Köln Vorläufiges Ende eines Kunst-Krimis

Köln · Drei Auktionshäuser sind beauftragt, den ersten Teil der Kunstsammlung des 2002 verstorbenen Arztes Gustav Rau zu versteigern. Um seinen Tod rankten sich Gerüchte – bis hin zur widerlegten Vermutung, er sei vergiftet worden.

Die Kunstsammlung des 2002 in einem Pflegeheim bei Stuttgart gestorbenen Arztes Gustav Rau macht nach langer Pause wieder von sich reden. Im Rheinland kennt man diese kostbare Kollektion vor allem aus den Ausstellungen, in denen das Arp-Museum Rolandseck dem Testament gemäß Teile der Öffentlichkeit vorstellt: atemberaubende Bilder aus der Spanne von Fra Angelico über Tiepolo bis zu Monet.

Dieser Teil der Sammlung, der 153 Werke umfassende sogenannte Kernbestand, muss – so lautet Raus letzter Wille – bis zum Jahr 2026 zusammenbleiben, dann darf das Kinderhilfswerk Unicef als Erbe ihn verkaufen.

Schon jetzt dürfen die übrigen, nicht minder bedeutenden Werke veräußert werden: 533 Gemälde, Skulpturen und kunsthandwerkliche Gegenstände, die bislang in Depots lagerten.

Unicef hat drei Auktionshäuser mit der Abwicklung beauftragt: Lempertz in Köln sowie Sotheby's und Bonhams in London. Zum Verkauf stehen herausragende Werke unter anderem von Fragonard, El Greco und Monet. Die Erlöse sollen nach dem Willen Raus an Kinderhilfsprojekte und in die Demokratische Republik Kongo gehen: an das von ihm gegründete Krankenhaus in Ciriri nahe der Provinzhauptstadt Bukavu.

Mit der bevorstehenden Auktion und der wahrscheinlich 2026 folgenden Versteigerung des Kernbestands geht ein Kunst-Krimi zu Ende, der drei Jahre vor dem Tod des Arztes begonnen hatte. 1999 hatte Rau Unicef als Erbe seiner mehrere hundert Millionen teuren Kunstsammlung eingesetzt. Daraufhin entbrannte ein Streit um die wertvolle Schenkung. Nachdem Rau einen Schlaganfall erlitten hatte, versuchten Menschen, die ihm nahe standen, den Mediziner zu entmündigen und damit die Schenkung an Unicef zu verhindern. Nach dem Tod des Sammlers sahen sich die Generalbevollmächtigte und der Privatsekretär gar dem Vorwurf des Totschlags ausgesetzt. Raus Vertraute standen im Verdacht, sie hätten ihn vergiftet. Es kursierten Gerüchte, der Sammler habe von seiner Vertrauten und Generalbevollmächtigten am Vorabend seines Todes Alkohol erhalten. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart stellte jedoch ihre Ermittlungen ein.

Damit war der Fall aber nicht beendet. Da Gustav Rau einander widersprechende Testamente hinterlassen hatte, entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe, dass Unicef die Sammlung vorerst nicht verwerten durfte. Nach jahrelangem Rechtsstreit erwirkte die Unicef-Stiftung 2008 doch die Herausgabe des Erbscheins. Seitdem ist sie alleinige Erbin der Sammlung, die Rau 1997 der liechtensteinischen Crelona-Stiftung übereignet hatte.

Jetzt also beginnt Unicef, die Sammlung zu Geld zu machen – eine Sammlung, die Rau zusammentrug, fast ohne Berater in Anspruch zu nehmen. Er selbst, der unverheiratete, kinderlose Industrie-Erbe, der ein Leben in größter Bescheidenheit führte, hat von seinen Kunstschätzen wenig profitiert. Sie lagerten in Depots, während er bis Mitte der 90er Jahre als Kinderarzt in Afrika arbeitete und danach erst in Monaco, später in einer Klinik bei Stuttgart lebte. An den Wänden seines Wohnzimmers, so ist es überliefert, hingen immer nur Porträts seiner Eltern. Gelegentlich stellte er anonym Leihgaben für Ausstellungen zur Verfügung. Erst eine internationale Tournee der Sammlung vor zwölf Jahren offenbarte der Welt deren Bedeutung.

Unmittelbar profitiert heute das Arp-Museum in Remagen von Raus Schätzen. Seit das Land Rheinland-Pfalz 2008 einen Kooperationsvertrag mit der Stiftung Unicef abschloss, gewährt das Museum regelmäßig Einblick in Teile der Kollektion. Gründungsdirektor Klaus Gallwitz fädelte diesen Handel ein und rettete das Arp-Museum damit vor der künstlerischen Bedeutungslosigkeit. Denn der Coup gelang ihm zu einer Zeit, als die Arp-Sammlung des Hauses aufgrund eines Streits um womöglich unerlaubte Nachgüsse von Arp-Skulpturen nach dem Tod des Bildhauers in Verruf geraten war.

(RP)
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