Katholische Kirche auf Reformkurs Synodalversammlung fordert Diakonat der Frau

Frankfurt · Die Deligierten sprechen sich in Frankfurt auch für eine Lockerung des Pflichtzölibats aus und denken darüber nach, zum Missbrauchsskandal ein Schuldbekenntnis der Kirche einzuführen.

 Die Mitglieder des Präsidiums des Synodalen Wegs um Georg Bätzing (vierter v. l.) vor der von Protest begleiteten Versammlung.

Die Mitglieder des Präsidiums des Synodalen Wegs um Georg Bätzing (vierter v. l.) vor der von Protest begleiteten Versammlung.

Foto: picture alliance/dpa/Sebastian Gollnow

Die Synodalversammlung der katholischen Kirche begibt sich auf Weg zum Diakonat der Frau. Mit großer Mehrheit stimmten 174 von 210 Delegierten dem entsprechenden Grundlagenpapier zu. Und dekoriert mit viel Applaus. Sicher, das war nur die erste Lesung. Dennoch sahen darin viele bereits einen historischen Moment, auf den die Frauen 2000 Jahre lang gewartet haben. Die Abstimmung war streng genommen erst einmal eine Aufforderung zur Weiterarbeit des Forums mit der Theologin Dorothea Sattler und Bischof Franz-Josef Bode an seiner Spitze. Das ist bei diesem in der Kirche derart sensiblen Thema mehr als nichts, aber angesichts der ebenso langen wie auch für viele Menschen frustrierenden Debatte ist das schon viel.

Es geht dabei nicht allein um Geschlechtergerechtigkeit; wichtig war es den Synodalen auch, dass die Repräsentanz Jesu Christi allen Menschen offen stehen muss, dass die Teilhabe an der Verkündung biblisch belegt ist und der Ausschluss von Menschen wegen ihres Geschlechts plausibel begründet werden müsse. Nicht die Zulassung von Frauen zum Amt müsse begründet werden, sondern deren Ausschluss.

Das sind Fragen, die nicht erst im 21. Jahrhundert geboren wurden: Kardinal Michael von Faulhaber segnete 1919 sieben Frauen zu Diakonninen; Edith Stein sah 1932 für ein Frauendiakonat keine dogmatischen Hindernisse; ähnlich sah es auch die Würzburger Synode und bat damals Rom um Rat. Das war 1974. Eine Antwort steht noch aus.

Gleichwohl gab es in der Versammlung durchaus unterschiedliche Bewertungen durch die Bischöfe: Während der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf in der noch immer praktizierten Tradition „wenig tragfähige Argumente“ fand, erklärte der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke, dem Synodenpapier nicht zustimmen zu können, da es gegen die geltende Amtstheologie steht.

So gilt auch das als sicher: Der Beschluss von Frankfurt wird auch weltkirchlich Einsprüche hervorrufen. Die Frage dürfte aber nicht allein sein, ob die Überlegungen der Synodalen im Vatikan anschlussfähig sein werden, sondern wie differenziert sich die katholische Kirche künftig begreifen will. Eine Diakonatsweihe wäre zwar noch keine Priesterweihe; aber sie wird als erster Schritt dorthin gesehen.

Die Frankfurter Reformfreude war die Fortsetzung der Beschlüsse vom Vortag. Selbst die Kirchenvolksbewegung von „Wir sind Kirche“ hatte der Synodalversammlung viel Lob gezollt. So beträchtlich der Wille zur Kirchenerneuerung ist, so kann doch von heller Freude keine Rede sein. Denn die Entscheidungen etwa zur Gewaltenteilung in der Kirche wie auch die Überlegungen zur Abschaffung eines Pflichtzölibats dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, wie fragil der im Dezember 2019 begonnene Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland weiterhin ist. Die Sorge bleibt, dass die erforderliche Zweidrittelmehrheit der anwesenden Bischöfe manchen Antrag schneller vereitelt, als es vielen lieb sein kann. Einen Plan B hat es nämlich nicht gegeben, wäre schon zu Beginn das Dokument zu den theologischen Grundlagen des Synodalen Wegs gekippt worden. Das ist praktisch die Präambel; ohne sie wäre der Reformweg zur bedenklichen Kurzstrecke geworden. Die erforderliche Bischofsmehrheit war hauchdünn, und manche orakeln, dass das Ergebnis mit einer Teilnahme der Kölner anders ausgefallen wäre; gemeint sind neben den noch im kenianischen Mombasa weilenden Weihbischof Dominikus Schwaderlapp auch Kardinal Rainer Maria Woelki, der in seiner bis Anfang März währenden Auszeit derzeit in Roermond lebt und jüngst zu einem Besuch nach Kevelaer gekommen war.

Wie auch immer, die ersten Beschluss-Hürden sind genommen; der Weg bleibt dennoch kurvenreich. Nachdem erst der Berliner Erzbischof Heiner Koch und dann auch Kardinal Reinhard Marx den Pflichtzölibat schon im Vorfeld infrage stellten, ist das Dokument der Synodalen selbst deutlich zurückhaltender geraten. So wird der Zölibat als ein „angemessenes Zeugnis“ benannt, der die „Ausrichtung eines Menschen auf Gott hin“ zeige. So gehe es zunächst darum, das „zölibatäre Leben für die Kirche insgesamt zu stärken“. Erst dann kommt im Antrag zur Sprache, dass diese Lebensform – eben weil sie so wichtig ist – keine Pflicht sein müsse. Behutsam formuliert heißt es auch, dass „die Aufhebung des verpflichtenden Zölibats die Enthaltsamkeit um des Himmelreiches willen als besondere Gabe Gottes besser sichtbar“ würde.

Dass auch der Priestermangel als eine der Gründe für Reformen des priesterlichen Lebens angeführt wird, überzeugt wenig. Reformbedürfnisse aus Gründen des Mangels anzumelden, überzeugen nie; wie auch der Blick auf die katholischen Ostkirchen mit ihren verheirateten Priestern und auf Ausnahmeregelungen in anderen Teilen der Welt.

Man wünschte also mehr Klarheit, weniger Idealisierung. Und einen erweiterten Blick, wie nämlich der Zölibat noch mit Reformen der Sexualmoral und den Vorstellungen eines modernen Kirche-seins zusammenpasse, so Ruhrbischof Franz-Josef-Overbeck.

Der Skandal des sexuellen Missbrauchs war der Anlass zum Synodalen Weg. Und er bleibt bei allen Beratungen bis heute ein Thema – diesmal besonders eindringlich mit der Forderung nach einem Schuldbekenntnis. Das wäre als liturgische Form der Klage oder als Ritus der Buße denkbar.

Sie sei keine Täterin, erklärte Esther Göbel vom Berufsverband der Pastoralreferentinnen, auch trage sie keine persönliche Schuld, die sie bekennen müsste: „Aber ich sehe und spüre eine persönliche Verantwortung für das Thema Missbrauch in unserer Kirche. Es geht also nicht um eine Vergemeinschaftung von Schuld – die ist und bleibt allein bei den Tätern. Es geht auch nicht um eine verallgemeinerte Verantwortung für die Aufarbeitung – die liegt bei den Bischöfen, und sie müssen sie tragen. Es geht um die Anerkenntnis, dass wir alle Teil haben an der systemischen Verstrickung, von der wir uns befreien und umkehren müssen.“ Ein Antrag, der tiefe Spuren hinterlässt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort