „Es gibt immer mehr Leasingrückläufer, zum Beispiel von Jobrad. Wenn der Leasingnehmer dann sein neues E-Bike bekommt, steht das alte nur noch in der Garage herum“, so der Chefredakteur des E-Bike-Magazins „Downtown“.

 Qualität zahlt sich aus: Das gilt auch für gebrauchte E-Bikes.

Qualität zahlt sich aus: Das gilt auch für gebrauchte E-Bikes.

Foto: dpa-tmn/Tobias Hase

Weil Rumstehen aber viel zu teuer sei, werde es dann verkauft. Schnäppchen sind aber nicht zu erwarten. „Der Markt ist leergefegt und aktuell ein reiner Verkäufer-Markt“, sagt Topf und rät von einem Spontan-Kauf daher ab.

Akku und Motor sind die Herzstücke des E-Bikes Die große Unbekannte beim E-Bike gegenüber einem klassischen Rad ist das Antriebssystem aus Motor und Akku. „Selbst eine fachkundige Person kann kaum beurteilen, in welchem Zustand sich Motor und Akku befinden“, sagt Filippek. Sein Tipp: „Wer das Risiko minimieren will, kauft ein gebrauchtes Pedelec im Fachhandel vor Ort oder bei einem Online-Anbieter wie Bikeexchange“. Der Preisvorteil sei dann zwar nicht mehr so groß, aber man bekomme geprüfte Qualität und zudem ein Jahr Gewährleistung.

Auch für Topf ist der Zustand des Akkus der zentrale Punkt. Zudem warnt er beim Privatkauf vor der Gefahr, an ein getuntes Bike zu geraten. Funktion und Sicherheit sollten unbedingt Priorität haben, bei einem getunten Bike aber sei das nicht gewährleistet. „Einmal ganz davon abgesehen, dass dieses Tuning illegal ist, man sich strafbar macht und die private Haftpflichtversicherung bei einem Unfall nicht zahlt.“

Akku-Check und auf der Probefahrt gut zuhören Grundsätzlich empfiehlt Benjamin Topf, bei der Probefahrt nicht nur darauf zu achten, ob das Bike in Sachen Sitzposition passt, sondern auch genau hinzuhören: „Geräusche, wie Klackern oder Mahlen darf es nicht geben“. Filippek fügt hinzu: „Die Geräuschentwicklung, die vor allem von Mittelmotoren ausgeht, sollte gleichmäßig sein.“ Viel mehr prüfen könne man den Motor leider nicht.

Prüfen lassen sollte man unbedingt den Akku. „Selbst wenn das Rad wunderbar schnurrt, kann der Akku verschlissen sein und schon viel Kapazität eingebüßt haben“, sagt der ADFC-Experte. Da helfe nur, den Akku in einem Fachgeschäft auslesen zu lassen. „Die Anschaffung eines neuen Akkus kann bis zu 1000 Euro kosten und dann sogar einen wirtschaftlichen Totalschaden bedeuten“, ergänzt Topf.

„Wichtiger als der Akku ist das Akkukonzept“, so Topf. Welche Distanzen lege ich tatsächlich zurück? Welche Topographie haben meine üblichen Wege? Welche Lademöglichkeiten habe ich? So lauten die Fragen, die man sich demnach vor dem Kauf stellen sollte. Ein großer, besonders leistungsstarker Akku, dessen Kapazität aber gar nicht vollständig genutzt werde, bedeute vor allem einen Mehrpreis und ein Mehrgewicht.

 Auf Herz und Nieren prüfen: Auf Akku und Motor kommt es gebrauchten E-Bike an.

Auf Herz und Nieren prüfen: Auf Akku und Motor kommt es gebrauchten E-Bike an.

Foto: dpa-tmn/Zacharie Scheurer

Ohne Motor geht's nicht immer weiter Wer übrigens glaubt, man könne ein E-Bike, bei dem sich ein erforderlicher Tausch des Akkus nicht mehr lohnt, als klassisches Fahrrad weiterfahren, der liegt nicht völlig falsch. „Man kann Elektroräder auch ohne Motorunterstützung fahren. Bei Nabenmotoren ist gar denkbar, das Laufrad zu tauschen und alle Kabel zu entfernen“, erklärt Filippek. Bei den deutlich mehr verbreiteten Rädern mit Mittelmotor werde man den fest verbauten Motor aber nicht los, diese Gewicht fahre immer mit.

„Und bei Modellen, bei denen das Getriebe nicht entkoppelt ist, tritt man obendrein noch gegen einen Widerstand an“, gibt der ADFC-Sprecher zu bedenken. „Für kurze Strecken mag das machbar sein, auf Dauer aber ist es eher unkomfortabel.“ Kollege Topf erteilt dem E-Bike-Fahren mit reiner Körperkraft ebenfalls eine Absage: „Der Tretwiderstand und das hohe Gewicht sorgen dafür, dass eine Nutzung ohne Akku als Bio-Bike nicht sinnvoll ist.“

Wie viel kann ich gebraucht denn überhaupt sparen? Damit es so weit gar nicht erst kommt, ist der teurere Kauf meist der bessere. Wie beim neuen E-Bike gilt auch beim gebrauchten: „Wer billig kauft, kauft zweimal“, so Topf. Was aber bedeuten billig respektive teuer hier eigentlich? Was muss man anlegen, um lange Freude zu haben an einem gebrauchten E-Bike?

Filippek nennt eine Faustregel: „Wie beim herkömmlichen Fahrrad geht man beim E-Bike von einem Wertverlust von etwa 25 Prozent in den ersten beiden Jahren aus, danach pro Jahr etwa 15 Prozent.“ In Euro bedeutet das, „dass ein hochwertiges Marken-Modell mit einem erprobten Mittelmotor unter 1500 Euro auf gar keinen Fall zu bekommen ist“, sagt Benjamin Topf. ADFC-Mann Filippek gibt schließlich noch etwas ganz Grundsätzliches zu bedenken: Die technische Entwicklung schreite im Akkubereich so schnell voran, dass kaum ein Hersteller in der Lage sei, alle Akkugenerationen auf viele Jahre vorzuhalten.

„Wer ein fünf Jahre altes Elektrorad kauft und drei Jahre später den Akku tauschen will, steht dann unter Umständen dumm da“, so der Experte. Es gebe dann zwar noch die Möglichkeit, die Akkuzellen auffrischen zu lassen. „Der Austausch der Originalbatterien birgt aber ein höheres Risiko, dass die Akkus überhitzen. Und das kann im schlimmsten Fall zu einem Brand führen“, sagt Filippek.

(csr/dpa)
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