Düsseldorf Zurück in die Zukunft

Düsseldorf · Lange haben die Fans auf den neuen Star-Wars-Film gewartet - und sie werden nicht enttäuscht. "Das Erwachen der Macht" überzeugt.

Plötzlich ist er da - der kalte Schauer, der einem über den Rücken fährt. Und die Gänsehaut, die sich einstellt. Vor lauter Ergriffenheit und aus dem Gefühl, gerade Zeuge von etwas Großem gewesen zu sein. Dabei handelt es sich doch nur um "Star Wars". Nur? Niemand kann genau sagen, wie viele Millionen Menschen weltweit auf den ersten "Krieg der Sterne"-Film seit mehr als zehn Jahren warten - nachdem sie zum größten Teil von den Filmen, die zwischen 1999 und 2005 erschienen, enttäuscht waren. Und der Regisseur und Co-Drehbauchautor J. J. Abrams, selbst ein Fan der ersten Stunde, konnte die Erwartungen erfüllen.

Der Film ist tatsächlich episch und bringt alles das wieder, was Fans mit dem "Krieg der Sterne" verbinden: interessante Charaktere, bewegende und anrührende Momente, Humor und überzeugende Tricktechnik, die nicht im Mittelpunkt steht, sondern der Geschichte dient. Und: Es werden keine Vorkenntnisse erwartet - und das für einen Film, der Star Wars tatsächlich in eine neue Ära führen kann. Viel werden wir aber über die Story nicht verraten, um nicht die Überraschungen zu verderben, Davon gibt es einige in "Das Erwachen der Macht".

Wo ist der Jedi-Ritter Luke Skywalker? Diese Frage setzt die Ereignisse auf dem Wüstenplaneten Jakku in einer "Galaxis vor langer Zeit und weit, weit entfernt" in Gang. Es wird in den ersten paar Minuten zwar relativ wenig gesagt. Dafür sehen wir, wie erbarmungslos der "Erste Orden" vorgeht, der aus dem Imperium hervorgegangen ist - das vor mehr als 30 Jahren nach der "Rückkehr der Jedi-Ritter" (1983) am Ende schien.

Und gleich zu Beginn erfahren wir bereits ein wenig über den neuen Bösewicht Kylo Ren (Adam Driver). Es wird angedeutet, dass er zwar auf der Dunklen Seite der Macht steht. Aber er ist nicht so gefestigt und abgeklärt, wie er gerne wirken möchte - was im Film eine überaus tragische Rolle spielt. Mit der Maske, die er die meiste Zeit trägt, hat Adam Driver zwar nur wenige Gelegenheiten, zu glänzen - aber die nutzt er dann auch.

Er muss sich im Laufe des Films entscheiden, welchen Weg er einschlagen möchte. Das gilt auch für Rey (Daisy Ridley): Sie plündert Schiffswracks auf Jakku und kommt damit eher schlecht über die Runden. Dennoch will sie den Planeten nicht verlassen. Immer noch hofft sie, dass sie eines Tages abgeholt wird von ihrer Familie - die sie noch nicht einmal kennt. Finn (John Boyega) dagegen will nur möglichst viele Lichtjahre zwischen sich und dem "Ersten Orden" lassen und nicht in irgendetwas hineingezogen werden. Beide tragen nicht nur den äußeren "Krieg der Sterne" aus, sondern auch einen inneren, nachvollziehbaren Konflikt.

Und der wird vor allem von der Chemie zwischen Finn und Rey getragen. Sie ist zudem in dem Duo die treibende Kraft und eine starke, überzeugende Persönlichkeit, was bei Frauenfiguren in Blockbustern leider immer noch hervorgehoben werden muss.

In dieser jungen Schauspiel-Riege läuft dann auch Harrison Ford als Han Solo wieder zur Höchstform auf: Er schwankt sichtbar zwischen Respekt und Ablehnung, als Rey sich auf seinem alten Raumschiff "Millennium Falcon" mindestens genau so gut auskennt wie er. Die Dynamik und die Dialoge - alles passt zwischen den beiden und zwischen ihm und Finn. Das führt zu einer Reihe witziger Momente, die indes niemals albern werden.

Schade, dass nicht alle so gut zurück in den "Krieg der Sterne" gefunden haben. Carrie Fisher als Leia Organa scheint mit ihrer Rolle nicht so recht warm zu werden.

Weitaus mitreißender tritt da der neue Droide BB-8 auf: Der besteht zwar nur aus einer Kugel mit einer Halbkugel als Kopf und einem großen Kamera-Auge. Was J. J. Abrams und sein Team aber aus diesen minimalen Möglichkeiten gemacht haben, ist erstaunlich. Der kleine Roboter entwickelt eine eigene Persönlichkeit und eine gewisse Leinwand-Präsenz.

Doch so überzeugend BB-8 und die anderen Figuren sind, so mitreißend der Film ist, es ist nicht alles perfekt: Es gibt zwar keine großen, aber kleinere Logikbrüche. Und die neue Superwaffe des "Ersten Ordens", die Starkiller-Base, scheint übermächtig und überdimensioniert. Ihre Funktionsweise verwirrt zunächst etwas und wird erst später eher beiläufig erklärt. Zudem ist sie dem "Todesstern" aus dem ersten Film von 1977 etwas ähnlich. Dafür bietet die "Starkiller-Base" dann dem Piloten Poe Dameron (Oscar Isaac) die Gelegenheit, in einem epischen Moment zu brillieren.

Der Titel "Das Erwachen der Macht" erschließt sich nicht so ganz. Und der "Supreme Leader" des Ersten Ordens, Snoke, hat zwar beeindruckende Auftritte und wirkt als im Computer generierte Figur überaus bedrohlich und mächtig. Aber wirklich greif- oder durchschaubar ist er dann am Ende noch nicht.

Die Fragen, wie und von wem Lukes Lichtschwert, das durchaus wichtig für den Film ist, geborgen wurde, werden nicht beantwortet. Ebenso unklar bleibt, was genau zu Luke Skywalkers Verschwinden geführt hat. Vieles wird nur angedeutet, aber nicht näher ausgeführt und findet wahrscheinlich in den folgenden Filmen eine Auflösung. Und darauf ist "Das Erwachen der Macht" definitiv ausgelegt - mit einigen losen Enden und einer Schlussszene, die lange im Gedächtnis bleibt und nach einer Fortsetzung verlangt. Die kommt im Mai 2017 ins Kino und wird bereits gedreht. Ende 2016 gibt es mit "Rogue One" aber einen cineastischen Ableger, der eine Nebengeschichte erzählt.

(jov)
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