Kulturbetrieb Wie Kulturbetriebe nach der Krise weitermachen wollen

Die meisten Kulturbetriebe bleiben trotz erster Lockerungen in der Corona-Krise weiterhin geschlossen. Die Landesregierung NRW hat sie der Kategorie Amüsierbetriebe untergeordnet, dort stecken sie nun fest zwischen Bar und Bordell, was René Heinersdorff, Präsidiumsmitglied des Deutschen Bühnenvereins und Leiter des Theaters an der Kö, besonders missfällt.

 Die Düsseldorfer Tonhalle.

Die Düsseldorfer Tonhalle.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Ebenso wie seine Kollegen denkt er darüber nach, was zu tun ist, wenn der Tag X kommt – also Theater, Opernhäuser, Kinos und Kabarettbühnen ihren Betrieb wieder hochfahren dürfen. Maskenpflicht? Eher nicht, sagt Heinersdorff. Den Sommer durchspielen? Auf jeden Fall, sagt Kom(m)ödchen-Chef Kay Lorentz. Die Vorfreude hält sich insgesamt jedoch in Grenzen, da strenge Vorgaben erwartet werden. So sehen es die einzelnen Direktoren:


Kom(m)ödchen Nicht infrage kommt für Kay Lorentz eine Öffnung mit reduzierter Kapazität. „Wir haben 200 Plätze. Wenn wir die Menschen mit Abstand setzen, ist das für uns nicht mehr wirtschaftlich.“ Künstler wie Timo Wopp reisten für 80 Leute gar nicht erst an. Lorentz: „Wir spielen für 200 Menschen oder gar nicht.“ Vor allem treibt ihn die Frage um, ob das neue Ensemble-Stück wie geplant im September Premiere feiern wird. „Unsere Autoren sind skeptisch. Sie wissen ja nicht, in welche Stimmung sie hineinschreiben.“ Seitens des Publikums erfahre er viel Zuspruch. 95 Prozent aller Besucher, die bereits in Besitz von Karten seien, akzeptierten die Gutscheine, manche spendeten sogar Geld. Das habe ihn „sehr gerührt“. Lorentz glaubt, dass die Zwangspause der Kultureinrichtungen noch vor dem Sommer ende. Allerdings stünden dann schon wieder die großen Ferien und die Spielpause an. „Falls wir im Juni wirklich wieder öffnen dürfen, sagen wir hurra und spielen die Pause durch.“

Deutsche Oper am Rhein Als feststand, dass die ersten Lockerungen der Beschränkungen nicht für Opernhäuser gelten würden, entschieden Direktion und die Städte Düsseldorf und Duisburg, alle Vorstellungen bis zum 31. Mai abzusagen. „Es ist in der Oper aufgrund des Kontaktverbots unmöglich, zu proben“, sagt Alexandra Stampler-Brown, Geschäftsführende Direktorin der Rheinoper. Sie hofft, dass das Anfang Mai vielleicht wieder möglich ist. In diesem Fall könne man im Juni den Betrieb kurzfristig hochfahren. „Wir sind ein Repertoire-Haus und hätten theoretisch einen vollen Spielplan.“ Neu-Inszenierungen werden hingegen verschoben. „Wir sind ein internationales Haus“, sagt Stampler-Brown. „Künstler, die wir engagiert haben, die jedoch im Ausland leben, können ja aktuell nicht einreisen.“ Eine Reduzierung der Saalkapazität und das Tragen von Mund- und Nasenschutz kann sie sich vorstellen. „Aber wir müssen auf unsere Sänger, Tänzer und Musiker achten. Es nützt niemandem, wenn das Publikum sicher ist, sich das Virus aber auf der Bühne verbreitet.“

Filmkunstkinos Distanzvorgaben hat Nico Elze, Geschäftsführer der Düsseldorfer Filmkunstkinos, schon mal durchspielt, ist aber nur mäßig zufrieden. „Im Metropol haben wir 143 Plätze, wenn neben und hinter jedem Zuschauer ein Platz leer bleiben muss, haben wir 30 Prozent unserer Kapazität verkauft, das ist ein Minusgeschäft.“ Andererseits rechne er bei einer Wiedereröffnung nicht mit einem Besucheransturm. „Die Menschen sind verunsichert.“ Eine Spuckschutzscheibe für die Kassenkräfte ist jedoch bereits bestellt. Mit Blick aufs Programm wird es bei ihm auf Repertoire hinauslaufen. Außerdem plant er für das Metropol und das Bambi eine Filmwunschliste, welche die Nachbarn im Stadtteil bestücken dürfen. Neuerscheinungen wird er wohl nicht zeigen können. „Die Verleiher werden die Bundesstarts der großen Filme verschieben, bis die Multiplexkinos wieder öffnen.“ Das Streaminggeschäft der Filmkunstkinos läuft seit der Corona-Krise gut. „Die Nachfrage ist um zehn Prozent gestiegen“, sagt Elze.

 Der Eingang zum Kommödchen.

Der Eingang zum Kommödchen.

Foto: Endermann, Andreas (end)
 Der Saal des Bambi – eins der Filmkunstkinos.

Der Saal des Bambi – eins der Filmkunstkinos.

Foto: Bambi
  Die Deutsche Oper am Rhein in Düsseldorf.

 Die Deutsche Oper am Rhein in Düsseldorf.

Foto: dpa/Maja Hitij

Tonhalle Intendant Michael Becker geht davon aus, „dass die normale Saison für uns beendet ist“. „Wir werden uns neue Formate überlegen müssen, wenn wir wieder kurzfristig öffnen dürfen.“ Freiluftkonzerte im Hofgarten etwa. „Oder wir müssen Räume so gestalten, dass die Menschen sich bewegen können wie in einem Museum und die Musiker als Kunstwerke aus der Distanz erlebbar sind.“ Einige Konzerte wurden ganz abgesagt, andere auf die übernächste Saison verschoben, weil ja auch das Programm für die Spielzeit 2020/21 bereits terminiert ist.

Theater an der Kö „Im Theater setzt man sich keiner Ansteckungsgefahr aus“, glaubt René Heinersdorff, Leiter des Theaters an der Kö. Er stehe in Kontakt mit Ärzten und Virologen, um den Tag der Wiedereröffnung vorzubereiten. Die Zahl der Sitzplätze könne er in seinem Haus, falls erforderlich, von 400 auf 250 verkleinern. Alles darunter sei „wirtschaftlich nicht vertretbar“. Die Belüftung seines Theaters sei TÜV-geprüft, eine Maskenempfehlung für sein Publikum kann er sich vorstellen, zur Pflicht erheben möchte er sie jedoch nicht. Auch inszenatorisch hat er sich auf Corona eingestellt: „Wir verzichten auf der Bühne auf Umarmungen und Küsse.“ Die Produktion „Aufguss“, die in einem Wellnesshotel spielt, hat er in ein 60-Minuten-Format bugsiert und der Pandemie manchen Schenkelklopfer gewidmet. „Ich hoffe, dass das Go für uns bald kommt. Nach dem 20. Juni wird es schwierig, weil dann schon ja fast wieder Ferien sind.

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