Verkehrsregelung Die Krux mit dem Kreisverkehr

Immer häufiger ersetzen Städte und Gemeinden ampelgeregelte Kreuzungen durch einen Kreisverkehr – und das in der Regel aus gutem Grund.

 Immer mehr Städte setzen auf Kreisverkehre. Doch nicht alle Autofahrer wissen, wie man korrekt „kreiselt“.

Immer mehr Städte setzen auf Kreisverkehre. Doch nicht alle Autofahrer wissen, wie man korrekt „kreiselt“.

Foto: dpa-tmn/Uli Deck

Kreisverkehre erleben seit einigen Jahren eine echte Renaissance. Vielerorts werden normale Vorfahrtskreuzungen durch einen Kreisel ersetzt. Neben einem besseren Verkehrsfluss wirkt sich so ein Umbau meistens auch positiv auf die Unfallzahlen aus.

„Insgesamt ist der Kreisverkehr einfach sicherer, denn hier gibt es keinen Gegenverkehr, wodurch eine wesentliche Gefahrenquelle für Unfälle wegfällt“, sagt Siegfried Brockmann von der Unfallforschung der Versicherer (UDV). Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Geschwindigkeit. „Bei normalen Kreuzungen fahren Autofahrer 50 oder außerorts sogar 70 km/h. Im Kreisel hingegen beträgt die Geschwindigkeit meist nur 20 bis 30 km/h“, sagt der Verkehrsforscher Martin Schmotz von der Technischen Universität (TU) Dresden.

Daneben sieht Schmotz in der Verkehrsführung einen großen Vorteil. Die Fahraufgabe sei schlicht einfacher, denn im Kreisel gehe es immer nach rechts und der bevorrechtigte Verkehr komme ausschließlich von links. „Es gibt also deutlich weniger Konfliktpunkte im Vergleich zu einer konventionellen Kreuzung mit Vorfahrtregelung.“

Allerdings, ein Allheilmittel ist ein Kreisel auch nicht. Entscheidend ist dem ADAC zufolge das Verkehrsaufkommen. Bei weniger als 10.000 Fahrzeugen pro Tag reiche in der Regel eine normale Rechts-vor-links-Kreuzung. Bei bis zu 25.000 Kraftfahrzeugen pro Tag hingegen sei ein kleiner Kreisverkehr meist leistungsfähiger als eine Ampelkreuzung, hat der ADAC ausgerechnet. Damit fließe der Verkehr in der Regel besser ab.

Stockt es doch einmal, sind nicht selten die Verkehrsteilnehmer selbst die Verursacher. „Speziell bei älteren Autofahrern erleben wir es immer wieder, dass beim Verlassen des Kreisverkehrs nicht geblinkt wird“, sagt Jürgen Kopp von der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände (BvF). Mit der Folge, dass der einfahrende Verkehr umsonst wartet.

Das Nichtblinken hänge vermutlich damit zusammen, so Kopp, dass es den Kreisel seit den 1960er- und 1970er-Jahren in Westdeutschland praktisch nicht mehr gab und er dementsprechend auch in der Fahrausbildung keine Rolle spielte. „Heute hingegen ist der Kreisverkehr ein wichtiger Bestandteil im Fahrschulunterricht – und zwar in Theorie und Praxis“, sagt Kopp. Junge Autofahrer hätten daher keine Schwierigkeiten mit den Verkehrsregeln im Kreisel.

Ein kritischer Punkt im Kreisverkehr ist die Vorfahrtsregel gegenüber Fußgängern. Denn sie besagt, dass Autofahrer beim Einfahren gegenüber querendem Fußgänger Vorrang haben, beim Herausfahren aber auf diese achten müssen. „Das ist so uneinheitlich geregelt, weil die Zufahrt zum Kreisel gemäß StVO als normale Knotenpunktzufahrt gesehen wird, das Herausfahren aber ein Abbiegevorgang mit den entsprechenden Regelungen ist“, sagt Schmotz.

