Von Salzburg nach Düsseldorf „Bei Koproduktionen sparen wir sechsstellig“

Düsseldorf · Wenn Inszenierungen reisen: Der Generalintendant der Rheinoper über die Zusammenarbeit der großen Opernhäuser weltweit.

 Orpheus geigt für Eurydike, John Styx ist verwirrt  Szene aus dem Salzburger Offenbach-Abend.

Orpheus geigt für Eurydike, John Styx ist verwirrt  Szene aus dem Salzburger Offenbach-Abend.

Foto: Monika Rittershaus/SF

Einen schönen Abend hatten neulich die Besucher der Salzburger Festspiele, die Offenbachs Operette „Orpheus in der Unterwelt“ als intelligentes, auch deftiges Kabinettstück erlebten. Im Programmheft stand: Koproduktion mit der Komischen Oper Berlin und der Deutschen Oper am Rhein. Christoph Meyer, Generalintendant der Rheinoper, erklärt den Sinn von Koproduktionen.

Von wem ging diese Zusammenarbeit aus?

Meyer In diesem Fall von Barrie Kosky, dem Regisseur und Intendanten der Komischen Oper. Mit ihm arbeiten wir schon länger zusammen, unsere großartige „Zauberflöte“ stammt von dort. Dabei handelt es sich allerdings um eine Ausleihe keine Koproduktion. Wir haben das Bühnenbild und die Kostüme selbst hergestellt und sind nebenbei das einzige Haus, das diese Produktion in Deutschland in dieser genialen Version spielen darf.

Sie kennen Kosky gut?

Meyer Ja, sehr gut. Er leistet in Berlin fantastische Arbeit. Mit der Komischen Oper haben wir Händels Oper „Xerxes“ koproduziert, später kam der Doppelabend „L’enfant et les sortilèges“ (Ravel) und „Petruschka“ (Strawinsky) dazu. Die Kostenverteilung lag in diesem Fall bei 60 Prozent (Komische Oper) und 40 Prozent (Rheinoper). Bei einem eventuellen Verleih der Produktion an ein drittes Haus errechnet sich hieraus auch der Abschöpfungsschlüssel, der dann auf Berlin und uns entfällt.

Wie läuft die Verabredung konkret ab?

Meyer Man spricht im Vorfeld über die Konzeption, vergleicht die Bühnenmaße und die zeitlichen Terminierungen und errechnet die Kosten, die unter den Partnern aufgeteilt werden.

Wird „Orpheus“ hier nachgebaut?

Meyer Nein, denn das wäre ja nicht der Sinn einer Koproduktion. Bühnenbild, Kostüme und Requisiten gehen alle von Salzburg erst nach Berlin und dann zu uns. Die Bühnenmaße sind mit unseren Häusern kompatibel. Letztlich ist dies ja auch das Prinzip der Theatergemeinschaft Düsseldorf-Duisburg. Wir müssen alles für beide Häuser konzipieren, sonst würde es deutlich höhere Kosten verursachen.

Ist die Rheinoper eine permanente Koproduktion mit sich selbst?

Meyer Das könnte man so sagen, diese einzigartige Kooperation zweier Städte ist ja schon aus Gründen der Wirtschaftlichkeit perfekt. Nur durch die Theatergemeinschaft Düsseldorf-Duisburg ist eine Vielfalt des Angebots in beiden Städten gewährleistet. Mit Köln beispielsweise würde eine solche Opernehe nie funktionieren, da die dortige Bühne wesentlich größer ist.

„Orpheus“ ist ein Husarenstreich. Schimpft keiner, dass die Produktion schon anderswo gezeigt wurde, wenn sie im Frühjahr 2022 an den Rhein kommt?

Meyer Die Zahl der Rheinländer, die „Orpheus“ schon in Salzburg oder dann 2021 in Berlin gesehen haben werden, dürfte gering sein. Zudem ist diese Produktion so außergewöhnlich, dass man sie sich mehrfach anschauen kann.

Gibt es eine Börse für Koproduktionen?

Meyer Neben vielen persönlichen internationalen Kontakten gibt es zweimal jährlich bei der „Opera Europa Konferenz“ die Gelegenheit, sich mit Intendanten der großen Häuser zusammenzusetzen und Produktionen anzubieten.

Und der zeitliche Vorlauf?

Meyer Das hängt natürlich von vielen Faktoren wie etwa Werkstattzeiten, Verfügbarkeiten des Leitungsteams und den Spielzeitplanungen der Häuser ab. Bei besonders gefragten Regisseuren wie Stefan Herheim, Barrie Kosky oder Michael Thalheimer kann es Planungsvorläufe von fünf, sechs Jahren geben.

Gibt es eine Koproduktion in der kommenden Spielzeit?

Meyer Ja, Verdis „Macbeth“, den Michael Thalheimer inszeniert hat, ist eine Kooperation mit Antwerpen, so wie ja auch der erfolgreiche „Otello“in der letzten Spielzeit.

Eine übrigens grandiose Produktion.

Meyer Ja, und keiner hat sich beschwert, dass die schon 200 Kilometer weiter westlich zu sehen war.

Es kommen zur hiesigen Premiere nur ein paar Musikkritiker weniger.

Meyer Das kann passieren, aber das gleicht sich dann auch wieder aus, wenn wir demnächst wieder eine Koproduktion mit Erstaufführung bei uns machen.

Wie viel spart man durch eine Koproduktion?

Meyer Das ist unterschiedlich, manchmal sind es sechsstellige Beträge, die für Bühnenbild und Kostüme zusammenkämen, wenn man alles in den eigenen Werkstätten anfertigen müsste. Wir hatten vor ein paar Jahren diesen schönen „Don Giovanni“, den Karoline Gruber inszeniert hat. Der kam aus Tokio, wo er gebaut wurde, dann ging alles aufs Schiff und ist seitdem in unserem Repertoire. Unsere „Turandot“- Koproduktion mit Taiwan hat dort gerade das neue Opernhaus in Kaohsiung eröffnet.

Haben Koproduktionen auch den Vorteil, dass es dann irgendwie in der Nähe oder der Ferne noch Mitwirkende gibt, die diese Produktion sehr gut kennen?

Meyer Unbedingt, ein nicht unwichtiger Aspekt. Das kommt tatsächlich häufiger vor. Nehmen wir nochmal Barrie Koskys „Zauberflöte“, die inzwischen als die erfolgreichste Opernproduktion der Welt gilt. Sie läuft in New York, China, Moskau, Los Angeles oder Melbourne. Insgesamt wurde diese Produktion bisher von etwa einer halben Million Menschen in 30 Städten in 22 Ländern gesehen. Viele unsere Sänger, die die Produktion hier schon gesungen haben, sind schon anderswo eingesprungen, um dort einen kranken Kollegen zu vertreten. Unsere eigene „Zauberflöten“-Dekoration wurde übrigens gerade nach Taiwan verschifft und reist anschließend nach Houston. Dafür bekommt die Rheinoper jeweils Ausleihgebühren, die pro Abend fünfstellig sind.

Im Salzburger „Orpheus“ gab es den wunderbaren Max Hopp, der den John Styx als gerissenen Conférencier im Stil eines Stimmenimitators spielte. Wer soll ihn hier ersetzen?

Meyer Wir arbeiten gerade sehr daran, dass Max Hopp 2022 zu uns kommt.

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