Test: Kia Soul Anders - nicht artig

Los Angeles · Beim Stichwort Crossover denkt alle Welt an Kreuzungen zwischen Kombi und Geländewagen. Kia ist einen anderen Weg gegangen und hat für den Soul auch noch eine Prise Transporter und Van mit hineingemischt. Das Rezept ist so gelungen, dass sich daran zum Generationswechsel auf den ersten Blick kaum etwas ändert.

Der Kia Soul
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Ultra-Cool oder einfach unmöglich? Eine Auto wie den Kia Soul liebt oder hasst man. Denn während die Konkurrenz für den Trend zum Crossover meist Kombi und Geländewagen kreuzt und dabei Autos wie den Peugeot 3008 oder den Nissan Qashqai auf die Räder stellt, haben die Koreaner ihren Grenzgänger mit einer Prise Van und einer Portion Kastenwagen zur coolen Kiste hochgerüstet. Manch einem ist das vielleicht ein wenig zu provokant, aber dafür ist das Auto auch im Einerlei der Kompaktklasse unverwechselbar und obendrein offenbar ziemlich erfolgreich. Denn während Konkurrenten wie der Nissan Cube wieder vom Markt genommen wurde, geht der Soul im nächsten Frühjahr in die zweite Runde — und ändert dabei nicht einen Deut an seinem Charakter.

Man muss deshalb schon zweimal hinschauen, um alt und neu zu unterscheiden. Erst im direkten Vergleich erkennt man vorn die glattere Schnauze, die nachgeschminkte Tigernase sowie die umgestellten Nebelleuchten und hinten die bauchigeren LED-Rücklichter sowie die neue Heckklappe, die etwas breiter ist und eine leichtere Beladung erlaubt. Und erst wenn man den Zollstock anlegt, erkennt man auch, dass der Soul ein paar Zentimeter gewachsen ist, weil er auf einer komplett neuen Plattform steht: In Radstand und Breite legt er um jeweils zwei Zentimeter zu und bietet deshalb einen Hauch mehr Platz. Und weil die Sitze ein wenig niedriger montiert sind, kann man sich jetzt bequemer ins Auto fallen lassen.

Während außen schon "Evolution" eigentlich eine Übertreibung ist, kann man innen getrost von einer "Revolution" sprechen. Denn mit Softtouch-Oberflächen, Klavierlack satt, brillanten Displays und vornehmer Verarbeitung macht der Soul so einen riesigen Sprung nach vorne, dass andere Lifestyle-Autos wie der Mini Countryman oder der Nissan Juke plötzlich ganz schön alt aussehen. Das gilt aber nicht nur für das Ambiente, sondern auch für die Ausstattung. Zwar verrät Kia noch nicht, was Serie ist und was Aufpreis kostet. Doch dass Extras wie das beheizbare Lenkrad, der Einparkroboter, die Spurführungshilfe, die belüfteten Vorder- und die geheizten Hintersitze überhaupt angeboten werden, ist schon eine Kampfansage an die Konkurrenz.

Nachgelegt hat Kia nicht nur im Innenraum, sondern auch unter dem Blech: Dank der neuen Plattform viel steifer als früher und obendrein besser gedämmt, rollt der Soul bei der ersten Testfahrt in Amerika, wo der Verkauf schon vor ein paar Wochen begonnen hat, jetzt deutlich leiser über den schartigen Asphalt. Mit längeren Federwegen lässt er sich auch von den tiefen Schlaglöchern nicht mehr so sehr aus der Ruhe bringen. Und dank einer veränderten Lenkgeometrie und der aus anderen Kia-Modellen schon bekannten Unterstützung zum Umschalten kann man nun wahlweise entspannter über den Coastal Highway cruisen oder etwas schnittiger durch die tiefen, kurvigen Canyon der Foothills schneiden.

Das Design cool wie eh und je, Ambiente und Ausstattung erstklassig und das Fahrwerk jetzt mit der Konkurrenz auf Augenhöhe — also alles bestens bei der coolen Kiste aus Korea? Leider nicht ganz. Denn zumindest der 2,0 Liter große US-Motor ist im Zusammenspiel mit der sechsstufigen Automatik eine arge Enttäuschung, weil die meisten der 164 PS irgendwo im Räderwerk verloren gehen und auf der Straße allenfalls 120 PS ankommen. Und die beiden Motoren für den europäischen Markt sind alte Bekannte, an denen nur im Detail gearbeitet wurde. Zwar wollen die Koreaner mit einer Elektroversion im Herbst beweisen, dass auch die Antriebsentwickler nicht auf der faulen Haut gelegen haben. Doch bis dahin gibt es erst einmal nur zwei alt hergebrachte Verbrenner mit 1,6 Litern Hubraum. Der Benziner dürfte wie im aktuellen Modell wieder auf 140 PS kommen, um die 180 km/h erreichen und einen Verbrauch von etwa 6,4 Litern erreichen. Und für den Diesel sind analog zum aktuellen Modell um die 130 PS, ebenfalls 180 Sachen und knapp fünf Liter zu erwarten. Alles nicht schlecht, aber eben auch keine Sensation.

Wenigstens spricht vieles dafür, dass die Koreaner auch beim Preis eine ähnliche Strategie fahren und sich den Generationswechsel nicht sonderlich teuer bezahlen lassen: Wo es das aktuelle Modell zurzeit für 15.900 Euro gibt, sollte im Frühjahr auch der Nachfolger bei etwa 16.000 Euro starten. Gemessen an Countryman (ab 20.350 Euro) & Co ist das geradezu ein Schnäppchen. Doch wenn man nach Amerika schaut, kommen einem da fast schon die Tränen. Denn dort verkauft Kia den Soul schon für umgerechnet 11.000 Euro. Kein Wunder, dass rund 90 Prozent der Gesamtproduktion nicht in Korea oder Europa, sondern in Florida, New England oder Kalifornien unterwegs sind.

(SP-X)
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