Ausstellung im Von-der-Heydt-Museum Mao erblickt das Licht der Kunstwelt
Das Wuppertaler Von-der-Heydt-Museum beeindruckt mit der Ausstellung „Zero, Pop und Minimal“.
Am Anfang herrscht Besinnlichkeit, am Ende geschieht ein Mord. Wie viele Kunstrichtungen sich zwischen 1960 und 1980 gleichzeitig oder kurz nacheinander behaupteten, davon kann man sich jetzt ein Bild im Wuppertaler Von-der-Heydt-Museum machen. In unglaublicher Fülle breitet das Haus einen Teil seiner Sammlung aus, den im Kern sein einstiger Direktor Günter Aust zusammengekauft hatte – zu Preisen, denen man nur noch nachtrauern kann.
Viele der Künstlernamen sind heute jedem geläufig, andere waren es einmal, sind jedoch irgendwie aus der Mode gekommen. Wer kennt noch Nicolas Schöffer, den 1992 in Paris gestorbenen Vater der kybernetischen Kunst? An seine Lichtskulpturen und seinen Traum vom Gesamtkunstwerk erinnert die Ausstellung poetisch zu Beginn.
In einem ihrer letzten Bilder, dem ungefähr sechs mal anderthalb Meter messenden Panorama „Kennedy vor Corham“, das der 1998 gestorbene, aus Leverkusen stammende Happeningkünstler Wolf Vostell erschuf, herrscht dagegen Katastrophenstimmung. Soeben ist der amerikanische Präsident einem Anschlag zum Opfer gefallen. Ein Foto des Attentäters klebt in dieser riesigen Collage klein am Heck des Straßenkreuzers, an der Kühlerhaube weht noch das Sternenbanner, der Fahrgastraum ist durch wild aufgetragene, gelb verfließende Farbe unkenntlich gemacht.
Zwischen Schöffer und Vostell erstreckt sich, was seinerzeit die internationale Kunstszene ausmachte und durch Bezeichnungen wie Zero, Pop und Minimal Art nur ansatzweise beschrieben ist. Im Grunde war jeder Künstler, jede Künstlerin eine Richtung für sich. Direktor Aust hatte es nicht weit zum Einkaufen. Die Galerie Parnass in Wuppertal war neben rheinischen Galerien wie Schmela und Zwirner ein Treffpunkt des Kunstlebens, und betuchte Sammler aus Industrie und Handel wohnten gleichfalls ringsum. Dazu zählten Gustav Adolf Baum und seine Ehefrau Stella, die „Kennedy vor Corham“ erwarben und es der Bergischen Universität schenkten, die es nun dem Von-der-Heydt-Museum zur Ergänzung des Eigenbestandes lieh.
Dieser Bestand fristet sein Dasein überwiegend im Depot. Eines der markantesten Werke der Ausstellung, Andy Warhols zehnteilige Serie „Mao Tse Tung“ von 1972, hat das Lager seit seiner Erwerbung nun erstmals verlassen: die Variation eines Kopfes in unterschiedlich knalligen Farben. Das Bild bezeugt den Einbruch der amerikanischen Pop-Art nach Westeuropa und die Ablösung von Paris als Weltkunstzentrum durch New York, die schon in den Sechzigern begonnen hatte.
Deutsche Künstler reagierten darauf durch eine skeptische Variante des Pop, Gerhard Richter zum Beispiel mit seiner „verwackelten“, nach einem schwarzweißen Foto gemalten „Scheich mit Frau“, der im letzten, größten Saal der Schau einen Akzent setzt – unweit von George Segals „Ruth in der Küche“, einer weißen Gipsfigur, die auf einer gepolsterten Bank vor einem Tisch sitzt - eine Sinnende des Pop-Zeitalters.
Ist das nun Pop oder „Realismus“, wie der Titel des Saals suggeriert? Wahrscheinlich beides und noch mehr. Zwischen Uecker, Piene, Mack einerseits und Robert Rauschenberg andererseits hat sich viel bewegt, und Wuppertal ist dabei gewesen.
Ausstellung vom 10.4. bis zum 16.7. in Elberfeld, Turmhof 8, nahe Hauptbahnhof; Zugang am Eröffnungstag nur mit zuvor auf www.von-der-heydt-museum.de gebuchtem Ticket