Aktion Maria 2.0 Ein Thesenanschlag als Weckruf

Meinung · Mit sieben Thesen machte die Reforminitiativevon Maria 2.0 am ersten Fastensonntag auf sich aufmerksam. Wie Martin Luther vor über 500 Jahren hefteten die Frauen ihre Thesen an Kirchenpforten.

Vielleicht ist dieser Thesenanschlag der ­Initiative Maria 2.0 an katholische Kirchenpforten überall im Land eine zu provokante Aktion gewesen. Vielleicht sind die dabei aufgestellten Forderungen auch nach Weiheämtern für Frauen zu radikal. Und vielleicht ist das inmitten der schleppenden, bisweilen gründlich misslungenen Missbrauchsaufklärung in der katholischen Kirche sogar der falsche Zeitpunkt gewesen. Doch vielleicht sind andere, irgendwie erfolgversprechendere Wege gar nicht mehr möglich in einer Kirche, durch die inzwischen „tiefe Risse“ gehen. Diese Formulierung stammt nicht aus dem Kreis der Reformerinnen, sondern vom Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki.

Inzwischen mangelt es ja nicht an Einsichten, dass es an vielen Stellen Handlungsbedarf gibt; viel kleiner formuliert: vor allem Gesprächsbedarf. Das Fehlen eines wirklich offen geführten Dialogs ist das ursächlich Lähmende in der Kirche; daran vermag auch der Synodale Weg derzeit noch nicht allzu viel zu ändern. Und selbst jenen Gläubigen, die ihrer Kirche nicht den Rücken kehren, platzt zunehmend der Kragen. Zu groß ist ihre Frustration.

Der Ruf nach Rücktritten ist beliebt, doch klingt er oft nur nach schneller Genugtuung. Die Kirche ist nicht der Bischof, nicht der Kardinal und nicht einmal der Papst. Die Kirche ist und bleibt die Gemeinschaft der Gläubigen. Wer sie ignoriert, kehrt dieser Kirche den Rücken. Einer Kirche, die uns nach wie vor so viel zu sagen hat. Einer Kirche, deren Botschaft seit mehr als 2000 Jahren ungebrochen revolutionär ist. Aber auch einer Kirche, die viel zu sehr und viel zu lange ausschließlich mit sich selbst beschäftigt ist.

Der Anschlag der Thesen von Maria 2.0 ist keine verbitterte Generalabrechnung. Es wäre gut, ihn als einen Weckruf zu verstehen.

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