Online-Theaterlesung Sagt der Walfisch zum Thunfisch
Hier kommt eine neue Folge der Theaterpost, gemeinsam mit dem Jungen Schauspiel Düsseldorf.
Das Ensemble der Inszenierung präsentiert von Dienstag, 14. April, bis zum Sonntag, 19. April, die erste Online-Theaterlesung von »Sagt der Walfisch zum Thunfisch«.
Ich + Du
1. Male ein Bild: Das bin ich.
2. Denke an jemanden, die / den du gerade nicht treffen kannst. Vielleicht ein Familienmitglied oder eine*n Freund*in. Male auch diese Person.
3. Überlege:
Welche Unterschiede gibt es zwischen euch?
Was für Gemeinsamkeiten habt ihr?
Was verbindet euch?
4. Schreibe oder male dieser Person einen Brief. Du kannst darin erzählen, was du dir bei diesen Mitmachtipps überlegt hast oder wie deine Tage im Augenblick aussehen oder eine Fantasiegeschichte oder ... Wenn du magst, kannst du uns auch diese Geschichte oder dieses Bild gerne schicken. Die Adresse lautet: kultur@rheinische-post.de
Viel Spaß!
Hörst du’s?
Der Autor Carsten Brandau verwendet in »Sagt der Walfisch zum Thunfisch« neben bekannten Worten auch eigene Worterfindungen, die ein Gefühl oder ein Geräusch ausdrücken.
Sprich sie einmal laut aus. Wie klingt das? Welche Worte klingen schön zusammen?
Erfinde eigene Worte für Gefühle, die du kennst.
Versuche Geräusche als Wort auszusprechen und schreibe sie auf. Wenn du noch nicht schreiben kannst, bitte jemanden sie für dich aufzuschreiben. Oder male die Geräusche.
Wie die Schauspieler*innen sie aussprechen, kannst du von Dienstag, 14. April bis Sonntag, 19. April im D’mag des Düsseldorfer Schauspielhauses unter www.dhaus.de/blog anhören. Dort lesen sie das ganze Stück für dich.
Regenworte sammeln
Sammle möglichst viele Worte, die Regen enthalten: Regenschirm, Regenjacke, Regenwolke, Regenwurm, Regentanz …
Regentanz erfinden
Nimm dir einen Regenschirm und erfinde einen Regentanz. Strecke den Regenschirm nach oben, rechts, links, trete einen Schritt nach vorn …
Der Klang der Arche
Ein Schiff, auf dem alle (Kuscheltiere, Eltern, Geschwister ...) Platz finden. Du kannst Stühle, Matten oder Kissen verwenden. Nun geht sie los, die Fantasiereise durch die stürmische Flut. Wie klingt der Regen? Plätschert das Wasser? Wie hören sich die Wellen an, die sich am Schiff brechen? Heult der Wind? Erzähle dir selber (oder anderen) eine Geschichte mit all ihren Klängen. Wie klingt es draußen? Wie in der Arche?
Regenmythen
Das ist doch ein ganz al-al-alter Hut, ist das doch! — von Matin Soofipour
Plitsch-platsch. Plötzlich beginnt es zu regnen. Das Wasser steigt und reicht »Du« und »Ich« schon bald bis zum Bauch. »Du« und »Ich« müssen hier weg, ins Trockene. Da ist ein Schiff! Das ist die Rettung! »Du« und »Ich« wollen in das Schiff rein. Aber der Kapitän des Schiffs, Noe, besteht darauf, dass für »Du« und »Ich« kein Platz ist. Kein einziger. Denn in dieses Schiff kommen anscheinend nur Mu-mu-mu-mu-musiker rein!»
Sagt der Walfisch zum Thunfisch« erzählt eine neue Geschichte der alten Geschichte der großen Sintflut. Kennst du die Geschichte von der Arche Noah aus der Bibel oder dem Koran? Wusstest du, dass diese Geschichte in vielen Kulturen auf der ganzen Welt erzählt wird? Ich habe dir ein paar Geschichten ausgesucht, die dir deine Eltern vorlesen können.
Die Sumerer lebten vor etwa 5000 Jahren in Mesopotamien. Mesopotamien bedeutet Zweistromland, da das Land zwischen den Flüssen Euphrat und Tigris liegt. Heute ist Mesopotamien ein Teil des Irak. Dort hat man uralte Tontafeln gefunden, auf denen die Geschichte vom Helden Gilgamesch geschrieben steht. Das ist die älteste geschriebene Geschichte der Menschheit. Hier wird von einer großen Sintflut erzählt, die die ganze Erde überflutet hat. Nur ein einziger Mensch wusste, dass diese Flut kommen würde. Es war König Utnapischtim. Um das Überleben seiner Familie und der Tiere zu sichern, baute er ein riesiges Schiff, in dem alle Platz fanden.
Die Aborigines sind die Ureinwohner Australiens. Sie erzählen sich die Geschichte vom Großen Känguru. Als eine riesige Welle drohte, die Erde zu überfluten, hielt das Große Känguru gemeinsam mit allen anderen Tieren das Wasser zurück und beschützte so die Erde. Danach spuckte es alle Worte aus, die die Menschen sprechen sollten. So wurde das Große Känguru zum Schöpfer aller Töne, der Laute und Sprachen.
