Düsseldorf William Basinski bringt das Meer zum Klingen

Düsseldorf · Das ist womöglich das heiterste und luftigste Stück, das William Basinski bisher komponiert hat. Wer eine Vorstellung davon bekommen möchte, wie es klingt, möge sich daran erinnern, was man hört, wenn man mit geschlossenen Augen am Meer liegt oder am Schwimmbecken: das Plätschern und Schwappen des Wassers, das Lecken und Schlagen der Wellen. Das alles steckt in "Cascades".

Der New Yorker William Basinski gilt als einer der großen Soundkünstler im Bereich Ambient und Minimal Music. Der 56-Jährige wurde 2002 mit seinen "Disintegration Loops" bekannt - im Grunde ist das Klang gewordene Theorie, eine Studie über den Verfall. Das Album in vier Teilen entstand, als Basinski alte Magnetbänder digitalisieren wollte und sich beim Abspielen die Magnetschicht der Tapes ablöste. Basinski zeichnete die Zerstörung auf, schnitt die Zersetzung des Materials mit. Die Aufnahme dauert eine Stunde: Man hört 20 Minuten lang dieselben Tonfolgen von Streichern und Hörnern in einer Klangschleife, danach geht die Musik allmählich in Stille über, sie erstirbt. Basinski beendete das Projekt, das sich über vier CDs erstreckt, am 11. September 2001. Während er sich die Aufnahmen auf seinem Balkon in Williamsburg abhörte, fielen die Türme des World Trade Centers. Basinski filmte den Terrorakt mit der Videokamera, dazu liefen im Hintergrund die "Disintegration Loops". Wer das Video heute bei Youtube sieht, wird bewegt sein.

Nun also "Cascades", und dort ist es eine Piano-Figur, die Basinski wiederholt und kaum merklich alle paar Minuten minimal variiert. Es wirkt, als vertone Basinski einen Ausflug an die See und denke die Brise und das Glitzern mit, das sich ergibt, wenn sich Sonnenstrahlen in Wellen brechen. Die 40-minütige Komposition mag nicht so klug sein wie die "Desintegration Loops". Aber sie hat ein größeres Herz.

Info Einen Auszug aus "Cascades" findet man hier: http://goo.gl/j1wspz

(RP)
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