Test: Alfa Romeo Giulietta Diese Schönheit ist vor ihrer Zeit gealtert

Köln · Eigentlich könnte Alfas Giulietta eine richtig gute Partie sein. Sie ist hübsch, alles andere als träge und hat ein gutes Herz (in unserem Falle einen 1,4-Liter-Turbobenziner mit 125 KW/170 PS). Doch irgendwie scheint sie vor ihrer Zeit gealtert.

Fahrbericht: Alfa Romeo Giulietta und MiTo (2013)
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Gutes Aussehen allein reicht nicht. Auch wenn dies häufig ein von Neid bestimmtes Diktum der optisch zu kurz Gekommenen ist — bei der Alfa Giulietta ist da was Wahres dran. Schon vier Jahre nach Marktstart fällt es der schönen Italienerin schwer, bei der starken Konkurrenz in der Kompaktklasse mitzuhalten.

Dass die Giulietta mit viel Liebe zum Detail gestylt ist, zeigt schon ein kleines Detail: das seitlich versetzte Nummernschild an der Front, für dessen Montage die Italiener sich extra einen Sondergenehmigung haben ausstellen lassen.

Denn am üblichen Ort — mittig auf dem Stoßfänger — hat es keinen Platz, läuft dort doch der klassische wappenförmige Kühlergrill der Marke in einer auf den Asphalt gerichteten Spitze aus. Die auffällige Nase bestimmt dann auch die komplette Erscheinung: Mit den flankierenden ovalen Scheinwerfern, den um die Karosserie gezogenen Linienschwüngen bis hin zum knackigen Heck ist der aktuell größte Alfa immer noch ein Hingucker.

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Foto: Hersteller

Weniger gnädig ist die Zeit aber mit dem Innenraum umgegangen. Abgesehen davon, dass der raue Kunststoff an Armaturenbrett und Türverkleidung weder dem Auge noch unvorsichtig vorbei geschrappten Fingerknöcheln bekommt, ist dem Cockpit das im Herbst 2013 erfolge Facelift schlecht bekommen. In der Mittelkonsole, wo zuvor noch hübsche Retro-Schalter für Flair gesorgt haben, prangt nun ein Großserien-Navi-Bildschirm, der die Giulietta wie ein Einheitsprodukt von der Stange wirken lässt.

Vor der Modellpflege fand sich dieser noch auf dem Armaturenbrett, nun ist dort nur noch eine Klappe, die die breite Plastikkonsole zur öden Eben macht. Minuspunkte gibt es auch für den Schaltknauf aus simplem Metalloptik-Kunststoff und die eigentlich netten "Alfa"-Schriftzüge auf der Pedalerie, die aber bereits nach knapp 7.000 Kilometern so verblichen sind, dass man sie kaum noch erkennen kann.

Auf eine weniger ansprechende Weise "retro" — im Sinne von altmodisch - ist das monochrome LCD-Display zwischen den Instrumenten — das man aus diversen Fiat-Modellen kennt. Da kann auch die wirklich sehr hübsch gestaltete Klimaregelung nicht mehr viel herausreißen. Und auch die traditionell italienischen Instrumenten-Beschriftungen "Aqua" (für Wassertemperatur) und "Giri" (für U/min) wirken wie ein hilfloser Versuch, etwas Flair an den Fahrer-Arbeitsplatz zu zaubern.

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Foto: dpa, Volkswagen

Dafür kann die Giulietta auf der Straße überzeugen. So bietet sie eine durchaus gelungene Verbindung von komfortabler Gelassenheit und dynamischer Agilität. Im Normalfall trotz 125 kW/170 PS eher gemütlich unterwegs, schärft sie beim Druck auf den serienmäßigen DNA-Knopf (vielfach kopiert, etwa von BMW als "Fahrerlebnisschalter") die Sinne, reagiert schneller auf Gasbefehle und fährt die Lenkkraftunterstützung.

Die Software-Eingriffe sind klein, machen aber einen großen Unterschied: Die Giulietta wirkt dann so sportlich wie sie aussieht. Zumindest, wenn man den Motor kräftig hoch dreht, der maximale Durchzug steht erst — für einen Downsizing-Turbo eher ungewöhnlich — bei 2.500 Touren zur Verfügung.

Das führt in der Praxis zu deutlichen Abweichungen vom Normverbrauch: statt 5,7 Liter verbrennen auf 100 Kilometern eher knapp sieben. Wirklich von der Konkurrenz absetzen kann sich die Giulietta so nicht. Nicht von VW Golf, Ford Focus und Opel Astra — und erst recht nicht von den eigentlichen Wettbewerbern Audi A3, BMW 1er und Mercedes A-Klasse.

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In anderer Hinsicht fällt Alfa sogar spürbar zurück. So gibt es für die Giulietta bis auf Xenonlicht kaum technische Highlights in der Optionsliste. Von modernen Assistenzsystemen ganz zu schweigen. Und die Motorenpalette ist zwar kräftig, aber nicht besonders sparsam. Selbst der 77 kW/105 PS starke Basismotor braucht laut Normwert 6,4 Liter auf 100 Kilometern. Bei den meisten Konkurrenten steht in dieser Leistungsklasse höchstens eine fünf vor dem Komma.

Bleibt als Haupt-Kaufargument das gute Aussehen. Allerdings haben auch andere Kompaktmodelle in dieser Hinsicht aufgeholt, siehe etwa Mazda3, Kia Ceed oder Seat Leon. Sowohl außen als auch — in noch höherem Maße — im Innenraum. Doch Schönheit liegt auch ein wenig um Auge des Betrachters. Und die Giulietta ist mit ihrem eigenständigen Design auf jeden Fall ein echter Typ unter all den entweder aggressiv-sportlich oder betont-elegant gestalteten Kompaktautos.

Technische Daten — Alfa Romeo Giulietta 1.4 TB Multi Air:

Fünftürige, fünfsitzige Schräghecklimousine der Kompaktklasse; Vorderradantrieb, manuelles Sechsganggetriebe

Länge: 4,35 Meter, Breite: 1,80 Meter, Höhe: 1,47 Meter, Radstand: 2,63 Meter, Kofferraumvolumen: 350 — 1.410 Liter

1,4-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner, 125 kW/170 PS, 250 Nm Drehmoment bei 2.500 U/min, 0 -100 km/h: 7,8 s, Vmax: 218 km/h,

Normverbrauch: 5,7 Liter/100 Kilometer, CO2-Ausstoß: 131 g/km, Abgasnorm: Euro 6, Effizienzklasse: C (Werte für Basismodell), Testverbrauch: 6,8 Liter, Preis: ab 27.200 Euro.

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