Zwei Schweizer für die Kölner Kultur

Der Regisseur Stefan Bachmann (45) soll Karin Beier beerben und neuer Intendant des Kölner Schauspiels werden. Sein Landsmann, Kurator Philipp Kaiser (39), könnte Kasper Königs Nachfolger als neuer Chef des Museums Ludwig werden. Die Stadt verhandelt, unterschrieben ist noch nichts.

Köln "Hörst Du mein heimliches Rufen", hieß die schwarze Komödie, die Stefan Bachmann 2006 zu Beginn der Intendanz Niermeyer am Düsseldorfer Schauspielhaus inszenierte. Jetzt hat den Schweizer Regisseur ein heimliches Rufen aus Köln erreicht: Er soll neuer Chef des Kölner Schauspiels werden und damit ab der Spielzeit 2013/2014 das Erbe der überaus erfolgreichen Intendantin Karin Beier antreten.

Bachmann hatte 1998 im Alter von 33 Jahren als jüngster deutschsprachiger Theaterleiter das Haus in Basel übernommen und dort mit seiner frischen, progressiven, aber die Stücke nicht zertrümmernden Inszenierweise Erfolge gefeiert. Nach einem Jahr Auszeit und einer Weltreise, kehrte er 2005 als freier Regisseur zurück, arbeitete an großen Häusern, etwa in in Wien, Berlin und immer wieder auch in Düsseldorf. Dort inszenierte er unter anderem mehrere Uraufführungen seines Weggefährten, des Autors Thomas Jonigk.

In Köln könnte Bachmann mit eigenem Haus die zweite Ära seiner Karriere beginnen. Und er ist nicht die einzige Personalie, die gerade in Köln gehandelt wird: Auch ein Nachfolger für Kasper König, den Direktor des Museums Ludwig scheint gefunden. Ihn soll der ebenfalls aus der Schweiz stammende Philipp Kaiser ablösen.

Die Stadt hat beide Personalien noch nicht offiziell bestätigt. Beide seien Wunschkandidaten der Stadt, hieß es gestern, man sei in "guten und konkreten" Vertragsverhandlungen, beendet seien die aber noch nicht. Der Mann hinter diesen Entscheidungen, Kulturdezernent Georg Quander, ist derzeit in Urlaub. Wieder einmal werden damit in Köln wichtige Personalvorhaben öffentlich, ehe die Verhandlungen abgeschlossen sind. Der Stadtrat tagt erst wieder im Oktober, um über Besetzungsfragen zu beraten. Das ist lange, wenn man bedenkt, dass in Köln die Vergabe wichtiger Posten im Kulturbereich schon häufiger daran gescheitert sind, dass zu früh Namen gehandelt und dann zerredet wurden.

Gerade das Schauspielhaus ist ein sensibler Punkt in der Kulturpolitik der Stadt. Dem Angebot, an das größere Deutsche Schauspielhaus in Hamburg zu wechseln, war Karin Beier auch deswegen gefolgt, weil man ihr in Köln, gelinde gesagt, abweisend begegnet war. Angespannt war das Verhältnis, seit Beier in die Forderungen einer Bürgerbewegung einstimmte und den Neubau des Schauspielhauses verhinderte. Als Beier 2010 bereits zur besten Intendantin des Jahres und ihr Haus zum besten der Republik gekürt wurden, gab es aus dem Rathaus nur eisiges Schweigen. In der vergangenen Spielzeit inszenierte Beier dann ein neues Stück von Elfriede Jelinek, das sich kritisch mit den Skandalen um den Kölner U-Bahnbau befasst. Die überragende Inszenierung wurde zum Theatertreffen eingeladen und hatte erheblichen Anteil am Auszeichnungssegen der diesjährigen Kritikerbefragung. Die Stadtspitze aber reagierte empfindlich, hielt die Intendantin etwa mit einer Entscheidung über die Zukunft der Studiobühne hin. Den Städtischen Bühnen strich man mehr als eine Million Euro an Zuschüssen, um die Freie Szene nicht schröpfen zu müssen.

Es wird für Karin Beier nicht leicht werden, die Zeit bis zu ihrem Weggang auf jenem Niveau zu gestalten, das sie selbst vorgelegt hat. Die Erwartungen an ihre nächste Uraufführung von Jelinek, mit der sie die Spielzeit am 30. September eröffnen wird, sind hoch. Doch hat Beier in Köln bisher nie enttäuscht. Sollte Bachmann ihre Nachfolge antreten, übernimmt er ein Haus, das binnen weniger Jahre zum spannendsten Theater der Republik avanciert ist. Dieses Erbe anzutreten ist so reizvoll wie schwierig. Bachmann müsste als Regisseur höchsten Ansprüchen genügen und sich gegenüber nicht eben sensiblen Lokalpolitikern behaupten. Karin Beier hat das Kraft gekostet. Allerdings hat der Kölner Kulturdezernent Quander in Personalfragen nun schon häufiger Gespür bewiesen. Und Bachmann, so hört man, ist seine erste Wahl.

Auch in der bildenden Kunst haben die Kölner keinen Grund, Trübsal zu blasen – obwohl sie diese Disziplin gut beherrschen. Was wurde da nicht schon alles beklagt: der drohende Untergang der Kunstmessen, die ewige Museumsbaugrube am Neumarkt, die Abwanderung von Galerien nach Berlin, der Rutsch des Museums Ludwig in die Bedeutungslosigkeit und zuletzt, erst zu Beginn dieses Jahres, der Untergang der Kunststation St. Peter nach dem Abschied von Pater Friedhelm Mennekes.

Selbstverständlich gab es immer wieder Durchhänger, doch Köln ist und bleibt mit seinen zahlreichen hochrangigen Schatzhäusern vom Römisch-Germanischen Museum bis zum Käthe-Kollwitz-Museum der Kreissparkasse eine Kulturstadt von Rang, die auch international eine Rolle spielt.

Die Berufung von Philipp Kaiser – sie muss im Herbst noch durch ein Gremium von auswärtigen Museumsleuten bestätigt werden – an die Spitze des Museums Ludwig unterstreicht diese internationale Ausrichtung. Kaiser ist zurzeit Kurator am Museum of Contemporary Art in Los Angeles und soll den derzeitigen Amtsinhaber Kasper König Anfang 2013 beerben.

Kaiser, Jahrgang 1972, machte sich mit Werkschauen zur Gegenwartskunst einen Namen und hatte auch 2007 an der Entstehung der Kunstmesse "Düsseldorf Contemporary" mitgewirkt, einer Messe allerdings, die nur ein einziges Mal stattfand. Von 2004 bis 2006 hatte er an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe gelehrt.

Von Philipp Kaiser darf man erwarten, dass er die guten Beziehungen in die USA erweitert, die Kasper König seit seinem Amtsantritt im Jahr 2000 pflegt. Kaiser wird in Köln ein kulturelles Umfeld vorfinden, das gleichfalls von Weltoffenheit zeugt. Erst vor einem Jahr wurde am Neumarkt der Neubau des Rautenstrauch-Joest-Museums, eines der führenden Völkerkundemuseen in Deutschland, eröffnet, samt benachbartem Schnütgen-Museum. Die bedeutendste Galerie der Stadt, die Galerie Michael Werner, ist auch in New York und nahe Berlin vertreten, und Daniel Hugh, den künstlerischen Direktor der "Art Cologne" seit 2008, verbinden gleichfalls biographische Bande mit Los Angeles.

Zwei Schweizer für Köln – wenn nun nicht wieder zerstörerische Diskussionen beginnen, könnten das zwei gute Nachrichten für Köln sein.

(RP)
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