Synodaler Weg Wut und Enttäuschung über Rehabilitierung der Kölner Bischöfe

FRANKFURT · Beim Synodalen Weg in Frankfurt wurde außerhalb der Tagesordnung übers Erzbistum diskutiert. Kardinal Woelki meldete sich nicht zu Wort.

 Kardinal Reinhard Marx.

Kardinal Reinhard Marx.

Foto: dpa/Andreas Arnold

FRANKFURT Das Programm der zweiten Synodalversammlung zu Reformen der katholischen Kirche ist übervoll. Doch zur Tagesordnung wollten die Synodalen zum Auftakt jetzt in Frankfurt nicht einfach übergehen. Denn zu tiefgreifend sind die jüngsten Ereignisse im Erzbistum Köln gewesen – mit der Rehabilitierung von Kardinal Rainer Maria Woelki, Erzbischof Stefan Heße sowie den Weihbischöfen Dominikus Schwaderlapp und Ansgar Puff.

Alle Rücktrittsangebote wurden von Papst Franziskus abgelehnt und damit die hohen Würdenträger, die bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen Fehler begangen hatten, rehabilitiert. „Das ist nicht nur für die Betroffenen sexualisierter Gewalt nicht mehr nachvollziehbar“, so Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK). Fassungslosigkeit, Ratlosigkeit, Wut und Enttäuschung herrsche bis in die Gemeinden hinein. Und der Verbleib im Amt mache es unmöglich, Verantwortung zu übernehmen.

„Die Zeit für Bitten und fürs Betteln der Betroffenen ist elf Jahre nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals vorbei“, sagte Johannes Norpoth, Sprecher des Betroffenenbeirats der DBK. Die katholische Kirche sei auf katastrophale Weise mit offenkundigen Fehlern von Bischöfen umgegangen, so der Bochumer Theologe Thomas Söding. Das liegt nach seinen Worten an einem „absolut abgehobenen Verfahren“ – in dem Verhältnis von Bischöfen und Papst.

Wo bleiben da überhaupt die Gemeinden?, fragte Söding. Daran knüpfte Kardinal Reinhard Marx an, der im Sommer selbst seinen Rücktritt angeboten hatte und gleichfalls von Franziskus rehabilitiert worden war: „Ich habe auch Fehler gemacht. Habe ich die Opfer gesehen? Ab 2010 mehr. Aber vorher? Ich trage auch institutionelle Verantwortung.“

Das bischöfliche Amt ist sehr beschädigt, erklärte Bischof Gebhard Fürst. Und: „Die Strukturen der Kirche halten das, was sie versprechen, nicht – nämlich das Heil der Menschen zu fördern.“ Nicht zu Wort meldete sich Kardinal Woelki, der zur Synodalversammlung nach Frankfurt gekommen war.

Also begannen die, die beim Synodalen Weg offiziell nicht  so richtig dabei sind, die aber dennoch mitmischen wollen – die Initiativgruppen etwa von Maria 2.0 und „Wir sind Kirche“, vom Katholischen Deutschen Frauenbund und der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands. Sie drückten der zweiten Synodalversammlung zwar nicht den Stempel auf, gaben indes allen 230 Delegierten eine Stola mit auf dem Weg in die Beratung, die Freitag beginnen wird: „getauft – gefirmt“ ist darauf gedruckt, mit der Botschaft: Alle sind Kleriker als die Erwählten Gottes. Und alle sind auch Laien, nämlich als Mitglieder des priesterlichen Volkes. Unterm Strich: „Die Taufe ist wichtiger als die Weihe“, so Christian Weisner von „Wir sind Kirche“.

 Dass es ernst wird, ahnen alle. Vom Paradigmenwechsel ist die Rede. Die Kirche sei zu wichtig, als dass man sie den Klerikern überlasse, heißt es. Und der Synodale Weg sei zu bedeutsam, als ihn nur den Synodalen zu überlassen. Darum sind auch die Reformgruppen nach Frankfurt gekommen, die nun Stimmung machen.

 Doch vor jeder Reform liegt zumindest hierzulande ein Berg, den es zu überwinden gilt. Und das sind jene fast 200 Seiten an Handlungs-, Grund- und Orientierungstexten, die zu Themen wie Macht und Gewaltenteilung, Sexualmoral sowie priesterliche Existenz diskutiert werden. Die Worte von Papst Franziskus, wonach Synoden vornehmlich Hoffnungen und Träume wecken, nicht aber Texte produzieren sollten, fanden also wenig Gehör bei den Synodalen im Frankfurt. Oder wurden zumindest anders verstanden: „Wir schreiben Träume auf, die wahr werden sollen“, so Bischof Bätzing.

 Die Texte haben es in ihren Entwürfen in sich, insbesondere jener zu Macht und Gewaltenteilung. Denn damit wird die Stellung ausgerechnet jener hinterfragt, die den Synodalen Weg vor zwei Jahren anregten. Es wird also auch um die Bischöfe gehen. Werden sie künftig rechenschaftspflichtig gegenüber den Gläubigen sein? Sollen sie weiterhin von Rom ernannt oder doch von der Kirchenvolksbewegung vor Ort gewählt werden? Werden ihre Amtszeiten begrenzt? Dürfen sie im Zweifelsfall gar abgewählt werden?

Eine einfache Mehrheit ist in der Synodalversammlung nötig, um eine weitere Überarbeitung der Forumstexte zuzulassen. Und am Ende wird dann eine Zweidrittel-Mehrheit der Bischöfe nötig sein, um die Reformen verbindlich zu machen. Das aber nur in den Diözesen der Bischöfe, die das auch zulassen. Die Vielgestaltigkeit der katholischen Kirche wird immer wieder beschworen; dieses Verfahren birgt aber auch die Gefahr eines künftigen Flickenteppichs in Deutschland. Bischof Bätzing deutete zumindest an, dass eine große Mehrheit auch der Bischöfe hinter den Entwürfen stehe.

 Wird es also tatsächlich so etwas wie einen neuen Geist von Frankfurt geben, wie ihn ZdK-Präsident Thomas Sternberg beschwor? Viele hoffen es, manche glauben es, andere befürchten es.

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