Vom alltäglichen Grusel in der amerikanischen Vorstadt

Zombies, durstige Vampire, hungrige Aliens – das Kino erfindet gern Schauermärchen, um uns wohlige Angst einzujagen. Aber nirgends im amerikanischen Kino blüht der realistische Horror so schön wie in der Vorstadt. Hinter penibel gestutzten Hecken und weißen Garagentoren geht der Durchschnittsamerikaner täglich durch die Hölle.

Nun blickt Regisseur Julian Farino in die gespaltene Persönlichkeit der US-Mittelschicht. Seine Independentkomödie "Die Tochter meines besten Freundes" fällt im Advents-Kinoprogramm angenehm aus dem Rahmen. Es weihnachtet sehr in Orange, New Jersey. Die Lichterketten in den Vorgärten sind vermutlich noch vom Mond aus zu erkennen. Hier wohnt David, dargestellt von Hugh Laurie, mit seiner von Catherine Keener gespielten Frau Paige. Ihre Ehe ist tot, aber so etwas merkt keiner. Nur Tochter Vanessa (Alia Shawkat) bezeugt die Entfremdung, ein dickliches, trübsinniges Mädchen.

Der Zuschauer erlebt das Nahen der Katastrophe überwiegend aus Vanessas Perspektive. Angewidert beobachtet sie, wie die Mutter abends den Sternsingerchor dirigiert, während der Vater sich in der Gartenlaube betrinkt. Tagsüber Barbecue und Joggen mit den eng befreundeten Ostroffs von gegenüber, die sich auch nicht mehr viel zu sagen haben. Langeweile liegt in der Luft, mühsam übertüncht mit Smalltalk.

Als Ostroffs hübsche Tochter Nina (Leighton Meester) von einer Weltenbummelei nach Hause kommt, passiert, was nicht passieren darf. David beginnt eine Affäre mit Nina und sprengt das Idyll in tausend Stücke. Entspannt erzählt der Film von Einfamilienhäusern, die längst zu Gefängnissen wurden und von der Sehnsucht, dem Einerlei zu entkommen. Dass die Handlung nicht ins Banale kippt, ist weniger dem Drehbuch als den Darstellern zu verdanken. Oliver Platt ist wunderbar tragikomisch als Nachbar; und Catherine Keener berührt als verletzte Ehefrau, die am Ende mit bemerkenswerter Würde die eigene Lichterketten-Gartendeko demoliert. Nur Hugh Laurie nimmt man den Verliebten nicht so recht ab. Aber Davids verbotene Liebe ist ohnehin nur das Vehikel für die eigentliche Geschichte: von einem, den es gruselte in der Vorstadt. lll

(RP)
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