Rockmusik Und es hat „Whoosh!“ gemacht

Nashville · Hardrock-Legende Deep Purple bringt ein neues Album heraus, es ist ihr 21. und eins der besten. Produziert wurde „Whoosh!“ in den Staaten, in Nashville, ausgerechnet im Mekka der Countrymusik.

 Deep Purple (v.l.) mit  Don Airey,  Steve Morse, Roger Glover, Ian Paice und  Ian Gillan.   Foto: dpa

Deep Purple (v.l.) mit Don Airey, Steve Morse, Roger Glover, Ian Paice und Ian Gillan. Foto: dpa

Foto: Ben Wolf

Auf so einen beknackten Albumtitel muss man auch erst einmal kommen: „Whoosh!“ – das klingt nach nackter Verzweiflung und letztem Versuch, was beides nicht zutrifft. Denn tatsächlich gehören die 13 Songs des neuen Albums mit zum Besten und Kreativsten, was Deep Purple je produziert hat. Und das heißt einiges bei einer Band, die es seit über einem halben Jahrhundert gibt und die mit 150 Millionen verkauften Alben zu den erfolgreichsten Rockbands überhaupt gehört.

Deep Purple hat sich ja immer schon von anderen Bands durch die große musikalische Qualität aller Musiker unterschieden. Wie auch mit den vielen Anklängen an Klassik – vor allem Chopin, Bach und Beethoven –, Jazz und Blues, die die Seele der Band und des neuen Albums ausmachen. Auf dem finden sich virtuose, leider aber zu kurze Dialoge zwischen Keyboarder Don Airey und Gitarrist Steve Morse, es gibt düster-grummelnden Orgelsound aus härtesten Hardrock-Zeiten wie in „No need to shout“, gefällige Refrains, fette Orgeln, leichten Blues, etwas Beat und mit Ian Gillan einen Sänger, der mit demnächst 75 Jahren natürlich nicht mehr die Höhen etwa von „Child in Time“ erreicht, aber einen eigenen, markanten Ton kultiviert hat.

Die Band hat nicht immer einfach nur weitergemacht oder versucht, sich Trends erfolgsversprechend anzupassen. Purple hat sich entwickelt und dabei die Wurzeln nicht aus dem Blick verloren. Und so ist „And the Adress“ auch gar kein Fremdkörper aus „Whoosh!“. Mit diesem fast unscheinbaren Instrumentallied aber begann alles: Es war das erste Lied des ersten Albums „Shades of Deep Purple“; 52 Jahre ist das her. „And the Adress“ ist der rührende Prolog zur Bandgeschichte und ihr Brückenschlag zur unverwüstlichen Rockmusik unserer Zeit.

Deep Purple ist nie wirklich eine politische Band gewesen. Aber sie hat ein Anliegen, so auch diesmal. In „Drop the Weapon“ werden Londoner Bandenkriege angeprangert; und „Man Alive“ ist gänzlich zur apokalyptischen Story geraten über eine untergegangene Welt. Das Video zum Lied zeigt einen Überlebenden in Astronauten-Kluft durch nurmehr ödes Land stapfen.

„Whoosh!“ ist weniger eine Ansammlung von 13 Liedern, sondern eine Kiste des Rock mit 13 Kompositionen, von denen etliche aus Jam Sessions hervorgegangen sind. Haben früher Ritchie Blackmore und der 2012 verstorbene Jon Lord den Charakter ganzer Alben bestimmt, so tüftelt seit Jahren die ganze Band gemeinsam am rockigen Liedgut. Das macht dann am Ende eine Vielfalt aus, die zur Beliebigkeit werden könnte, die am Ende aber immer auf dem Boden des Rock ankommt. „Dancing in my sleep“ ist dafür ein Paradebeispiel, das Abschlusslied von „Whoosh!“, das aus vielen Quellen schöpft. Dabei hat Deep Purple kopiert. Aber die Band ist aus allen möglichen Ecken der Musikgeschichte heraus beeinflusst worden. Mag sein, dass sie genau darum noch immer und vor allem putzmunter spielt.

Klar, das ist den Musikern geschuldet, die immer noch bis zu sechs Stunden täglich üben. Enormen Anteil am Gelingen des Albums hat aber auch Produzent Bob Ezrin, der unter anderem mit Pink Floyd, Alice Cooper, Lou Reed und Peter Gabriel arbeitete. Immer wieder soll er betont haben: „Ich will keine Songs, ich will Musik.“ Das hat gesessen. Also ist die Band zur Aufnahme in die Staaten nach Nashville gefahren, ausgerechnet ins Mekka der Countrymusik. Aber es ist auch der Wohnort von Bob – mit vielen tollen Aufnahmestudios und zudem etlichen tollen Bars, wie sich Gillan erinnert. Das ist zwar nicht unbedingt der Schlüssel zum Erfolg, aber manchmal eben doch wichtig. Und irgendwann hat es dann einfach „Whoosh!“ gemacht.

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