E-Autos Regierungsberater schieben Ziel um zwei Jahre

Berlin · Das Geschäft mit E-Autos läuft schleppend. Das Ziel bis 2020 Millionen der Autos auf deutsche Straßen zu bringen, wird deshalb erstmal verschoben.

Elektrautos als Gebrauchtwagen (Juni 2018) im Überblick
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Elektrautos als Gebrauchtwagen (Juni 2018) im Überblick

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Foto: SP-X/dpa, dbo exa wok bwe

Unter der Hand war das Ziel schon längst gekippt. Jetzt gehen auch die Berater der Bundesregierung nicht mehr davon aus, dass im Jahr 2020 eine Million E-Autos auf deutschen Straßen fahren. Die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) schreibt in ihrem am Mittwoch in Berlin veröffentlichten Fortschrittsbericht 2018, ausgehend von der derzeitigen Marktdynamik werde das Ziel von einer Million E-Autos voraussichtlich erst 2022 erreicht.

Die NPE beobachtet seit acht Jahren den E-Auto-Markt in Deutschland und spricht Empfehlungen für die Bundesregierung aus. Im Jahr 2010 hatte die NPE die Schätzung ausgegeben, dass bis 2020 eine Million E-Autos auf deutschen Straßen rollen. Die Bundesregierung hatte sich dieses Ziel zu eigen gemacht. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte allerdings selbst schon vor einem Jahr gesagt: „So wie es im Augenblick aussieht, werden wir dieses Ziel nicht erreichen.“

Dafür sprechen seit langem die Fakten. Anfang 2018 fuhren gerade mal 334 990 reine Stromer und Autos mit Hybridmotor auf hiesigen Straßen. Bis Ende August zählte das Kraftfahrtbundesamt in diesem Jahr zwar noch einmal 132 686 Neuzulassungen. Doch auch dieser Aufwärtstrend dürfte nicht reichen, um die Marke zu knacken.

Im internationalen Vergleich liegt das Autoland Deutschland damit weit hinter Ländern wie China, den USA, aber auch Norwegen, wo Elektromobilität politisch stärker gefördert wird. Der Vorsitzende der NPE, Henning Kagermann, betonte deshalb bei der Übergabe des Berichts an die Bundesregierung: „Das Eine-Million-Ziel bleibt eine gute politische Richtgröße.“ Wichtiger als das genaue Datum sei jedoch ein stimmiges Gesamtsystem aus Angebot, Infrastruktur, einem klimafreundlichen Energiesystem, Dienstleistungen und rechtlichen Rahmenbedingungen.

Als Hemmschuh für die Verbreitung von Elektroautos werden verschiedene Gründe genannt. Die Autos sind vergleichsweise teuer, es gab in der Vergangenheit nur wenige Modelle zu kaufen. Die Reichweite einer Batterieladung kam lange nicht an die einer Tankfüllung heran. Zugleich fehlten Ladestationen, um dieses Manko vor allem auf längeren Strecken auszugleichen. Laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sind für eine Million E-Autos auf den Straßen 70 000 Normal-Ladepunkte und 7 000 Schnell-Ladepunkte nötig. Zuletzt zählte der BDEW nur 13 500 öffentliche und teilöffentliche Ladepunkte - etwa in Parkhäusern und Hotels, davon 13 Prozent Schnell-Lader.

Dabei hatte es jüngst viele Initiativen und Förderprojekte gegeben, um zumindest dieses Problem zu lösen. Nach dem Willen der großen Koalition soll es nun bis 2020 mindestens 100 000 Ladepunkte für Elektrofahrzeuge zusätzlich geben. Hersteller hatten ein Gemeinschaftsunternehmen für den Aufbau eines Ladenetzes an vielbefahrenen Strecken gegründet. Zumindest diese Initiative wertet die NPE als Erfolg: An den Autobahnen, so der Bericht, wird Deutschland 2018 das weltweit erste flächendeckende Ladenetz haben.

Auch an der Angebotsseite bemühen sich die Hersteller nach Kräften: Inzwischen sind 33 Modelle deutscher Autobauer am Markt, bis 2020 sollen es den Schätzungen zufolge 100 sein. „Flankiert wird das durch Investitionen der öffentlichen Hand“, erklärte Bernhard Mattes, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), am Mittwoch. So habe die Bundesregierung bis September 2017 2,2 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung im Bereich Elektromobilität bereitgestellt.

NPE-Präsident Kagermann ist daher zuversichtlich, dass Eine-Million-Ziel mit zwei Jahren Verzögerung zu erreichen: „Die Marktdynamik mit hohen Zuwachsraten in Deutschland sieht sehr positiv aus und zeigt, dass wir wesentliche Fortschritte erreicht haben.“

(ham/dpa)
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