Die Hindus leben zum großen Teil in Indien. Sie erzählen, dass sich der Gott Vishnu in einen großen, goldenen Fisch verwandelte und den weisen Mann Manu besuchte. Er warnte Manu vor einer großen Flut und schickte ihm ein riesiges Schiff. Zusammen mit sieben Weisen und allen Tieren und Pflanzen fand Manu dort Schutz. Auf ihrer Reise durch die tosenden Fluten begleitete Vishnu das Schiff und erzählte Manu von allem, was er wusste. So schenkte er ihm sein Wissen. Dann zog er das Schiff bis hoch auf das Gebirge »Himalaya«. Manu wurde schließlich Vater aller Menschen auf der Erde.
Die Skandinavier, die im Norden leben, erzählen sich dieses Märchen: Bevor es die Erde und die Menschen gab, lebten die Riesen. Viele dieser Riesen waren böse, so wie Ymir. Es lebte aber auch ein guter Riese mit dem Namen Bergelmir. Als die Götter den bösen Ymir töteten, entstand eine riesige Welle und überschwemmte die Welt. Bergelmir und seine Frau suchten Schutz in einem ausgehöhlten Baumstamm und überlebten so als einzige die Flut. Aus ihren Kindern entstand ein neues Volk der Riesen.
Die Griechen, oder besser gesagt das alte Volk der Griechen, glaubten an viele Götter. Zeus war der höchste der Götter. Als Zeus sah, dass die Menschen böse waren, schickte er eine große Flut auf die Erde. Prometheus aber kam der Menschheit zu Hilfe. Er war gut und lehrte seinen Sohn Deukalion ein Schiff zu bauen. Als es heftig zu regnen begann, rettete sich Deukalion, gemeinsam mit seiner Frau auf das Schiff. Sie fuhren neun Tage und Nächte auf dem Wasser und waren die einzigen, die die Sintflut überlebten. Weil sie wollten, dass es wieder viele Menschen auf der Erde gibt, warfen sie Steine über ihre Schultern, aus denen dann Männer und Frauen wurden.
Die Chinesen erzählen von dem gelben Fluss Hoang-Ho, der zehn Jahre lang das Land überflutete und Tiere und Menschen wegschwemmte. Shun, der gute Mann, hatte genug davon und machte sich an die Arbeit. Er legte viele Äcker an, um die Fluten zu stoppen. Doch dauerte es noch zehn Jahre, bis er den Gelben Fluss besiegte. Die Menschen waren ihm so dankbar, dass sie ihn zum großen Kaiser des großen Landes Chinas machten.
Die Perser In der altpersischen Geschichte wird von dem König Dschemschid erzählt. Als er hörte, dass eine große Flut kommen sollte, grub er eine große Höhle tief unter der Erde und nahm 1000 Frauen, Männer und Kinder mit. Sie kamen erst wieder raus, als das Wasser verschwunden war.
Wenn du dich fragst, was sie die ganze Zeit da unten gemacht haben?
Dann verrate ich dir was: Sie haben sich gegenseitig Geschichten erzählt …
Frag doch mal deine Eltern, bestimmt können sie dir auch eine Geschichte von der großen Flut erzählen.
Bau eine Arche!
Du brauchst:
- 1 Eierkarton
- Schere
- Bastelfarbe
- Pinsel
- Tonpapier
- Bleistift
- Locher
- Alleskleber
- dünne Zweige oder Schaschlikspieße
- Faden
Die Farben für das Tonpapier und die Bastelfarbe kannst du dir natürlich selbst aussuchen. Du kannst auch Dinge, die du nicht hast, durch andere ersetzen. Löcher lassen sich auch mit der Schere bohren, Tonpapier kannst du durch weißes Papier oder Zeitung ersetzen.
- Schneide den Deckel des Eierkartons und den Rand mit der Schere gerade ab, ihn brauchst du nicht mehr.
- Mal den Eierkarton an. Nach dem Trocknen kannst du die Innenseite anmalen.
- Schneide jetzt Flagge und Segel aus. Dann stanzt du in die Segel jeweils oben und unten ein Loch.
- Fädele die dünnen Zweige oder Schaschlikspieße durch die Löcher der Segel und die der Flaggen und stecke die Maste in die Eierkartonzapfen.
- Jetzt kannst du noch kleine Dreiecke falten und um den Faden kleben. Anschließend vom Mast zu einer Ecke des Bootes spannen.
Fertig!