Das sei vielen Verkehrsteilnehmern aber nicht bekannt. Entsprechend zeige sich in der Praxis auch eher ein umgedrehtes Bild: Dort würden Autofahrer Fußgängern eher in der Zu- als in der Ausfahrt zu Kreiseln den Vorrang lassen. Dies habe sich in Studien gezeigt. Die Verkehrsforscher empfehlen daher, Kreisverkehre grundsätzlich komplett mit Fußgängerüberwegen auszustatten. Deutlich klarer ist die Vorfahrtsregelung gegenüber anderen Autofahrern: Hier hat der Verkehr auf der sogenannten Kreisfahrbahn immer Vorfahrt. Auch Radfahrer haben im Kreisverkehr oft einen schweren Stand. „Beim Herausfahren erhöhen viele Autofahrer die Geschwindigkeit, dann jedoch kommt oft von rechts der kreuzende Radverkehr – das ist eine gefährliche Situation“, sagt Brockmann.

Er empfiehlt daher, die Radfahrer entweder im Kreisverkehr zu führen oder sehr eng an der Kreisfahrbahn, damit sie gesehen werden. Diese Richtlinie werde gerade entsprechend überarbeitet. Fahrlehrer Kopp verweist zudem auf die bauliche Besonderheit des Kreisels beim Abbiegen: „Durch den Bogen wird der tote Winkel noch vergrößert, das erhöht die Gefahr beim Abbiegen.“ Die sichersten Kreisel seien daher die, bei denen Fußgänger und Radfahrer erst ein paar Meter von der Kreiselausfahrt entfernt die Fahrbahn kreuzen würden.

Der häufigste Kreisel in Deutschland ist der TU Dresden zufolge der „kleine Kreisverkehr“, auch Kompaktkreisel genannt, der den Verkehr einspurig lenkt. Er hat einen Durchmesser von mindestens 26 Metern und eine leicht erhöhte feste Kreisinsel, die oft bepflanzt ist. Wichtig sei hier, erklärt Schmotz, dass Kommunen die Kreisinsel nicht zweckentfremden würden. „Wenn dort beispielsweise Beton- oder Stahlkunstwerke oder anderes aufgebaut wird, kann das im Falle eines Unfalls mit Auffahren auf die Kreisinsel zu schwerwiegenden Unfallfolgen führen“, sagt Schmotz. Immer öfter sind in kleinen Ortschaften zudem Minikreisel mit einem Durchmesser bis 22 Metern zu sehen. Die Besonderheit hier ist die flache, meist farblich abgesetzte Kreisinsel. Lkws oder Busse dürfen geradeaus rüberfahren, Pkws hingegen nicht.

Eher seltener sind in Deutschland mehrspurige Kreisel. „Das hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass es bei uns keine wirklich gute Verkehrsregelung für mehrspurige Kreisverkehre gibt“, meint Schmotz. Wer hierzulande in einem mehrspurigen Kreisel links fahre, müsse zunächst den rechts neben ihm fahrenden Verkehr beachten, bevor er an der Ausfahrt den Kreisel verlassen kann. In anderen Ländern wie Frankreich oder Großbritannien hingegen sei das klar geregelt. „Wer in Großbritannien auf dem inneren Fahrstreifen zum Ausfahren blinkt, wird von dem auf dem äußeren Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug aus dem Kreisel herausgelassen.“

Ob ein Kreisel im Zweifelsfall die bessere Kreuzung ist, hängt laut Verkehrsforscher Schmotz von vielen Faktoren ab. Letztlich müsse vor allem der Platz da sein, um einen Kreisel bauen zu können. Bei den Kosten schneidet der kompakte Kreisel zumindest langfristig besser ab als eine Ampel. „Zwar ist der Kreisverkehr bei der Errichtung in der Regel zunächst teurer als eine Ampel, bei Ampelkreuzungen allerdings kommen noch die laufenden Unterhaltungs- und Betriebskosten für die Lichtzeichenanlage dazu“, gibt Verkehrsforscher Schmotz an.

Geht es rein nach Sicherheitsaspekten, würde sich der Unfallforscher Siegfried Brockmann jedoch für die Ampelkreuzung entscheiden: „Hier sind im besten Fall alle Verkehrsströme voneinander getrennt und es gibt keine Konfliktpunkte. Nur, sie bremst eben auch.“

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