Jochen Busse im Theater an der Kö „Ich glaube, ich gehöre den Düsseldorfern“

Düsseldorf · Mit dem Stück „Weiße Turnschuhe“ startet das Theater an der Kö Ende August in die neue Spielzeit. In der Hauptrolle wird dann Jochen Busse auf der Bühne zu sehen sein. Ein Treffen im Café mit dem volksnahen Schauspieler, der seit vier Jahren in der Landeshauptstadt lebt.

Jochen Busse mit Simone Pfennig in „Weiße Turnschuhe".

Foto: Theater am Dom

Es ist diese Stimme, die sich über Jahrzehnte ins Ohr geschlichen hat. Im Kabarett, im Fernsehen, im Theater. So ist es auch nicht verwunderlich, dass sich zwei Damen beim Verlassen des Düsseldorfer Cafés in unser Gespräch auf der Terrasse einschalten: „Guten Tag Herr Busse, ich habe Sie erst gar nicht gesehen, nur gehört. Aber sofort erkannt“, sagt die eine. Der Schauspieler grüßt lächelt zurück. Die andere: „Wann sieht man Sie wieder mal auf der Bühne?“ Den Damen kann geholfen werden – schon bald. Mit dem heiteren Stück „Weiße Turnschuhe“ eröffnet Jochen Busse am 27. August die Saison im „Theater an der Kö“. Leider nur ein kurzes Gastspiel, von Hausherr René Heinersdorff als Appetithappen aufs Programm gesetzt. Weil die Komödie aus seiner Feder hier schon einmal zu sehen war, allerdings mit anderer Besetzung.

Nun schlüpft Jochen Busse in die Rolle des agilen Rentners Günther. Der, fit und kerngesund, wird mit 75 Jahren dazu verdammt, den Senilen und Bedürftigen vorzugeben und dafür kräftig abzukassieren. Nur so, tischt ihm sein Sohn Kai auf, könne das bankrotte Familienunternehmen gerettet werden. Für den Schauspieler ist das Stück nicht neu, oft und oft hat er die „weißen Turnschuhe“ in anderen Städten schon angezogen. Zuletzt im Winterhuder Fährhaus in Hamburg, wie stets mit großem Erfolg.

Seit vier Jahren lebt Jochen Busse in Düsseldorf, und das mit Kalkül und Freude. „Wie großartig, schön und bürgernah diese Stadt ist“, schwärmt er. „Das ist meine volle Überzeugung. Ich habe sie mir bewusst ausgesucht, weil alles, was geplant wird, funktioniert.“ In den 1970er-Jahren, als er bei seinem Engagement am Kom(m)ödchen schon einmal hier wohnte, sei das noch ganz anders gewesen. „Das hat sich alles geöffnet, wurde durchlässig und transparent. Von meiner Wohnung in Pempelfort bin ich schnell im Hofgarten. Und ich kann zu Fuß ins Theater gehen.“ Einen Satz packt er noch drauf: „Ich glaube, ich gehöre den Düsseldorfern.“

Was macht den Reiz an dieser Komödie aus? „Ganz einfach“, antwortet er. „Dass man sieht, wie ein alter Mann sich antrainiert, einen alten Mann zu spielen. Die Leute haben Spaß daran, wenn sie etwas wiedererkennen. Und natürlich ziehe ich alle Register.“ Das beherrscht er. Er eignet sich die Attitüde eines eingeschränkten Menschen an, was dem Schauspieler durchaus Mühe bereiten könnte. Denn wie sein Rentner Günther ist auch Busse mit 83 Jahren noch – wie sagt man doch gleich? Fit wie ein Turnschuh. „Ich mache sogar eine Kerze auf der Bühne“, verrät er. Den Tag beginnt er nach wie vor mit Yoga und Hula Hoop, beim Umgang mit dem Reifen ist er ein Meister. Manchmal verlegt er seine Übungen ins Freie. Zu seinen Lieblingsplätzen in Düsseldorf zählt der Malkastenpark. „Wunderschön, das weiß kaum einer. Ich bin da oft ganz allein, lese oder lerne Texte. Der Park ist mein Refugium.“

Im Stück muss er auch einen Schwerhörigen mimen, der viele Dinge falsch versteht. Das produziert eine Menge Lacher. In Zeiten politischer Identitäten sei dies eine Gratwanderung, räumt Busse ein. „Das geht nur noch, weil man weiß, er benutzt das aus einer Notlage heraus, um seine Versicherung zu betrügen.“ Apropos politisch: Einst gehörte er neben dem Kom(m)ödchen über viele Jahre der legendären Münchner Lach- und Schießgesellschaft an, erlebte mit Dieter Hildebrandt & Co. die goldenen Zeiten des Kabaretts.

Wie ist sein heutiger Blick auf dieses Genre? „Damals war es die absolute Hochkultur für Feinschmecker“, sagt er. „Da wurde am Ende einer Woche die Aktualität wiedergegeben, satirisch angeheizt und verfeinert mit Pointen. Diese Form ist gestorben, da mochten sie noch so schöne Witze und Analysen dranhängen. Sie hat sich überlebt. Das geht nicht mehr, wenn übers Handy sofort der Kommentar im Netz landet und die Hetze noch dazu.“

Auch bei TV-Formaten wie Rudi Carrells „7 Tage, 7 Köpfe“, „Scheibenwischer“ oder seiner eigenen Show „Nur für Busse“ konnte er deren Blüte auskosten. Schon deshalb hat er sich seit einigen Jahren aus dem Fernsehen verabschiedet und spielt nur noch Theater. Gern in Stücken, an denen der Autor Dietmar Jacobs mitwirkte, der auch Szenen fürs Kom(m)ödchen schreibt. Oder eben in den Komödien von René Heinersdorff. Hier nimmt momentan noch „Komplexe Väter“ den Spitzenplatz ein, über 750 Mal hat er es schon gespielt. „Weiße Turnschuhe“ könnten nachziehen, vermutet er. Lieber würde er damit nicht nur an diesen wenigen Tagen, sondern länger in seiner Heimatstadt auftreten, sagt er. „Obwohl es eine anstrengende Kiste ist. Ich bin durchgehend auf der Bühne, gehe nur einmal kurz ab, um mir eine Brille aufzusetzen.“

Was treibt ihn noch an? „Nicht, dass ich es machen müsste“, stellt er klar. „Beim Fernsehen habe ich ordentlich verdient und immer gut gewirtschaftet. Ich hatte schöne Wohnungen, sonst brauchte ich keinen großen Luxus.“ Einen Augenblick hält er inne und greift die Frage auf. „Warum ich also noch Theater spiele? Weil ich mir mein Publikum in diesen vielen Jahren erarbeitet habe. Ob in Hamburg, Köln, Bonn, München oder Düsseldorf, die Leute kommen zu mir und wollen mich sehen. Sie sind teilweise in meinem Alter, sitzen da und sind ganz vergnügt.“