»Du« + »Ich« = »Wir«
Der Autor Carsten Brandau über die Begegnung mit dem Fremden und die Welt als Duo
Es beginnt immer mit der Einsamkeit, mit dem Alleinsein. Die Welt als Solo. Das Leben als Monolog, den niemand hört. Doch so bleibt es nicht. Denn jeder Anfang ist ein Aufbruch. Raus aus der Leere, hinein ins Licht – und plötzlich die Erkenntnis, dass ich da draußen ja doch gehört werde. Ich? Ja. »Ich« als Abgrenzung zu all dem anderen da draußen, zu all dem Fremden um mich rum, diesem Nicht-»Ich«, das sich mir Schritt um Schritt entgegenstellt, das sich zu mir gesellt, mich umgarnt, keineswegs ohne Hintergedanken – doch so weit bin ich noch nicht, noch ist diese Geschichte frei von Kalkül, frei von Macht und Verachtung.
»Ich« bin »Ich« – und ich bin nicht allein. Ich spreche meinen Monolog, doch von allen Seiten wird mir reingeredet. Mir wird beigepflichtet, ich werde korrigiert, Applaus von der einen Seite, Buhrufe von der anderen. Mir wird ein Bein gestellt, mir wird aufgeholfen, danke, Handschlag und Schulterschluss, was soll das!? Und so werde ich zwangsläufig wieder zurückgeworfen auf meine Einsamkeit. Auch wenn diese Welt alles andere als ein Solo sein mag, so muss ich doch das Gegenteil behaupten – »Mich« muss ich behaupten, mein »Ich«. Denn das ist meine zweite Erkenntnis: Die Welt ist meine Welt, ist »Mein« Solo – und in meinen Monolog lasse »Ich« mir nicht reinreden.
Doch bin ich nur so lange »Ich«, bis plötzlich »Du« mir dazwischenfunkst – und »Ich« mir von »Dir« dazwischenfunken lasse. Plötzlich schält sich aus all dem Fremden um mich rum ein Einzelnes heraus, das mir auf den ersten Blick gar nicht allzu fremd erscheint, das ich gewähren lasse, ich lass es mir gefallen. Ist ganz eindeutig Nicht-»Ich«, ist mir aber im Gegensatz zu all dem anderen ähnlich. Oder aber eben gerade nicht. Wie soll ich das denn ausdrücken? Wenn zwei Herzen sich gegenseitig den Takt schlagen. Wenn sich ihre Schläge miteinander verstricken. Ineinander verwirren. Dann kriegen »Du« und »Ich« sie nicht mehr auseinander. Mit »Dir« bin »Ich« dann »Wir«. »Dein« Monolog und »Meiner«, sie verhaspeln sich zu »Unserem« Dialog. Dann ist das die dritte Erkenntnis. Dann nennen wir es Liebe, wir blicken uns in die Augen, und wir fragen einander: Wer bin eigentlich »Ich«, wer von uns beiden bist »Du« – und warum bin »Ich« eigentlich für dich »Du«, während »Du« nur für dich »Ich« bist? Wenn es nach »Uns« gehen würde, dann dürfte die ganze Geschichte mit unserer Verwirrung und der dritten Erkenntnis, dass »Du« und »Ich« »Wir« sind, gerne zu Ende sein. Sollte sie sogar. Denn dann würde sie mit der Liebe enden. Tut sie aber nicht. Im Gegenteil. Sie geht schon wieder los. Die Geschichte, diese ganze. Die immer wieder mit der Einsamkeit beginnt. Mit dem Alleinsein. Die Welt als Duo. Das Leben als ein Dialog – und plötzlich die Erkenntnis, dass wir da draußen doch gehört werden. Von all dem anderen um uns rum, von all dem Fremden, diesemNicht-»Wir«, das uns Wort um Wort entgegentritt – und zwar mit Hintergedanken jetzt. Denn ab der vierten Erkenntnis wird diese Geschichte vom Kalkül beherrscht. Von der List, der Habgier und der Missgunst. Denn ab der vierten Erkenntnis treibt es einen Keil zwischen »Dich« und »Mich«, zwischen uns und die Welt. Jenseits der Liebe handelt diese Geschichte nun von Macht und Verachtung. Vom Regen.
»Wir« sind »Wir« (…) Wobei ich mit diesem »Wir« nicht nur das ineinander verstrickte »Du« und »Ich« meine, sondern »Alles«, was da ist. Ich meine dich und dich und dich, und mich meine ich auch. In unserer Mitte das Fremde, das andere um uns herum, »Uns« »Alle« meine ich.
Das Theater versucht, der Liebe Ausdruck zu geben. Auf der Bühne »Du« und »Ich«. Ineinander verwirrt. Stehen »Wir« im Regen und fragen ins Publikum: Wie lange noch? Denn das ist die Erkenntnis, die all die anderen an Konsequenz überragt: Unsere Welt wird immer nur die Geschichte sein, die »Ihr« euch erzählt.
Carsten Brandau arbeitet seit 2003 als Theater- und Hörspielautor. U. a. gewann er 2015 und 2016 den Mülheimer KinderStücke-Preis, für »Sagt der Walfisch zum Thunfisch« wurde er mit dem Brüder-Grimm-Preis 2017 ausgezeichnet.
Diese Schauspieler*innen spielen »Sagt der Walfisch zum Thunfisch«. Jetzt sprechen sie das Stück für euch: Von Dienstag, 14. April bis Sonntag, 19. April kannst du es dir unter www.dhaus.de/blog/ anhören.