Buß-und Bettag Über Buße reden kann ein erster Schritt zur Freiheit sein

Düsseldorf · Die Evangelische Kirche begeht auch 25 Jahre nach seiner Abschaffung heute den Buß- und Bettag. Es bleibt ein Feiertag, den Christen in Abendgottesdiensten feierlich begehen wollen – gerade in der Corona-Krise.

 Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Heinrich Bedford-Strohm.  Foto: dpa

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Heinrich Bedford-Strohm. Foto: dpa

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Schon der Name klingt irgendwie altbacken: „Buß- und Bettag“. Am Mittwoch vor dem Ewigkeitssonntag begehen evangelische Christen in Deutschland traditionell einen Tag der Buße und des Gebets. Seit 1532 gibt es dieses Fest, damals wurde der Buß- und Bettag im protestantischen Straßburg erstmals eingeführt. Und bis heute ist der Tag im Bundesland Sachsen ein arbeitsfreier Feiertag. In allen übrigen Ländern wurde der Buß- und Bettag 1995 zur Finanzierung der Pflegeversicherung offiziell gestrichen. Was zahlreiche Kirchengemeinden im Rheinland freilich nicht davon abhält, den Tag mit Gottesdiensten für Schülerinnen und Schüler oder Abendgottesdiensten dennoch feierlich zu begehen – gerade auch in der Corona-Krise.

„Der Buß- und Bettag ist ein Tag, an dem wir mit all unserer Angst, mit all unseren Fragen, mit all unserem Nichtkönnen zu Jesus kommen können“, sagt der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Heinrich Bedford-Strohm. Erst am Montag hatte er zusammen mit dem Berliner Theologieprofessor und Akademiepräsidenten Christoph Markschies einen theologischen Grundlagentext zu den Kernthemen dieses Tages vorgestellt: Unter der Überschrift „Sünde, Schuld und Vergebung aus Sicht evangelischer Anthropologie“ betont der Text die Rolle von Gottesdiensten. „Aus christlicher Sicht kann von Sünde und Schuld nicht geredet werden, ohne sie im Licht der Vergebung wahrzunehmen“, sagte Markschies. „Der zentrale Ort ist hierfür der Gottesdienst.“ Wichtig ist dem EKD-Ratsvorsitzenden, dass sich der Begriff der „Sünde“ im Protestantismus gewandelt habe. Man dürfe ihn nicht moralistisch sehen, so wie früher, als die Kirche Sündern drohte. Ebenso wenig dürfe er aber verniedlicht werden, wie es etwa im Karnevalsschlager „Wir sind alle kleine Sünderlein“ geschieht. Sünde sei ein „Beziehungsbegriff“, ein Begriff, der beschreibe, was die Menschen von Gott trenne. Das gelte vor allem für Menschen, die nur auf sich selbst und nicht auf andere Menschen schauten: „Wie viele Beziehungen, wie viele Ehen könnten noch bestehen“, wenn Menschen nicht nur auf sich selbst geschaut hätten, fragte Bedford-Strohm. Das Reden über Buße könne da der erste Schritt zur Freiheit sein. „Der Buß- und Bettag ist der Tag der Ehrlichkeit gegenüber uns selbst“, sagte Bedford-Strohm.

Der rheinische Präses Manfred Rekowski, der am Buß- und Bettag einen ökumenischen Gottesdienst zusammen mit dem Trierer Bischof Stephan Ackermann im Hohen Dom zu Trier feiern wird, betont ebenfalls den Buß- und Bettag als Chance zur Umkehr. In der Zeit der reduzierten Kontakte, der verbotenen Familienfeiern und der geschlossenen Restaurants wünsche sich mancher nur eins: Dass alles möglichst schnell wieder so wird wie vor der Pandemie, sagt Rekowski. Am Buß- und Bettag stelle sich aber die tiefergehende Frage Jesu: „Wollt ihr gesund werden? Wollt ihr aus der Krise lernen? Wollt ihr wenigstens kleine Schritte der Umkehr gehen?“ Was das am Buß- und Bettag 2020 praktisch bedeutet? Milliardenschwere Hilfsprogramme sollten nicht nur für die Folgen der Corona-Krise geschaffen werden, sagt Rekowski. Vielmehr sollte es auch für die Flüchtlingskrise und die Klimakrise sollte es trotz hoher Kosten „eine schnelle und wirksame Abwehr“ geben.

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