Eine Leidenschaft für alte Einsatzwagen

Wer einen historischen Hingucker möchte, sollte es mit einem alten Einsatzfahrzeug probieren. Nur Blaulicht und Sirene sind leider auch beim Klassiker tabu.

Was sie mal werden wollen? Fragt man kleine Jungs nach ihrem Berufswunsch, stehen Feuerwehrmann oder Polizist hoch im Kurs. Zwar landen viele später doch bei der Bank, in einer Behörde oder auf dem Bau. Aber Männer wie Thorsten Kampe aus Steinheim haben sich zumindest bei der Wahl ihrer Freizeitfahrzeuge an ihren Kindheitstraum erinnert: Während die meisten Autoliebhaber ihr Herz an Old- und Youngtimer verlieren, die schnell, schön oder schrullig sind, schlägt ihres für Klassiker in "Uniform". Sammler wie Kampe zählen zu einem kleinen, aber durchaus wachsenden Kreis, die ihr Autoglück in der Nische historischer Einsatzwagen finden.

"Man muss nur mal auf die üblichen Portale im Internet schauen, um zu erkennen, dass es auch für solche Fahrzeuge einen regen Markt gibt", sagt Sascha Best von Classic Data. "Allerdings ist er sehr viel kleiner als für konventionelle Oldtimer." Wie klein, das zeigt die Jahresstatistik des Bochumer Marktbeobachters: "Bundesweit haben wir 2014 bis Anfang Dezember zum Beispiel 29 ehemalige Löschfahrzeuge bewertet. Zum Vergleich: Allein von der Mercedes-Pagode aus der Baureihe W 113 waren es rund 1200."

Als Interessenten für Einsatzfahrzeuge jedweder Couleur nennt Best allen voran ehemalige Einsatzkräfte, die sich mit entsprechenden Autos an ihre aktive Zeit erinnern wollen. "Außerdem werden alte Löschfahrzeuge gerne von Löschtrupps oder Interessengemeinschaften zurückgekauft, die bei Feierlichkeiten durch Rundfahrten ihre Gemeinschaftskasse füllen oder die Historie ihrer Dienststelle pflegen möchten", sagt der Experte.

Dann gibt es da noch die Hobbynutzer, die einfach ein günstiges Auto für bestimmte Einsätze benötigen: So kommen Unimogs von Bundeswehr und Technischem Hilfswerk (THW) mit Förstern in den Wald und ausgemusterte Krankentransporter als Basisfahrzeuge für selbst ausgebaute Wohnmobile mit Abenteurern in die entlegensten Winkel der Welt. Feuerwehrauto-Sammler Kampe kennt noch eine weitere Käufergruppe: "Diejenigen, die es im Job nie zur Feuerwehr geschafft haben und endlich auch mal im Leiterwagen sitzen wollen."

Egal aus welcher Motivation man die Einsatzwagen kauft: "Weil jeder dabei an irgendeinen Alltagseinsatz denkt, kommen eigentlich nur jüngere Fahrzeuge infrage. Alles vor 1965 ist für die Sammler nahezu uninteressant", sagt Classic-Data-Spezialist Best. Die Preise für historische Einsatzwagen sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, stellt Kampe fest, der sein Herz an einen 1965er Mercedes 319 im Feuerwehr-Trimm verloren hat. Zum einen liege das am extrem kleinen Angebot - "schließlich werden ja jedes Jahr nur ein paar Tausend neue Feuerwehrfahrzeuge gebaut". Schuld seien aber zum anderen auch neue Regularien.

"Seit Städte und Gemeinden beim Weiterverkauf ihrer ausrangierten Fahrzeuge eine Garantie geben müssen, wird von dort fast nichts mehr direkt an Privatpersonen verkauft", bedauert Kampe. Die Autos werden häufig nach Afrika exportiert oder - dann natürlich etwas teurer - über spezielle Plattformen im Internet versteigert: "Ausrangierte Behördenfahrzeuge bekommt man oft bei der Verwertungsgesellschaft des Bundes und beim Zoll." Und wer nach einem alten Löschwagen suche, werde am ehesten auf der Internetseite Feuerwehr.de fündig.

Die Preise variieren stark: "Rostlauben gibt es schon ab 2000 Euro, für fahrfertige Modelle ist man mit 3000 bis 4000 Euro dabei", berichtet Kampe. Aber auch Feuerwehr-Fans haben ihre "Flügeltürer": Was dem Sportwagensammler der Mercedes SL, sei für sie beispielsweise der Magirus Kranwagen mit eckiger Haube, so der Experte. "Weil es davon nur 20 bis 30 Exemplare gab, ist man schnell bei 60 000 Euro und mehr - wenn man überhaupt mal einer angeboten wird." Hans-Georg Marmit von der Sachverständigenvereinigung KÜS weist jedoch auf eine wichtige Einschränkung für den privaten Gebrauch ehemaliger Einsatzfahrzeuge hin: "Auch wenn an einem alten Löschfahrzeug oder einem ausrangierten Streifenwagen historisch korrekt noch alle Sondersignale montiert sind, bleiben Blaulicht und Martinshorn für Oldtimer-Ausfahrten tabu."

Wer kein eigenes Einsatzfahrzeug restaurieren will, in seiner Garage keinen Platz dafür hat oder einfach nicht das richtige findet, der kann die Blaulichtflotten mittlerweile auch in einer Reihe von Museen besichtigen. Im hessischen Marburg zum Beispiel gibt es das erste Polizeiauto-Museum Deutschlands. In einem Atombunker in Harnekop (Brandenburg) stehen neben Trabi und Co. viele Einsatzwagen aus der ehemaligen DDR und anderen Ostblock-Staaten. Kampe nennt auf seiner Webseite Feuerwehr-Oldtimer.de mehr als drei Dutzend Feuerwehr-Museen mit entsprechenden Fahrzeugen. Und auf der Suche nach antiquierten Krankenwagen wird man etwa im Rot-Kreuz-Museum Nürnberg fündig.

Und es gibt noch einen Weg, auf dem man für kleines Geld und ohne Schmieröl an den Fingern hinters Steuer eines Einsatzfahrzeugs kommt, sagt Kampe: "Man meldet sich bei seiner freiwilligen Feuerwehr, beim THW oder dem örtlichen Roten Kreuz an." Bei den meisten Hilfsdiensten stünden noch jede Menge Oldtimer in den Garagen, die zumindest für Schau- und Servicefahrten manchmal hervorgeholt würden.

(RP)
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