Das Geschäft mit den teuren Auto-Extras

Kaum ein Auto läuft heute noch in der Basisausstattung vom Band. Die Hersteller lassen sich die Extra-Wünsche der Kunden gut bezahlen. Manche Sicherheitssysteme gehören mittlerweile aber zur Pflicht-Ausstattung.

Ein Auto ohne Radio? Heute fast undenkbar. Zentralverriegelung? Gehört ebenfalls zum Standard. Und ohne Navi lässt sich ein Pkw auch kaum noch verkaufen. Verglichen mit einer Basisausstattung von vor 20 Jahren, erhalten Kunden heute deutlich mehr Auto für ihr Geld, denn viele Extras von damals gehören inzwischen zur Serienausstattung. Und trotzdem: Mit der Zusatzausstattung machen die Hersteller ein gutes Geschäft.

"Sicherheitssysteme wie ESP, die Klimaautomatik oder elektrische Fensterheber waren früher in der Mittelklasse alles andere als selbstverständlich", sagt Audi-Sprecher Josef Schloßmacher. Heute gehörten diese Merkmale zum Beispiel beim aktuellen Audi A4 zur Serienausstattung.

Trotzdem geben die Hersteller immer wieder Kaufanreize mit neuen Extras, und das müssen sie offenbar auch. "Denn an der Grundausstattung wird nichts verdient, bei den Extras hingegen sind 20 bis 30 Prozent Marge drin", sagt der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Es gebe viele neue Extras, mit denen die Hersteller gut verdienen, etwa Einparkhilfe, Spurassistent oder Abstandswarner.

Schnell sind auf der Ausstattungsliste Häkchen gesetzt, die einen Aufschlag von einigen tausend Euro bedeuten. Das Marketing der Hersteller sei klar nach der Zahlungsbereitschaft der Kundschaft ausgerichtet. Die edlen Ausstattungsvarianten sind daher bei vielen Herstellern auch erst bei den großen Modellen buchbar.

Einen umgekehrten Marketingtrick haben sich die Autohersteller bei kleineren Modellen einfallen lassen. Diese werden in der Basisversion oft relativ "nackt" angeboten, was den Grundpreis senkt. "Man wird letztlich über den Basispreis wahrgenommen, deshalb werden viele Kleinstwagen auch ohne Radio angeboten", bestätigt Thomas Heidbrink von Toyota. Dass die Kunden eines Toyota Aygo, Renault Twingo, VW Up oder Dacia Sandero ihren Wagen dann doch mit Radio bestellen, liegt im Kalkül der Hersteller.

Daneben ist ein Trend zu Ausstattungspaketen zu beobachten. Hier werden Extras kombiniert, was zwar in der Summe auf dem Papier einen Rabatt bedeutet, bei genauerer Betrachtung aber nach Dudenhöffers Überzeugung auch unnötige Mehrkosten verursachen kann: "Diese Kombinationen führen schnell dazu, dass der Kunde am Ende doch wieder mehr kauft, als er eigentlich wollte."

Die Automobilhersteller betonen die Vorteile, die Ausstattungspakete für den Kunden hätten. "Sie schätzen das, weil sie dadurch ganz unkompliziert und schnell ihr Wunschfahrzeug optimal konfigurieren können", sagt Nikolas Beldiman von Ford.

Doch es gibt Fälle, die dürften Kunden nicht ohne Weiteres einleuchten: Wer zum Beispiel für einen Audi A4 eine Drei-Zonen-Klimaautomatik für 580 Euro kaufen möchte, muss die Mittelarmlehne für 190 Euro dazu nehmen. Laut Audi-Sprecher Schloßmacher habe das technische Gründe, da für die größere Klimaanlage ein anderer Mitteltunnel verbaut werden müsse. Dass bei anderen Pflichtkombinationen auch mal "vertriebliche Gründe" ausschlaggebend sind, will der Hersteller jedoch nicht ausschließen.

Ob und wann ein Extra in die Basisausstattung einfließt, entscheiden die Hersteller je nach Modell, Käufergruppe und Marktumfeld. Geht es um sicherheitsrelevante Extras, wie das ESP oder die Reifendruckkontrolle, sorgt auch der Gesetzgeber dafür, dass die Serienausstattung erweitert wird. Zum Beispiel ist der Schleuderschutz ESP für alle Neuwagen seit November 2011 verpflichtend, seit November 2014 muss ein automatisches Kontrollsystem für den Reifendruck verbaut sein.

Generell auf weniger auswählbare Einzelextras setzen die japanischen Hersteller, die zumeist drei Ausstattungsvarianten für den deutschen Markt anbieten. "Hauptgrund hierfür ist aber das Logistik-Problem der Importeure, die durch den langen Seeweg längere Lieferzeiten haben", sagt Dudenhöffer. Durch umfangreichere Ausstattungslinien versuchen daher Marken wie Toyota, Nissan oder Mazda, eine möglichst breite Käuferschicht abzudecken.

Zu den beliebtesten Extras zählen nach wie vor Metalliclackierung und Leichtmetallfelgen. Eine Klimaanlage ist laut dem Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) ebenfalls in 93 Prozent der Neuwagen integriert.

Und auch kostenlose Extras gibt es, wie den Wegfall des Typenschilds. Bei Audi kann der Kunde außerdem Aschenbecher und Zigarettenanzünder gratis ordern, was auch viele Nichtraucher machen, um eine Ablagebox für Kleingeld und eine Anschlussmöglichkeit für das Handy-Ladekabel zu haben.

(RP)
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