Walnüsse Hirnnahrung

Aktuelle Studien zeigen: Gewisse Bestandteile der Nussfrucht, die sogenannten Polyphenole, schärfen den Verstand und schützen vor Demenz.

Sie zählt zu den Leckereien des Weihnachtsfestes: die Walnuss. Sie gilt als gesund, aber auch als sehr kalorienreich. Aktuelle Studien zeigen nun jedoch, dass die Walnuss überhaupt nicht rund macht – sondern stattdessen den Verstand schärft.

Jeden Tag Bananenbrot, wie langweilig! Doch die 64 Studenten an der Andrews University in Berrien Springs wurden ja dafür bezahlt. Die eine Hälfte von ihnen aß täglich drei Scheiben Bananenbrot, und die andere tat genau das Gleiche, doch in ihrem Brot hatte man eine halbe Tasse zerkleinerter Walnüsse verarbeitet. Nach acht Wochen und einer sechswöchigen Pause tauschten sie die Rollen, und die ursprünglichen Bananenbrotesser verzehrten jetzt das Nuss-Produkt, und umgekehrt. Vor und nach den jeweiligen Diätphasen absolvierten die Probanden einen Test, der ihre kognitiven und emotionalen Fähigkeiten erfasste.

Dabei zeigte sich: Wer gerade die Nuss-Phase hinter sich hatte, war besser im kritischen und schlussfolgernden Denken. Denn jeder Student sollte im Rahmen der Tests eine kurze, unvollständige Geschichte lesen, und danach präsentierte man ihm fünf Textpassagen, die er im Hinblick darauf einordnen sollte, ob sie als Fortsetzung für die inkomplette Story in Frage kamen. Die Nuss-Esser erzielten dabei eine um 11,2 Prozent bessere Trefferquote als die reinen Bananenbrotesser. Man könnte ihnen also getrost einen Krimi geben, in dem die Auslösung am Schluss fehlt: Vermutlich erkennen sie trotzdem, wer der Täter ist.

Die ohnehin wie ein Mini-Modell des Gehirns aussehende Walnuss schärft also den Verstand. Bleibt die Frage nach den chemischen Grundlagen für diesen Effekt. Die Antwort: Die Walnuss enthält ein Konzentrat an bioaktiven Stoffen, die sich auf ihrem Weg durch den Körper nicht irgendwo verlieren, sondern es bis ins Gehirn schaffen. Wie etwa Kupfer, Vitamin E, das Schlafhormon Melatonin und Alpha-Linolensäure, die den Rohstoff für die Synthese mehrfach ungesättigter Fettsäuren bildet, die das Gehirn für rasche und fehlerfreie Signalwege benötigt. Jüngste Studien rücken aber Substanzen in den Fokus, die man sonst eher mit Schokolade, Rotwein und grünem Tee verbindet: die Polyphenole.

Diese früher als Gerbsäuren bezeichneten Stoffe gelten als wirkungsvolle Radikalfänger. Sie schützen also den Körper vor dem oxidativen Stress, der durch chemisch aggressive Substanzen – eben die freien Radikale – entsteht. Die Walnuss enthält bis 25 Milligramm Polyphenole auf einem Gramm. Das verschafft ihr, wie Ernährungswissenschaftlerin Maria Izquierdo-Pulido von der Universität Barcelona ausgerechnet hat, „Rang sieben auf der Liste der polyphenolreichen Lebensmittel“. Deutlich vor Rotwein und Apfelsaft – und nur knapp hinter dem grünem Tee.

Nicht zuletzt aufgrund ihrer antioxidativen Eigenschaften trauen Wissenschaftler der Walnuss auch zu, den Verlauf von degenerativen Hirnerkrankungen wie Demenz und Parkinson bremsen zu können. Untermauert wird das bislang zwar nur durch Experimente an Mäusen. Doch vor zwei Jahren endete eine zweijährige Studie, in der man 708 Menschen entweder mit rund 50 Gramm Walnüssen pro Tag oder aber nussfrei ernährte. Noch sind nicht alle Daten ausgewertet, aber Studienleiter Joan Sabate von der Loma Linda University in Los Angeles rechnet mit einer Bestätigung dafür, „dass ein regelmäßiger Walnussverzehr den Ausbruch von altersbedingten Hirnleistungsstörungen nach hinten verschieben kann“.

Was man jetzt schon sicher weiß: Die Walnuss fördert, trotz ihres hohen Fett- und Kaloriengehalts, kein Übergewicht. Der Grund: Sie macht nachhaltig satt. An der Harvard Medical School in Boston schaute man per MRT in die Gehirne von Probanden, denen man 50 Gramm Walnüsse kredenzt hatte. Sie entwickelten die stärksten Neuronenaktivitäten genau dort, wo die Appetithemmung erfolgt. Selbst Speisen mit hohem Fett- und Zuckergehalt, wie etwa Milchschokolade, verloren ihren Lockreiz. Was sogar bedeuten könnte, dass man per Walnuss-Diät letztendlich eher ab- als zunimmt.

Jedenfalls ist ihr hoher Fettgehalt kein Einwand mehr gegen die Walnuss. Und dies gilt auch für Schimmelpilze und ihre Gifte, unter denen sie viele Jahre zu leiden hatte. Stiftung Warentest veröffentliche Ende 2017 einen Bericht zu den Aflatoxinwerten in Hasel- und Walnüssen. Man entdeckte lediglich in einigen Haselnussmehlen geringe Schad­stoffspuren, in den ganzen Nüssen fand man hingegen: nichts. Weswegen die Verbraucherschützer nur dazu raten, „dass Hobbybäcker und andere Nussfreunde lieber ganze Kerne als gemahlene Nüsse kaufen sollten“.

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