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"Wir verlegen nicht nur Bücher"

Berlin Es ist mutig, einen Verlag zu gründen in Zeiten, in denen Verleger über Zukunft und Existenz des Verlagswesens und des Buches diskutieren. Drei bibliophile Kölner bringen diesen Mut auf, setzen auf neuartige Produkte, ungewöhnlich hochwertige Drucke und auf elektronische Applikationen fürs iPad. Der Distanz-Verlag bringt "Kunstbücher" von 2,99 bis 2900 Euro heraus. Im Gespräch erklärt Christian Boros (46), was er gemeinsam mit der Verlegerin Angelika Taschen und Uta Grosenick, die 2011 als Programmleiterin beim Dumont-Verlag ausscheidet, vorhat.

Ist Ihre Verlagsgründung eine noch zeitgemäße Liebeserklärung an das Buch?

Boros Ja. Es war schließlich keine Schnapsidee. Es kamen drei Leute zusammen, die auf diesen Moment zwei Jahrzehnte gewartet haben. Angelika Taschen ist seit 25 Jahren in dem Geschäft tätig, Uta Grosenick seit 20 Jahren. Wir alle sind Kunstvermittler und spielen Brücke zwischen Leuten, die Kunst machen, und Leuten, die Kunst sehen wollen. Beide Frauen wollten sich verändern. Da lag es nah, dass wir mal was zusammen machen würden. Ich spüre gerade ganz viel Kraft, noch einmal etwas Neues anzufangen. Und da haben wir gesagt, warum nicht jetzt in diesem historischen undenkbar besten oder schlechtesten Moment?

Das heißt, Sie arbeiten gegen den Trend?

Boros In diesem Jahr gibt es so neue Unworte wie Verlagssterben oder Buchhandeltod. Und immer, wenn sich eine Branche diametral verändert, so ist es für 90 Prozent der Branche schlimm und für ein paar wenige eine Chance. Wir sehen es als Chance.

Wie viel haben Sie investiert?

Boros 20 Jahre Arbeit, Liebe, Kraft, glänzende Augen und ein wenig Geld.

Nur das besondere Buch hat Überlebenschancen, sagen Sie. Was wird an Ihren Büchern so besonders sein?

Boros Unsere Bücher kann man nicht als E-Mail verschicken, sie sind handwerklich traumhaft. Gute Bücher soll man nicht reproduzieren können, man muss sie besitzen. Das Buch sehe ich als Erlebnis, auch haptisch. Wenn sich Inhalte hingegen als iPad-Applikation anbieten, ein Künstlerinterview beispielsweise, dann kann es sein, dass wir sie auch als iPad-Applikation produzieren. Beides ist denkbar.

Was sieht Ihr Konzept noch vor?

Boros Man muss das Verlegen weiter fassen. Wir verlegen nicht nur Bücher. Es kann sein, dass wir zu einem Designbuch einen maßgezimmerten Tisch in hunderter Auflage herausbringen, den man nur bei uns kaufen kann. Vielleicht werden wir mit dem Tisch mehr Geld verdienen als mit dem Buch. Aber dadurch, dass wir den Tisch verkaufen, können wir das Buch vielleicht erst machen.

Das klingt sehr verwegen ...

Boros Wie verlegen ... und verlegen kann man eben vieles.

Welches Buch kostet 2900 Euro ?

Boros Ein Buch, das es vielleicht nur hundertmal gibt und in dem eine Kunst-Edition enthalten ist.

Verlegen Sie also Bücher für Reiche?

Boros Nein, wir werden auch Produkte für die 2,99 Euro anbieten, zum Beispiel Downloads.

Mit freien Versandkosten bei Bestellung im Internet wollen Sie sicher Amazon Konkurrenz machen, oder?

Boros In Deutschland haben wir eine fantastische Buchhandelstruktur, international sieht das ganz anders aus. Dort muss man die meisten Bücher über Internet bestellen. In 60 Ländern der Welt bieten wir alle unsere Bücher an, denn ich will nicht, dass die Kunden alle zu Amazone gehen.

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