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Erstmals bringt Rainer Behr mit seiner eigenen Kompagnie im Tanztheater Wuppertal ein Stück auf die Bühne. Auch in Düsseldorf und Köln stehen großen Premieren an.

 Probe von „Carmen“ in Düsseldorf mit Paula Alves als Carmen.

Probe von „Carmen“ in Düsseldorf mit Paula Alves als Carmen.

Foto: Daniel Senzek

Das Jahr fängt gut an: NRW ist in Sachen Tanz-Events gut sortiert und wartet mit drei großen Premieren direkt aus unserer Region auf. Das ehrwürdige Tanztheater Wuppertal Pina Bausch eröffnet den Reigen mit der Uraufführung „Schlafende Frau“ am 20. Januar. Die Oper am Rhein widmet den schillernden und kontroversen Figuren Carmen und Baal am 28. Januar einen Doppelabend. Das Ballet of Difference auf Köln zeigt sein Spitzen-Event mit drei Choreografien am 11. Februar.

 Das Tanztheater Wuppertal zeigt am 20. Januar erstmals. „Schlafende Frau“.

Das Tanztheater Wuppertal zeigt am 20. Januar erstmals. „Schlafende Frau“.

Foto: Evangelos Rodoulis/Evangelos_Rodoulis

„Schlafende Frau“ in Wuppertal Lange musste man auf diese Uraufführung warten: Eigentlich sollte „Schlafende Frau“ im Frühjahr 2021 Premiere feiern, dann wurde zunächst ein Film daraus, den das Tanztheater streamte. Jetzt kommt die erste Choreografie von Rainer Behr mit dem Tanztheater Wuppertal Pina Bausch auf die große Bühne.

Der Tänzer Rainer Behr, selbst seit 1995 Ensemblemitglied von Pina Bausch, hat zwar schon choreografiert – unter anderem in Bielefeld, Osnabrück und Braunschweig, aber noch nie in Wuppertal, zumindest kein abendfüllendes Stück. In der Off-Reihe „Underground“ arbeitete er bereits mit dem Bausch-Ensemble. Behr, 1964 geboren in Neustadt an der Waldnaab, ist Absolvent der Folkwang Universität der Künste.

Zusammen mit Susanne Stehle (Kostüme), Michael Simon (Bühne/ Licht) und Andreas Eisenschneider (Musik) hat er nun einen assoziationsreichen Abend geschaffen, der sich in seiner Bildsprache an Pina Bausch anlehnt. Spielszenen wechseln mit getanzten Soli ab.

Bühnenbildner Michael Simon kennen viele aus seiner Zeit am Düsseldorfer Schauspielhaus: Dort schuf er einen unvergesslichen „Shockheaded Peter“ (2000) und „Peer Gynt“ (2004). Nun arbeitet Simon erstmals für das Tanztheater und hat ein faszinierendes Bühnenbild geschaffen, das mit einfachen Mitteln immer wieder neue Räume schafft. Knapp über der Bühne kreisen riesige Scheinwerfer wie Raumschiffe aus der Zukunft.

Die Auflösung und die allmähliche Veränderung der Merkmale unserer Zeit „dienen als choreografischer Ausgangspunkt zu einer abenteuerlichen Expedition“, verspricht die Ankündigung. Es geht um „die Begegnung mit einer bedrohten Welt“ und das „schockierende Bewusstsein, dass die Dinge unumkehrbar sind“.  Rainer Behr hat offensichtlich die Eindrücke aus dem ersten Corona-Jahr verarbeitet.

„I am a problem“ in Düsseldorf Carmen und Baal, zwei weltberühmte Figuren der Literaturgeschichte, stehen bei dem neuen Abend des Balletts am Rhein im Mittelpunkt. Beide Figuren – Carmen wie Baal – stehen außerhalb der Gesellschaft. Sie handeln, wie sie es für richtig halten, ohne Rücksicht auf Verluste. Das macht sie anziehend, aber auch gefährlich. Baal, der Asoziale, Carmen, die Verführerin. Immer geht es um Identität und darum, wie die Gesellschaft solchen Menschen begegnet.

Der Doppelabend beginnt mit der zeitlosen Choreografie „Carmen“ von Roland Petit. Der französische Choreograf hat sein Ballett „Carmen“ 1949 nach Prosper Mérimées Novelle 1949 geschaffen, auf der auch die Oper von Georges Bizet basiert, eine „Mischung aus virtuosem Ballett, effektvoller Broadway-Dramatik und spanischem Lokalkolorit“, heißt es in der Ankündigung. Carmen wird getanzt von Futaba Ishizaki und Paula Alves. Luigi Bononi studierte das Werk mit den Düsseldorfer Tänzern ein.

Anschließend folgt die Uraufführung von „Baal“, das erste Handlungsballett, das die Kanadierin Aszure Barton jemals erarbeitet. Das Werk basiert auf dem frühen Theaterstück von Bertolt Brecht. Interessant daran: Baal, eine männliche Hauptfigur, geschrieben von einem Mann, wird nun von einer Frau in Tanz umgesetzt. Und getanzt wird die Rolle von einem Tänzer und Tänzerinnen (Miquel Martinez Pedro, Wun Sze Chan, Simone Messmer). Die Auftragskomposition stammt von Nastasya Khrushcheva aus Sankt Petersburg. Es spielen die Düsseldorfer Symphoniker unter der Leitung von Martin Braun.

Die Tänzerin und Choreografin Barton gehört zu den prominentesten Vertreterinnen des Tanzes in Kanada. Vergangene Spielzeit studierte sie eines ihrer frühen Stücke „Come In“ in Düsseldorf ein, das ab 12. Februar in Duisburg zu sehen sein wird.

„Triple“ in Köln Richard Siegal hält Rückschau. In „Triple: All for One / Metric Dozen / My Generation“ verbindet der amerikanische Choreograf internationale Erfolgsballette mit einer jüngst entstandenen Arbeit mit seiner Kölner Compagnie, dem „Ballet of Difference“. Seit der Spielzeit 2019/20 ist das diverse Ensemble am Schauspiel Köln angesiedelt, nachdem es 2016 in München gegründet wurde.

„All For One“ ist eine auf Spitze getanzte Eingangssequenz des Stücks „Two For The Show“, das Siegal im April 2021 herausbrachte. Auf dem strahlenden Bühnenbild, das Siegal mit dem Lichtdesigner Matthias Singer entwickelte, und in den futuristischen Kostümen von Flora Miranda formuliert sich ein ungebrochener Glaube an die Kraft der Kunst.

„Metric Dozen“, ursprünglich für das „Ballet National de Marseille“ kreiert, gilt als Siegals vielleicht rasantestes Ballett: Atemlos, mit präzisem Timing, wirbeln die Tänzer zu Clubsounds durch das Dunkel der Bühne. Das Finale wird mit „My Generation“, das der US-Choreograf für das Cedar Lake Contemporary Ballet New York inszeniert hat, zu einer Party in knalligen Kostümen des Modeschöpfers Bernhard Wilhelm.

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