Ford Galaxy im Test Die Verteidigung des Vans

Köln · Vans sind uncool, heißt es. Sie seien die automobile Entsprechung der Tupper-Dose, der beigen Windjacke im Partnerlook und des Einkaufs-Trolleys in Trendfarben. Muss man aber nicht so sehen.

Im Test: der Ford Galaxy
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Foto: Hersteller

Mit dem dritten Kind wird alles anders. Konnte man den familiären Autoalltag mit einem Stammhalter notfalls noch im geliebten Sportflitzer absolvieren, musste mit dem zweiten schon mindestens ein Kompaktwagen her. Der Sprung für Kind Nummer drei ist aber ein noch größerer: Am Van führt nun kein Weg mehr vorbei. Die klobige Kiste wird auf Jahre hinaus zum persönlichen Auto-Standard. Für manch einen eine Katastrophe — eigentlich ist es aber gar nicht so schlimm. Räumen wir am Beispiel des Ford Galaxy doch mal mit ein paar Vorurteilen auf.

Vorurteil eins: Vans sind hässlich. Natürlich — Sportwagen sind schöner. Für jeden Designer dürfte es ein inneres Fest sein, lange Motorhauben, flache Dächer und knackige Hecks ineinander fließen zu lassen. Es ist aber auch eine relativ leichte Übung, denn er muss bei der Formfindung lediglich auf zwei menschliche Störfaktoren Rücksicht nehmen, die Platz für ihre Extremitäten und vielleicht noch für ein Kosmetikköfferchen haben wollen.

Beim Van gibt es aber gleich sieben Insassen, denen beim Zuschnitt des Blechkleides Tribut gezollt werden will. Am besten packt man sie also in einen möglichst geräumigen Quader, eher hoch als lang und so am Ende mehr Pottwal als Delphin. Weil aber die Designer — zumindest bei Ford — ihr Handwerk verstehen und auch Blechbearbeitung und Kunststofftechnik mittlerweile weit fortgeschritten sind, ist der Galaxy zwar groß, aber durchaus schnittig geraten. Es gibt also keinen Grund, den Carport des Abends verschämt mit Plastikplanen zu verhängen.

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Vorurteil zwei: Vans sind im Stadtverkehr unhandlich. Klar, mit 4,82 Metern Länge schrumpft die Auswahl der citynah verfügbaren Parkplätze deutlich. Der Galaxy kann das aber durch seine gute Übersichtlichkeit und die klar umrissene Karosserie ein Stück weit ausgleichen. Die großen Fensterflächen gefallen auch im fließenden Verkehr, bieten sie doch einen aus modernen Pkw kaum mehr gekannten Panoramablick.

Nicht mehr ganz Stand der Technik ist jedoch die Rückfahrkamera des Ford, die ihr Bild in geringer Auflösung auf einem etwas schwammigen Monitor darstellt. Hier — wie übrigens auch am generell etwas altmodischen und umständlichen Bedienkonzept - merkt man, dass der große Van bereits 2006 seine Premiere gefeiert hat. Weiterer kleiner Wermutstropfen: Statt praktischer Schiebetüren hat der Galaxy konventionelle Portale im Fond.

Vorurteil drei: Vans fahren sich wie Ozeandampfer. Wenn Ford etwa kann, dann sich das Fahrwerke. Für ein Fahrzeug durchaus beträchtlicher Größe fährt sich der Galaxy wirklich agil.

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Die vergleichsweise verbindlichen Dämpfer und Federn lassen nur einen geringe Seitenneigung zu, der lange Radstand sorgt derweil für ausreichend komfortables Dahingleiten und die präzise Lenkung erweckt beim Fahrer für das Gefühl, alles im Griff zu haben. Im Stadtverkehr könnte die Servounterstützung aber etwa stärker ausfallen, beim Rangieren braucht man etwas zu viel Kraft.

Ein Sportwagen ist der Galaxy natürlich trotzdem nicht, schnelle Kurvenfahrten quittiert er vor allem beladen mit leichtem Untersteuern, bleibt dabei aber immer sanft und berechenbar. Ähnlich unauffällig geriert sich der getestete 2,0-Liter-Dieselmotor mit 103 kW/140 PS. Im Alltag nach Überschreiten des Turbolochs unterhalb von 2.000 Touren durchaus ausreichend bei Kräften, könnten es bei voller Beladung zwar ein paar PS mehr sein, dafür ist der Vierzylinder ein ruhiger Geselle, der akustisch kaum auffällt.

Im Ergebnis ist der Van so nah an den Pkw gerückt, dass von seinen traditionellen Dickschiff-Nachteilen nicht mehr viel übrig ist. Im Gegenteil: Mittlerweile überwiegen die Vorteile wie das große Raumangebot (wahlweise sieben Sitze oder bis zu 2.325 Liter Gepäckraum beim Galaxy), der im Vergleich zu SUV überschaubare Preis (ab 29.990 Euro mit dem kleinsten Turbo-Benziner, ab 32.550 Euro mit dem 140-PS-Diesel) und der vertretbare Verbrauch (6,5 Liter Diesel auf 100 Kilometern).

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Helfen wird das der Van-Klasse aber wohl nicht: Das Modellangebot beschränkt sich in Deutschland neben dem Galaxy mittlerweile auf die Schwestermodelle VW Sharan und Seat Alhambra (mit Schiebetüren und etwas variabler im Innenraum, aber auch etwas teurer), den schon recht alten Renault Espace und den Exoten Lancia Voyager. Zudem gibt es noch Restposten des mittlerweile 12 Jahre alten Peugeot 807.

Neben der neuen Konkurrenz durch die SUV ist der Negativtrend aber auch hausgemacht. Denn mit der Langzeitqualität der großen Familienlaster war es lange Zeit nicht weit her. Auch die erste Galaxy-Generation mit seinen schwächlichen Achsen und verschleißanfälligen Bremsanlage hat fleißig zu den schlechten Image-Werten beigetragen. Die neue Generation scheint das — zumindest was die bisherige TÜV-Statistik angeht — besser zu machen.

Wenn sich das dritte Kind ankündigt, muss also niemand in Panik verfallen. Der Galaxy verlangt beim Wechsel von Kombi oder Kompakt-SUV kaum Zugeständnisse bei Handlichkeit und Fahrspaß. Mit einem Sportwagen sollte man ihn natürlich trotzdem nicht messen. Sobald die Kinder groß sind, kann man ja wieder auf den Mustang umsteigen.

Technische Daten — Ford Galaxy:

Siebensitziger Van; Länge: 4,82 Meter, Breite: 1,88 Meter, Höhe: 1,76 Meter, Radstand: 2,85 Meter, Gepäckraumvolumen: 435 — 2.325 Liter, Zuladung: 772 Kilogramm.

2,0-Liter-Dieselmotor, Frontantrieb, 103 kW/140 PS, maximale Drehmoment: 320 Nm bei 1.750 U/min, 0-100 km/h: 10,6 s, Vmax: 193 km/h,

Normverbrauch: 5,6 Liter/100 Kilometer, CO2-Ausstoß: 149 g/km, Abgasnorm: Euro 5, Effizienzklasse: B, Testverbrauch: 6,5 Liter,

Preis: ab 32.550 Euro.

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