Neues Programm im Kom(m)ödchen Die harte Arbeit am guten Gag

Düsseldorf · Wie bringt man Menschen zum Lachen? Dietmar Jacobs und Martin Maier-Bode arbeiten daran. Sie schreiben gerade das neue Kom(m)ödchen-Programm.

 Martin Maier-Bode (l.) und Dietmar Jacobs arbeiten am neuen Kom(m)ödchen-Programm „Quickies“.

Martin Maier-Bode (l.) und Dietmar Jacobs arbeiten am neuen Kom(m)ödchen-Programm „Quickies“.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Dietmar Jacobs und Martin Maier-Bode sitzen auf der Kante der Kom(m)ödchen-Bühne, im Theatersaal wird gerade noch gesaugt. Arbeitslicht. Die beiden schneiden Zettel in Streifen, auf denen Stichworte stehen: „Thunberg-Tuning“ etwa oder „Queen“. So sieht es aus, wenn zwei Autoren an einem neuen Kom(m)ödchen-Programm arbeiten. „Quickies“ wird es heißen und eine flotte Revue kurzer Sketche sein. Am 19. Juni ist Premiere. Die satirischen Szenen sollen von dem handeln, was die Menschen gerade beschäftigt. Je aktueller, desto besser. Also breiten die Texter jetzt ihre Denkzettel aus, plaudern dabei über das, was sie gerade so beschäftigt. Wie sie daheim mit den Kindern über „Friday for Future“ diskutieren etwa.

Sie witzeln über Eltern, die ihre Teenager zur Demo fahren – im Geländewagen. Oder die die Protest-Stundenpläne ihres Nachwuchses mit den eigenen Planungen für verlängerte Wochenenden abgleichen. „Jetzt soll es ja die ersten Knöll­chen für Protestschüler geben: 350 Euro“, sagt Martin Maier-Bode. „Für das Geld kann man ja mit dem Billigflieger nach Rom“, erwidert Dietmar Jacobs. Beide lachen. Lockerungsübungen. Die Autoren haben sich warmgedacht. Es kann losgehen.

Bleifuß. Das Wort fasziniert Dietmar Jacobs. Als Deutschland darüber diskutierte, ob es nicht doch auch in diesem Land ein Tempolimit geben solle, ist es dem Autor aufgefallen. „Bleifuß, Bleifuß“, sagt Jacobs, fast sieht man, wie sich der Begriff in seinem Kopf dreht, wie er ihn von allen Seiten betrachtet und sein Assoziationspotenzial abschätzt. „Es gibt ja diese Bleischuhe für die Bühne“, sagt er, „wenn man die anhat, kann man sich ganz weit zur Seite lehnen.“ Jacobs steht auf, lehnt sich zur Seite. „Blei an den Füßen, das könnte ja ne Krankheit sein.“ Kollege Maier-Bode springt sofort an: „Ja, ne Krankheit! Wie infiziert man sich, ist die viral? Wie wird Bleifuß übertragen? Von Stoßstange zu Stoßstange? Kriegen nur Deutsche Bleifuß?“ Jacobs führt fort: „Manche leiden ja auch am Gegenteil, die kommen gar nicht vom Fleck und fahren trotzdem immer links.“ Auch Maier-Bode ist jetzt aufgesprungen, geht vor der Bühne auf und ab, jetzt verschränkt er die Arme. „Ja, wir brauchen auch einen Kontrast zum Bleifuß: Einer macht alles ganz langsam. Der spricht auch langsam.“ Maier-Bode schaut auf den Boden, spricht lallend weiter: „Der kriegt die Sätze gar nicht zu Ende – der hat... Stau. Ja, einer hat Stau, hat Staupe, ne Stau. Ich hab’ Stau.“ Das gefällt dem Kollegen. Dietmar Jacobs setzt sich wieder auf den Bühnenrand, klappt seinen Computer auf, notiert: „Einer hat Bleifuß, einer hat Stau.“ Dann überlegt er laut weiter, dass es noch einen Choleriker geben sollte. Der könne die ganze Zeit brüllen wegen jeder Kleinigkeit. Dazu bräuchten sie noch einen Therapeuten. „Der kann sich schöne Übungen ausdenken: Zum Beispiel Yoga für Choleriker“, sagt Jacobs, „wenn der die üblichen Macho-Gesten macht, empfiehlt ihm der Therapeut, die Bewegungen etwas runder auszuführen, etwas weicher.“ Jacobs führt die einschlägigen Gesten verlangsamt vor. „Ja, das machen Sie schon sehr, sehr schön“, sagt Maier-Bode mit sanfter Therapeuten-Stimme. Beide lachen.

Der erste Kreativ-Schub ist vorüber. Die Autoren reden noch ein wenig über den Choleriker, über Fahrstile und Autogeräusche, die Heiko Seidel, Mitglied des Kom­(m)ödchen-Ensembles, sicher liebend gern einbauen würde. Weiter ins Detail gehen die beiden nicht. Die Szene ist geboren, die Kulisse steht, die Figuren sind gefunden – doch was sie genau sprechen werden, entscheidet nur noch einer der Autoren. „Schreiben kann man nicht zusammen“, sagt Maier-Bode, „jeder hat die Figur ja ein bisschen anders im Kopf, wenn man sich darüber beim Schreiben einigen müsste, wäre die Szene schon kaputt.“ Jacobs nickt. „Bei Figuren darf man keine Kompromisse machen“, sagt er, „wir sind beide uneitel genug, eine gemeinsame Idee dann nur einem von uns zu überlassen.“

Natürlich funktioniert das auch, weil die Autoren einander schon lange kennen. Im Kom(m)ödchen haben sie einander vor mehr als 20 Jahren kennen gelernt – bei einem Programm zu 50 Jahren NRW. Beide sind Rheinländer: Maier-Bode stammt aus Neuss, Jacobs aus Mönchengladbach. Beide haben schon als Schüler geschrieben. Dietmar Jacobs verfasste sein erstes Stück über drei Polizisten und eine neue Uniform mit elf, Maier-Bodes erstes Werk handelte von einem löchrigen Eimer, und er war zehn, als er damit auftrat. Heute ist Dietmar Jacobs einer der gefragtesten Kabarettautoren der Republik. Er hat für Leute wie Didi Hallervorden und Jochen Busse geschrieben, für seine Mitarbeit an der Serie „Stromberg“ bekam er einen Grimme-Preis, heute schreibt er regelmäßig etwa für Sendungen wie „Extra3“ und die „ZDF heute-Show“. Maier-Bode ist festes Mitglied des Kom(m)ödchen-Ensembles, ist also nicht nur Autor, sondern steht auch auf der Bühne. Geballter Humor.

 Martin Maier-Bode (l.) und Dietmar Jacobs sprechen über eine Idee.

Martin Maier-Bode (l.) und Dietmar Jacobs sprechen über eine Idee.

Foto: nein/Bretz
  Jetzt gibt’s was zu lachen: die Pointe ist gefunden.

 Jetzt gibt’s was zu lachen: die Pointe ist gefunden.

Foto: nein/Bretz

Doch weil Lustigsein ernste Arbeit ist, machen die beiden jetzt weiter, schieben „Quickie“-Zettel hin und her, um die Dramaturgie des Abends zu entwerfen. Als nächste ist das „Thunberg Tuning“ an der Reihe. Aber davon mehr – im Theater.

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