Gebrauchtwagen kaufen Worauf es bei der Probefahrt ankommt

Neuss · Wer sich ein gebrauchtes Auto zulegt, will nicht die Katze im Sack kaufen. Eine Probefahrt ist daher Pflicht. Käufer und Verkäufer sollten aber auf einige Regeln achten, sonst kann es teuer werden.

 Interessenten sollten unterwegs alles Wichtige ausprobieren, sich vorher aber absprechen, wer für Schäden haftet. (Symbolbild)

Interessenten sollten unterwegs alles Wichtige ausprobieren, sich vorher aber absprechen, wer für Schäden haftet. (Symbolbild)

Foto: dpa-tmn/Zacharie Scheurer

Das Traumauto ist gefunden, der Preis stimmt auch. Jetzt fehlt nur noch eine Probefahrt. Die aber lehnt der Verkäufer ab, weil der Kaufinteressent seinen Führerschein nicht dabei hat.

Eine fiktive Situation, in der der Verkäufer richtig handelt, wie Tobias Goldkamp betont: „Überlässt der Halter sein Fahrzeug jemandem, muss er sich vorher vergewissern, ob dieser im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis ist“, sagt der Verkehrsrechts-Fachanwalt aus Neuss. „Ansonsten kann er sich wegen fahrlässigen Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis selbst strafbar machen.“ Daneben gefährde der Halter seinen Versicherungsschutz. „Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Verkäufer als Beifahrer mitfährt“, erläutert Goldkamp.

Personalausweis als Pfand

Noch auch aus einem weiteren Grund ist der Austausch der Personalien wichtig. „Wenn beispielsweise Wochen nach der Probefahrt Post von der örtlichen Bußgeldstelle eingeht, sollte man zweifelsfrei angeben können, wer gefahren ist“, sagt Pierre Du Bois vom Portal mobile.de. In der Praxis habe es sich bewährt, dass der Probefahrer seinen Personalausweis als Pfand hinterlegt. „Noch besser ist es aber, wenn der Verkäufer den Kaufinteressenten bei der Probefahrt begleitet.“

Grundsätzlich empfiehlt er nie auf eine Probefahrt zu verzichten und dazu immer eine schriftliche Vereinbarung zu verfassen. „Verschiedene Automobilclubs bieten hierzu auf ihren Internetseiten entsprechende Formulare an. Zudem sollten vor Fahrtantritt auch etwaige Vorschäden gemeinsam dokumentiert werden.“

Haftungsfragen im Vorfeld klären

Eine klare Vereinbarung ist für beide Seiten von Interesse. „Sollte ein Kaufinteressent bei einer Probefahrt das Fahrzeug beschädigen oder gar einen Unfall verursachen, ist die Haftungsfrage damit bereits im Vorfeld eindeutig geklärt“, sagt Gerrit Reichel vom Automobil-Club Verkehr (ACV). Er rät außerdem dazu, den Umfang der Probefahrt vorher abzustimmen. Dazu gehört sowohl die Dauer als auch die Frage, ob ein Werkstattbesuch für eine Begutachtung geplant ist.

Verboten ist das nicht. „Wichtig ist aber zu beachten, dass der Kaufinteressent das Fahrzeug nur selbst Probe fahren und es niemandem überlassen darf“, sagt Anwalt Goldkamp. Der Probefahrer stehe für die Dauer der Testfahrt in der Pflicht und müsse auch für kleine Schäden aufkommen. „Diese Schäden sind in der Privathaftpflichtversicherung ausgeklammert, da die sogenannte Benzinklausel Schäden aus dem Gebrauch von Kraftfahrzeugen ausschließt“, erläutert der Jurist.

„Greifen kann eine Vollkaskoversicherung für das Fahrzeug. Der Kaufinteressent muss dann aber noch die Selbstbeteiligung für die Vollkaskoversicherung und den Schaden aus der Rückstufung in eine höhere Beitragsklasse erstatten“, so Goldkamp. Ein Kaufinteressent sollte sich daher vorab vergewissern, dass der Wagen entsprechend versichert ist. Ohne eine Vollkasko muss der Probefahrer ansonsten unter Umständen einen Schaden komplett allein tragen.

Etwas anders verhält es sich bei Probefahrten im Autohaus. Laut Ulrich Köster vom Zentralverband des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes haftet der Fahrer grundsätzlich nicht für leicht fahrlässig verursachte Schäden - „es sei denn, er wurde vor Fahrtantritt auf das volle Haftungsrisiko ausdrücklich hingewiesen“. Gleichwohl sollten Probefahrer auch im Autohaus genau hinschauen. „Die Höhe der Selbstbeteiligung kann dort sehr hoch ausfallen, womit also auch ein eventueller Schaden sehr teuer werden kann“, sagt Gerrit Reichel.

Wie lange kann ich auf Probefahrt gehen?

Einen gesetzlich festgelegte Zeit- oder Kilometerbegrenzung für eine Probefahrt gibt es nicht. In der Fahrzeug-Zulassungsverordnung ist die Probefahrt laut Goldkamp definiert als „die Fahrt zur Feststellung und zum Nachweis der Gebrauchsfähigkeit des Fahrzeugs“.

Je nach Fahrzeug könne die sehr unterschiedlich ausfallen. So habe ein Gericht im Falle eines Lastwagens entschieden, dass die Probefahrt mehrere Tage dauern kann, bei einem Reisemobil wiederum könnte auch eine Übernachtung angemessen sein. „Umgekehrt hat ein Gericht für die Probefahrt einer Werkstatt mit einem Kundenfahrzeug einmal maximal 20 Kilometer als ausreichend erachtet“, weiß Goldkamp.

Sinnvoll ist also, wenn Probefahrer und Privatverkäufer sich über die Dauer und den Umfang der Fahrt möglichst genau absprechen. „Üblich ist rund eine Stunde. Das ist genügend Zeit, um das Fahrzeug auf Herz und Nieren zu testen“, meint Pierre Du Bois. Ideal sei zudem ein Mix aus Stadt, Autobahn und Landstraße, um einen Wagen kennenzulernen.

Auf was ist unterwegs zu achten?

Hilfreich ist laut ACV auch eine Checkliste. „Auf jeden Fall sollte man auch eine Vollbremsung machen, um die Bremsen zu testen“, rät Reichel. Während der Fahrt bleibt das Autoradio besser ausgeschaltet, um eventuelle Nebengeräusche besser hören zu können. Wer technisch nicht so bewandert ist, sollte ruhig einen Fachmann zur Probefahrt mitnehmen - oder eben nach Absprache eine Werkstatt ansteuern.

Auch im Autohaus gilt es, Umfang und Dauer der Fahrt abzustimmen. „Ziel der Probefahrt ist es, dem Kaufinteressenten die Möglichkeit zu geben, das Fahrzeug im Hinblick auf seine Fahreigenschaften, den Bedienkomfort und andere Funktionen kennenzulernen“, sagt Köster. Nicht erlaubt sei es zum Beispiel, mit dem Wagen an Motorsportveranstaltungen teilzunehmen oder ihn weiterzuvermieten.

(chal/dpa)
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