Fahrbericht im neuen VW Golf Cabrio Der wahre Sonnenkönig fürs Volk

Düsseldorf (RPO). An der Cote d´Azur, wo die Schönen und die Reichen gerne Schaulaufen, präsentiert VW sein neues Kleinod: das Golf Cabrio. Neun Jahre nach dem Produktionsaus bringen die Niedersachsen ab 17. Juni wieder ein Cabriolet auf Basis ihres Kompaktwagens.

2011: VW Golf Cabrio ohne "Henkel"
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Sonnenhungrige Interessenten müssen mindestens 23.625 Euro für den Neuling anlegen. Das sind immerhin 4.950 Euro mehr als für die vergleichbare dreitürige Golf-Limousine mit dem 77 kW/105 PS starken 1,2-Liter-TSI.

Die Wachablösung kommt recht unscheinbar daher. Kein Mythos oder Bezug zur griechischen Götterwelt bei der Namensgebung wie noch beim Eos, sondern schlicht und einfach: Golf Cabrio. Zurück zu den Wurzeln sozusagen. Zudem keine staunende Blicke auf den südfranzösischen Boulevards. Der Viersitzer wird bestenfalls von deutschen Touristen erkannt. Und nein, auch kein Erdbeer- oder Henkelkörbchen mehr. Die Zeiten des gut sichtbaren Überrollbügels sind vorbei.

Moderne Technik

Stattdessen gibt es moderne Technik in Form eines versenkten, nur im Notfall ausfahrenden Überschlagschutzes und dazu umfangreiche Sicherheitskomponenten wie speziell für ein Cabrio angepasste Airbagsysteme, Versteifungen an der Karosserie und natürlich die üblichen elektronischen Helfer, die auch bei der Golf Limousine zum Einsatz kommen. Überhaupt ist die Verwandtschaft groß. Logisch, baut der Neue doch auf dem aktuellen Dreitürer auf.

Er hat aber in der Länge knapp fünf Zentimeter zugelegt, dafür ragt er sechs Zentimeter geringer in die Höhe. Die Windschutzscheibe ist außerdem stärker geneigt und das Heck hat konstruktionsbedingt eine andere Form. Die Leuchteinheiten wurden hier von der GTD-Variante übernommen. Ansonsten bedient sich das Cabrio munter im großen Bedienelemente- und Zubehörkasten des Konzerns.

Blitzschnelle Reaktionen

Auf dem Heckabschluss falten sich nach Öffnen des Verdecks die Stoffbahnen zu einem flachen und kompakten Paket zusammen. So muss die Stoffmütze weder durch eine Abdeckung fixiert werden, noch unter einer Klappe verschwinden. Das spart Gewicht, wiegt doch das Cabrio aufgrund der zusätzlichen Versteifungen und Sicherheitsmaßnahmen schon 200 Kilogramm mehr als der Dreitürer. Das Öffnen geschieht ganz einfach. Ein Hebel in der Mittelkonsole muss nur neun Sekunden gedrückt werden, schon ist die freie Sicht nach oben möglich. Der umgekehrte Vorgang benötigt nur zwei Sekunden länger.

Diese Schnelligkeit und der Umstand, dass die zwei Elektromotoren bis zu einer Geschwindigkeit von 30 km/h aktiv werden, erlaubt es, blitzschnell auf Wetterbedingungen oder Abgasaussonderungen der voranfahrenden Fahrzeuge zu reagieren. So reicht die Zeit während der Durchfahrt einer französischen Autobahn-Mautstelle das Verdeck zu schließen, beim Verlassen der Autobahn kann man die Bezahlstation zum Öffnen nutzen.

Klimaanlage und Frischluftfön

Man braucht sich auch nicht über langsam dahin tuckernde und schwarze Abgaswolken abgebende Lkw zu ärgern, zumindest die Geruchsbelästigung ist in elf Sekunden minimiert. Dank des gut gedämmten Verdecks hört man dann auch nicht mehr viel vom Stinker. Und wenn man endlich überholen kann, steht dem Sonnenbaden nichts mehr im Wege.

Damit es dabei nicht zu heiß wird, gibt es nicht nur serienmäßig eine Klimaanlage, sondern auch einen Frischluftfön. Die Neigung der Windschutzscheibe lässt leichte Verwirbelungen des Haaransatzes zu, ohne dass die Frisur gänzlich ruiniert wird. Für empfindliche Kopfhautnaturen gibt es einen Windschott.

Stichwort: Wasserkästen!

Dann sind die hinteren zwei Sitzplätze aber nicht mehr nutzbar. Hier können sonst getrost Erwachsene Platz nehmen. Eng wird es eher, wenn man versucht, das 250 Liter fassende Gepäckteil zu beladen. Stichwort: Wasserkästen! Die recht schmale Kofferraumluke setzt eine akkurate Handhabung voraus, will man sich nicht zwischen Rahmen und Transportgut die Finger klemmen.

Zum Marktstart stehen zwei Benziner und ein Diesel aus dem bekannten Golf-Motorenangebot zur Wahl. Dazu zählt als Einstiegsbenziner der 1,2-Liter-TSI mit 77 kW/105 PS, den es auch in der sparsamen Variante BlueMotion Technology gibt, sowie der 1,4-Liter-TSI mit 118 kW/160 PS. Der 1,6-Liter-TDI mit 105 PS gehört ebenfalls zum Angebot.

Entspannte Sonnengenießen

Nach VW-Prognosen entscheiden sich wohl die meisten Käufer für eines dieser Aggregate; der 1,4-TSI mit 90 kW/122 PS, der 2,0-TSI mit 155 kW/210 PS sowie der 2,0-TDI mit 103 kW/140 PS erst Ende Oktober nachgeschoben werden.

Besonders der kleine Selbstzünder passt gut zum entspannten Sonnengenießen. Fürs sehen, gesehen werden und Genießen braucht es nicht viel mehr. Dank der 250 Nm ist auch die Kraftreserve ausreichend, um in Gelassenheit zu cruisen, ohne wild Schalten zu müssen. Da fällt sogar kaum auf, dass das Fahrwerk straffer abgestimmt ist als bei der Limousine.

Höchstgeschwindigkeit von 188 km/h

Die Höchstgeschwindigkeit von 188 km/h interessiert dabei letztlich genau so wenig, wie die nicht eben temperamentvolle Standard-Spurtzeit von 12,5 Sekunden. Dafür zeigte der Bordcomputer einen Durchschnittsverbrauch von 5,3 Liter an. Leider ist das Triebwerk nur an ein Fünfgang-Getriebe gekoppelt. Für den kleinen Diesel muss man mindestens 26.175 Euro anlegen. Durch das Hinzubuchen diverser Ausstattungspakete lässt sich der Preis schnell weiter nach oben treiben.

Keine Frage, das Golf Cabrio wird ein Erfolg werden. Der Zeitpunkt ist gut gewählt, das Angebot an Kompaktklasse-Cabrios mit Stoffverdeck oder Stahl-Klappdach ist übersichtlich. Beim Thema Absatzerwartungen hält man sich bei VW bedeckt. Sicher dürfte aber sein, dass der neue Sonnenkönig die Abenddämmerung der Göttin der Morgenröte (Eos) einläutet. Das Beetle Cabrio, das Ende 2012/Anfang 2013 debütiert, wird vermutlich ebenfalls der Stahl-Klappdach-Version die Käufer wegnehmen. Aber das Geld bleibt ja in der Familie.

(SP-X)
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