Theaterfestival Sibylle Berg und Rainald Goetz bei Mülheimer Theatertagen

Der weibliche Blick, ein Historiendrama und Familienerinnerungen sind in der Auswahl für das Festival „Stücke“. Die Veranstalter hoffen auf die Möglichkeit von Live-Aufführungen im Mai.

 Die besten Uraufführungen der vergangenen Saison in den Wettbewerben „Stücke“ und „Kinderstücke“ sollen im Mai in Mülheim auf die Bühne kommen.

Die besten Uraufführungen der vergangenen Saison in den Wettbewerben „Stücke“ und „Kinderstücke“ sollen im Mai in Mülheim auf die Bühne kommen.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Dass das Theater einen langen Atem braucht, um gute Stoffe zu entwickeln, wurde bei der Ankündigung der diesjährigen Mülheimer Theatertage „Stücke“ deutlich: „Es gibt zwar erste Corona-Stücke“, sagt Eva Behrend aus dem Auswahlgremium der Inszenierungen zeitgenössischer Dramen, „aber man merkt ihnen an, dass es nicht viel Zeit für die Entwicklung gab, dass sie oft schon Wochen später nicht mehr aktuell wirken.“ Deshalb sind es zwei andere thematische Säulen, die bei den sieben deutschsprachigen Stücken im Vordergrund stehen, die aus 87 pandemiebedingt teils auf Video gesichteten Stücken ausgewählt wurden.

„Zum einen ist es das Thema weibliche Perspektiven und Feminismus“, sagt Eva Behrend. Teilweise werde Feminismus darin allerdings selbst schon wieder kritisch beleuchtet, gerne mit komischen Einschlag: „Die Komödie scheint das Genre der aktuellen Autorinnen zu sein.“ Der zweite Komplex wird beherrscht von Geschichte, historischer Betrachtung und Rekonstruktion vergangener Ereignisse – immer im Hinblick auf aktuelle Tendenzen wie Rechtsextremismus, Populismus.

Nominiert ist etwa Ewelina Benbenek mit ihrem Theaterdebüt „Tragödienbastard“, das im Schauspielhaus Wien uraufgeführt wurde. Es geht um Familienerinnerungen, den „wütenden Gedankenstrom einer um ihre Sprache und ihren Platz in der Welt ringenden Protagonistin“, wie es in der Ankündigung heißt. Wieder dabei ist auch Sibylle Berg, die den Mülheimer Dramatikpreis schon zweimal gewonnen hat. „Und sicher ist mir die Welt verschwunden“ ist „der letzte Teil ihrer Tetralogie über ein radikal zeitgenössisches Frauenleben“, wie die Auswahljury verlauten ließ.

Eine Aufarbeitung jüngster Geschichte ist „Reich des Todes“ von Rainald Goetz, der das erste Mal nach 22 Jahren wieder ein textmächtiges Theaterstück geschrieben hat. Laut Eva Behrend ist es „ein Historiendrama und Schlachtgemälde über die USA nach dem 11. September, mit Elementen von der Hanswurstiade bis zum Essay“. Inszeniert hat es Karin Beier in Hamburg. Fünf weitere Stücke wurden im Kinderstücke-Wettbewerb nominiert. Wieder dabei ist unter anderem das Grips Theater Berlin mit „Das Leben ist ein Wunschkonzert von Esther Becker und auch Dea Loher hat ein Kinderstück geschrieben.

Bisher hat das Team des Festivals, das vom 8. bis 29. Mai stattfinden, soll keinen Spielplan veröffentlicht. Leiterin Stephanie Steinberg sagt: „Wir müssen die Bekanntgabe so lange hinauszögern wie es möglich ist, um alles zu berücksichtigen, was sich in der aktuellen Lage von Woche zu Woche verändert.“ Onlineformate seien geplant, und es existiere ein Plan B, der keine Live-Aufführungen beinhalte.

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