Aschermittwoch im Dom mit Kardinal Woelki Ein Jahr Rücktritt

Analyse | Köln · In einem Fasthirtenbrief bot Kardinal Rainer Maria Woelki dem Papst vor einem Jahr seinen Rücktritt an. Eine Entscheidung steht bis heute aus. Am Aschermittwoch wird Woelki im Dom wieder das Aschekreuz erteilen.

Kardinal Rainer Maria Woelki beim Gedenkgottesdienst für den verstorbenen Papst Benedikt XVI. im Kölner Dom.

Kardinal Rainer Maria Woelki beim Gedenkgottesdienst für den verstorbenen Papst Benedikt XVI. im Kölner Dom.

Foto: dpa/Henning Kaiser

Die Uhren der katholischen Kirche ticken oft langsam, und manchmal scheinen sie gänzlich still zu stehen. Wie im Erzbistum Köln, wo am Mittwoch im Dom Erzbischof Rainer Maria Woelki traditionell das Aschekreuz erteilen und anschließend zu Empfang und Fastenessen ins nahgelegene Maternushaus einladen wird. Alles wie gehabt. Genau das ist das Sonderbare. Denn es war der Aschermittwoch vor genau einem Jahr, als Kardinal Woelki nach päpstlich verordneter fünfmonatiger Auszeit nach Köln heimkehrte und in einem Fastenhirtenbrief nicht ganz unerwartet dies erklärte: dass er dem Heiligen Vater seinen Dienst und sein Amt als Erzbischof von Köln zur Verfügung stellt, „so dass auch er frei ist, zu entscheiden, was dem Wohl der Kirche von Köln am meisten dient“. Im Klartext: Nachdem im Erzbistum der Vertrauensverlust in Bistumsleitung und ihren Kardinal derart groß geworden war, Papst Franziskus im Sommer 2022 zwei Apostolische Visitatoren nach Köln entsandt und wenige Monate später Weihbischof Rolf Steinhäuser als Übergangsverwalter eingesetzt hatte, bot Woelki am Aschermittwoch seinen Rücktritt an.

Darüber hatte Papst Franziskus dann zu entscheiden, exakter: hätte entscheiden sollen. Denn bis heute gibt es keinen Hinweis darauf, wie es um die Zukunft des Erzbischofs in Köln bestellt sein könnte. Er wolle sich nicht drängen und nicht unter Druck setzen lassen wollen, erklärte der Pontifex immer wieder, ungeachtet des Umstandes, dass der Druck in Köln zumindest seither nie kleiner wurde. Das Erzbistum ist weiterhin tief gespalten, und die Austrittszahlen bei beiden christlichen Kirchen liegen für ganz NRW auf Rekordniveau: Mehr als 155.000 Austritte waren es 2021 und mehr als 223.000 im vergangenen Jahr. Dabei schauen viele vor allem auf Köln, und die rheinische evangelische Landeskirche deutet ihre hohen Austrittszahlen im Stadtgebiet Köln als eine Art „ökumenische Mithaftung“.

Im Grunde hätte das Rücktrittsangebot kirchenrechtlich längst vom Tisch sein müssen. Denn danach muss Franziskus über ein Rücktrittsgesuch innerhalb von drei Monaten entscheiden. Das aber tat er nicht. Das Gesuch ist damit in gewisser Weise hinfällig; nicht aber die Option des Papstes, den Kölner Kardinal abzuberufen, weil der Papst über dem Recht steht und an Fristen nicht gebunden ist. Er ist frei, Bischöfe abzurufen, wenn er etwa zu der Überzeugung gelangt, dass das Verhältnis zwischen Kirchenvolk und Bischof dauerhaft zerrüttet ist.

Rücktrittsaufforderungen an Kardinal Woelki hat es insbesondere aus Kreisen der Laien in den zurückliegenden Monaten immer wieder gegeben – etwa zu den staatsanwaltlichen Ermittlungen, Woelki habe eine falsche Versicherung an Eides Statt abgegeben oder auch den Debatten rund um die Kölner Hochschule für katholische Theologie.

Verändert hat sich im Erzbistum ungeachtet der Personalie, dass mit Guido Assmann ein neuer Generalvikar als Stellvertreter des Erzbischofs berufen wurde, kaum etwas. In der Weltkirche dagegen schon. So startete der synodale Prozess, den Papst Franziskus ins Leben rief und der sich zunehmend wie eine Gegenveranstaltung zum Synodalen Weg hierzulande ausnimmt. Das erste Treffen der Delegationen von 39 Bischofskonferenzen in Prag hatte zuletzt bei vielen für Ernüchterung gesorgt. Statements waren vor allem verlesen worden, kommuniziert wurde wenig und diskutiert kaum. Noch deutlicher aber ist die Erklärung Roms, die Einrichtung eines Synodalen Rats in Deutschland, mit dem Reformdebatten am Leben gehalten werden soll, zu verbieten; was die Zustimmung unter anderem von Kardinal Woelki gefunden hatte.

Mit dem Druck auf die Reformer in Deutschland und ihrem möglichen Scheitern lässt der Druck auf den Kölner Erzbischof merklich nach. Denn in ihm findet der Vatikan einen Kardinal auf vatikanischem Kurs in den Reihen einer katholischen deutschen Kirche, die zwar nicht groß und nicht bedeutsam ist, mitunter aber unberechenbar zu sein scheint.

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