Düsseldorf Zweite Version der Reiter am Strand

Düsseldorf · In Düsseldorf hängt ein zweites, fast identisches Bild von Max Liebermann.

Jeder kennt dieses Bild. Ungezählte Male sah man Max Liebermanns Gemälde "Zwei Reiter am Strand" in Zeitungen und Tagesschau - zuerst, als die "Sammlung Gurlitt" ans Licht kam, und dann erneut, als es vor einer Woche für mehr als 2,6 Millionen Euro bei Sotheby's in London den Besitzer wechselte. Das Werk aus dem Schwabinger Kunstfund war an einen Großneffen des einstigen Besitzers, eines jüdischen Zuckerfabrikanten, restituiert worden, und der hatte es versteigern lassen.

Was kaum jemand weiß: Die "Zwei Reiter am Strand" existieren in einer zweiten Version. Dabei handelt es sich nicht etwa um eine Fälschung, sondern um ein ebenfalls 1901 gemaltes, vom versteigerten leicht abweichendes Bild, dass zurzeit in der Düsseldorfer Galerie Ludorff zum Verkauf steht.

Manuel Ludorff kann den Weg des Gemäldes lückenlos von Liebermanns Atelier bis nach Düsseldorf nachweisen. Aus dem Atelier erwarb es der Verleger Samuel Fischer. Noch vor Beginn des Nationalsozialismus emigrierte Fischers Witwe Hedwig nach New York, so dass keine Restitutionsforderungen zu befürchten sind. Von ihr gingen die "Zwei Reiter" in den Besitz des amerikanischen Politikers William Roth über. Durch eine Versteigerung bei Sotheby's gelangten sie 2009 für umgerechnet 336 456 Euro in New Yorker Privatbesitz und dann zur Galerie Ludorff.

Dort ist das Bild nun Glanzlicht der Ausstellung "Open Water", die Werke zum Thema Wasser von Liebermann bis zu Roy Lichtenstein vereint. Hingen beide Versionen nebeneinander, würde man feststellen, dass in der Fassung aus der Sammlung Gurlitt beide Vorderbeine des hinteren Pferdes durchs Wasser schreiten, während in der anderen Version nur ein Vorderbein erkennbar ist. Auch in der Haltung und Zeichnung der Pferde sowie in der Kleidung der Reiter unterscheiden sich die Gemälde leicht. Die Version von Ludorff erscheint etwas gröber. Wellengang und Himmel wirken wilder, und die Muskelgruppen sind weniger deutlich herausgearbeitet.

Als sich abzeichnete, dass die Gurlitt-Fassung versteigert würde, hielt Galerist Ludorff seine Version erst einmal für anderthalb Jahre unter Verschluss. Es zeigte sich nämlich, dass die Sammler sich allesamt auf die schicksalumflorte Gurlitt-Fassung stürzen würden und die Düsseldorfer Version unbeachtet bleiben könnte, obwohl sie qualitativ ebenbürtig ist. Zeitweise hatte sich Ludorff sogar von der Vorstellung verabschiedet, dass der ursprünglich angesetzte Erlös von zwei Millionen Euro tatsächlich zu erzielen sei. Jetzt ist er wieder zuversichtlich: Mehr als 2,6 Millionen Euro wie in London müssten schon möglich sein.

(RP)
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