Umea Umeå ist Europas Kulturmetropole

Umea · Schwedens "jüngste" Stadt ist weltoffen und ein pulsierendes Oberzentrum.

Als mit dem kleinen, nur 117 000 Einwohner zählenden Umeå im schwedischen Norrland nach 16 Jahren erstmals wieder eine schwedische Stadt zur Kulturhauptstadt 2014 gekürt wurde, schüttelten viele Schweden nur den Kopf: Ausgerechnet Umeå?

Das am 67. Breitengrad Nord liegende, von den weiten Wäldern des Norrlands umschlossene Umeå ist in der Tat auf den ersten Blick wenig attraktiv. Im Winter ist die Stadt monatelang wie in Dunkelheit getaucht. Die aus Holzhäuschen bestehende Innenstadt ist sehr schnell begangen, es folgt eine Brücke zur 1965 errichteten Universität und dem aus derselben, architektonisch eher deprimierenden Zeit stammenden Viertel der Studentenwohnheime.

Doch in Umeå ist man selbstbewusst. Unter dem Motto "Mitgestaltung, Neugier und Leidenschaft" will die Stadt das Kulturjahr 2014 begehen. Das ist tatsächlich berechtigt. Denn unter der Oberfläche brodeln Engagement und Kultur. In der rund acht Autostunden nördlich von Stockholm liegenden Stadt ist jeder Dritte Student. Das macht die Stadt zur durchschnittlich jüngsten Schwedens. Es gibt nahezu alles, was es in richtigen Großstädten an kulturellem Aufgebot auch gibt: fantasievolle Motto-Feste an Kunsthochschulen, eine weit über die Grenzen Schwedens bekannte Musikszene, politisches und kulturelles Engagement, das noch an die 1960er Jahre andernorts in Europa erinnert.

Mit den Umeå Open beheimatet die Stadt auch das größte Indoor Musikfestival Schwedens. Und es gibt die ausgelassenen Sommermonate, in denen die Sonne gar nicht mehr untergeht und bis in den frühen Morgen im Wald getanzt und musiziert wird.

Das ist allerhand für so wenig Einwohner und eine ansonsten doch recht konservative wirtschaftliche Rahmenstruktur der traditionellen Arbeiterstadt mit ihrer Auto-, Transport- und Holzindustrie. Das auf Chancengleichheit setzende Bildungssystem hat dafür gesorgt, dass in diesem ländlichen Raum die Kinder der früheren Arbeitergenerationen zumeist akademisch und kulturell sehr gebildet sind und oft in kreativen Bereichen arbeiten.

Ein wichtiger Fokus des Kulturjahres 2014 ist die Kultur der Rentierwirtschaft betreibenden Samen. Der Kalender der teils noch immer sehr traditionell lebenden sogenannten "indigenen" Urbevölkerung soll das Jahr 2014 bestimmen. Es wird nicht in die üblichen vier, sondern in die acht Jahreszeiten der Samen eingeteilt. Da gibt es noch einen Herbstwinter, die Eisschmelze und ähnliches. Im März finden die Sami-Woche und ein Mitternachts-Tangofestival statt.

Von dem Budget für das Kulturhauptstadtjahr von 410 Millionen schwedischen Kronen (46 Millionen Euro) sind 50 Millionen ausschließlich für die Sami eingeplant. Umea teilt sich den Titel Kulturhauptstadt Europas 2014 mit der lettischen Hauptstadt Riga im Baltikum.

(RP)
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