Ausstellung Schöne Bilder von schönen Frauen

Düsseldorf · Horst P. Horst war heimlicher König der Modefotografie. Paffrath & Gericke zeigt erstmals in Deutschland Auflagen aus dem Nachlass.

 Muriel Maxwell, Ensemble by Sally Victor, Bag by Paul Flato, Sunglasses by Lugene, 1939.

Muriel Maxwell, Ensemble by Sally Victor, Bag by Paul Flato, Sunglasses by Lugene, 1939.

Foto: Horst P. Horst

Sie sieht traurig aus. Verstimmt. Wie kann eine so erfolgreiche Frau wie Coco Chanel überhaupt so verzweifelt sein und sich mit melancholischem Blick dem Fotografen hingeben? Horst P. Horst war zu Lebzeiten schon bekannt und legendär. Wer posieren wollte, sollte oder konnte in der Welt des schönen Scheins, der Mode und der Prominenz, ließ ihn vor. So auch Coco Chanel, die er 1937 inszenierte. Nur eine Sitzschale ist real erkennbar. Alles noch in Schwarz-Weiß. Malerisch fällt die berühmteste Modemacherin der Welt in gelassene Posen, in der rechten Hand hält sie eine Zigarette. Ihre Ketten sind opulent. Chanel eben. Ihr Blick ist dem Fotografen nicht zugewandt. Unglücklich verliebt soll sie gewesen sein. So ist es überliefert.

Die Düsternis des Bildes war auch der Zeit geschuldet. Horst, 34 Jahre alt, musste bald wegen Ausbruch des Zweiten Weltkrieges aus Paris fliehen. Er wählte die USA als neue Wahlheimat, wo er bis zu seinem Tod, 1999 in Florida, blieb. Von dort aus nahm seine Karriere Fahrt auf. Er gehört zu den herausragenden Fotografen des 20. Jahrhunderts, schuf Bilder für das kollektive Gedächtnis und hat nachfolgende Generationen inspiriert: mit seiner Kunst des Licht- und Schattensetzens, seiner Theatralisierung von Material und Menschen, mit seinem virtuosen Spiel und seiner außergewöhnlichen Handwerklichkeit.

Ein paar Abzüge nur gibt es von dem Chanel-Motiv aus alten Zeiten, neun insgesamt, das Stück für 16.500 Euro. Aktuell werden Horsts Bilder, 20 Jahre nach dem Tod des Deutschen, auf den Markt gespült. Die Düsseldorfer Galerie von Ariane Paffrath und Claudia Gericke hat die Ehre, mit Gert Elfering  zu kooperieren, dem Mann, der den Horst-Nachlass verwaltet. Die beiden Galeristinnen sagen, dass ihre Dependance in der Carlstadt die einzige in Deutschland sei, die Horst P. Horst anbietet. Und dass sie Fotografie als zweites Standbein ihrer noch jungen, auf lateinamerikanische Kunst ausgerichteten Galerie ausbauen wollen.

25 Motive wurden ausgesucht. Man kann an der ausgewählten Zeitspanne zwischen 1937 und 1987 gut ablesen, wie sich die Welt verändert hat. Nicht nur farbiger ist sie geworden, sondern greller, hektischer, plakativer. Die Frauen haben sich auch äußerlich emanzipiert. Nicht nur schön sind sie, sondern stolz und selbstbewusst.

Viele Vogue-Coverfotos kann man ersteigern, aber auch zweckfreie Kunstfotos von Interieurs. Zuhause bei berühmten Menschen – bei ihnen ging der deutsche Fotograf ein und aus, bei Malern, Modeschöpfern und Musen der High Society.  Menschen wie Yves Saint-Laurent oder Cy Twombly leben in unalltäglichen Wohnlandschaften. Davon erzählen die Bilder. Zum Beispiel hält Diane de Rothschild in ihrem Wohnzimmer Hof. Bei ihr sieht es aus wie  in einer roten Hölle – man meint, das Foto ginge sogleich in Flammen auf.

Horsts besondere Note fußt auf seinem Blick, den er den Modell sitzenden Frauen schenkt. Ein Blick, der verbunden ist, anerkennend, schmeichelnd, forschend, liebend. Aus Europa verabschiedete er sich damals mit seinem Korsett-Bild – mit dem hinreißendsten Blick auf einen weiblichen Rücken, dem Korsett und dem gewundenen Tuch, wurde es ein ikonografisches Motiv der Modefotografie. Es war sein letztes vor der Flucht.

Das Rot, das Coco Chanel als erste den Frauen empfahl, ist heute noch ein Hit. Für Lippen und Nägel. In den 1950er und 1960er Jahren stand es für das neu erwachende, kesse Selbstbewusstsein. Hübsche Frau trägt Plastik-Sonnenbrille, rotes Band im braungelockten Haar und malt sich die Lippen mit dickem roten Lippenstift an. „Lipstick“ ist ein tolles Motiv und Highlight der Ausstellung. Ein anderes ist futuristisch: Schöne im weißen Badeanzug mit weißer Badekappe liegt auf dem Boden und balanciert mit den Füßen einen riesigen roten Ball.  

Die bei Paffrath & Gericke versammelten Bilder sind mehrheitlich schöne Fotos von schönen Frauen. Diese Fotografie entwickelte sich als Sonderform der Kunst, auch wenn sie kommerziellen Zwecken diente. Die werberischen Mittel waren ausgefeilt, sie waren der Stil.

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