Frankfurter Schirn zeigt Retrospektive Yves Klein: Kunst in Ultramarinblau

Frankfurt/Main (rpo). Das erste von Yves Klein gemalte Bild, das berühmt wurde, entstand 1955, das letzte im Februar 1962. Der 1928 geborene Franzose hatte nur sieben Jahre Zeit für die Entstehung seines ungewöhnlichen facettenreichen Werkes. In dieser Phase entwickelte er sich zu einem der konzeptuellsten und ideenreichsten Künstler seiner Epoche und erwarb das Patent auf sein "I.K.B." - das International Klein Blue. Ab Freitag zeigt die Frankfurter Kunsthalle Schirn in einer großen Retrospektive Kleins Werk und versucht dabei, auch sein Leben abzubilden. Die Ausstellung mit ihren über 100 Exponaten kann bis zum 9. Januar 2005 besichtigt werden.

Der in Nizza geborene Künstler war immer umstritten. Im kleinbürgerlichen wie vibrierenden Nachkriegs-Paris galt er mal als geschmackloser Aktivist, mal als Visionär, Happening-Maler oder Body-Artist. Seinen ersten Auftritt als bildender Künstler hatte er 1955 mit der Einreichung seines Monochroms "Ausdruck der Welt in Bleiorange" für den Salon des Réalités Nouvelles. Die Galerie in der französischen Hauptstadt lehnte das großformatige Bild mit der Begründung ab, eine Einzelfarbe sei für die Konstruktion von Malerei nicht "hinreichend".

Schon wenig später begnügte sich Klein nicht mehr nur mit Einfarbigkeit, sondern mit einer einzigen Farbe überhaupt: dem Ultramarinblau. Für ihn verkörperte sie die abstraktesten Aspekte der sichtbaren Natur, stand für Himmel und Meer, für sinnliche Welt-Erfahrung. Sein zusammen mit einem Chemikerfreund entwickeltes, pigmentgeladenes Ultramarinblau ließ er sich patentieren, es wurde zu seinem Markenzeichen.

Die von Klein als pulsierende Farbfelder verstandenen, immer rechteckigen Monochrome erreichten oft mehrere Meter Breite, sein größtes misst 4,20 Meter. Die Schirn-Kuratoren Olivier Berggruen und Ingrid Pfeiffer verzichteten in der Ausstellung auf eine Glasabdeckung und hängten das gewaltige Bild in einen hellen, weißen Raum mittig an eine 8,40 Meter breite Wand. "Dass das so eindrucksvoll kommt, hätte ich selbst nicht gedacht", sagt Pfeiffer.

Ein anderer Bereich der Ausstellung zeigt Kleins legendäre "Anthropometrien", auf denen nackte Frauen als lebende Pinsel unter Anleitung des Künstlers ihre Spuren auf den Leinwänden hinterließen. In Paris inszenierte Klein solche Aktionen als Happening, zusammen mit einem Streichorchester, das die von ihm komponierte "symphonie monotone" dazu spielte. Filmisch festgehalten, wieder zu sehen in der Schirn.

Als herausragender, in Japan ausgebildeter Judoka dürfte Klein den zen-buddhistischen Begriff der meditativen "Leere" aufgegriffen haben. In der Kraft einer singulären Farbe sah er das Universelle mit dem Nichts verschmolzen. Im Foyer des Gelsenkirchener Stadttheaters hängt bis heute sein riesiges Schwammrelief, ganz und gar getränkt in "I.K.B."

Die Schirn ist auch den vielfältigen Beziehungen Kleins zu Deutschland nachgegangen. Kuratorin Pfeiffer befragte zahlreiche Zeitzeugen und sicherte dabei bisher unpubliziertes Material des Künstlers. Wenige Monate vor seinem tödlichen Herzinfarkt 1962 hatte Klein die deutsche Malerin Rotraut Uecker in Paris geheiratet.

(afp)
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