Brüssel Subventionen für Ski-Lifte auf einer Ostsee-Insel

Brüssel · EU-Subventionen für Ski-Vergnügen auf einer Sonneninsel: Stolze 100 000 Euro überwies Brüssel an einen Dänen, der aus Jux einen Fördermittelantrag für Winterspaß auf Bornholm in der Ostsee gestellt hatte. Doch aus Spaß wurde Ernst. Skilift, Schneekanonen und Piste wurden gebaut, blieben aber aufgrund zu milder Winter fast unbenutzt.

Bornholm ist kein Einzelfall. Das süditalienische Kalabrien etwa sorgte für Wirbel, weil die arme Region Millionensummen an Italiens Top-Kicker zahlte. Alles nur, damit ihr Logo als offizieller Sponsor der Fußballnationalmannschaft auf Werbeplakaten prangt. Die Aktion sollte den Tourismus fördern. Der Großteil des Geldes dafür kam aus dem Brüsseler Topf für Regionalhilfen. Letzterer ist eigentlich dazu gedacht, Jobs und Infrastruktur in rückständigen Gebieten zu schaffen. Stattdessen fand sich ein – am Ende freilich nicht gebautes – Hunde-Fitnesscenter in Ungarn mit über 400 000 Euro auf der Förderliste. Aber auch in Deutschland läuft es nicht viel besser. Die EU-Mittel würden von den Bundesländern "großzügig am Ziel vorbei verteilt", schreiben Wissenschaftler der Universität Mannheim in einer neuen Studie. Das Land Baden-Württemberg etwa förderte die Erweiterung eines Brauhauses einschließlich "Erlebnisbrauerei" und finanzierte aus dem EU-Sozialfonds Auszubildende bei der Baumarktkette Obi und dem Discounter Aldi.

Jedes Jahr werden mehrere Milliarden Euro EU-Gelder nicht korrekt ausgegeben. Das ist nichts Neues und wird akribisch vom Europäischen Rechnungshof aufgeschrieben. Die Zahlungen aus dem Budget der Union seien "weiterhin in wesentlichem Ausmaß mit Fehlern behaftet", lautet die traurige Bilanz für 2009. Bei rund einem Drittel dieser Defizite hätten die Mitgliedsstaaten laut Rechnungshof genügend Informationen gehabt, um rechtzeitig einzuschreiten.

Genau da liegt das Problem. Brüssel friert zwar zunehmend Fördergelder bei Missbrauchsverdacht ein und hat den Kampf gegen Korruption verstärkt. Doch die Betrugsbekämpfer sind auf die Mitwirkung der EU-Staaten angewiesen. 80 Prozent der Brüsseler Gelder verteilen und kontrollieren die Nationalstaaten selbst. Und sie gehen bisher recht lax mit dem Steuergeld um. Ende 2009 waren 4310 Fälle offen, in denen sie unrechtmäßig ausgezahltes Geld hätten einziehen müssen. Das heißt: 39 Millionen Euro verbleiben in den Händen von Betrügern. "Nur ein Bruchteil der falsch ausgezahlten EU-Gelder fließen nach Brüssel zurück. Und selbst wenn, dauert die Wiedereinziehung oft mehr als vier Jahre und verjährt häufig", moniert die EU-Haushaltskontrolleurin Inge Gräßle (CDU).

Um die Regionalausgaben effizienter zu machen, schlägt die Europa-Abgerdnete vor, den Höchstzuschuss aus Brüssel für Projekte von bisher 85 Prozent zu kappen. Das Kalkül dahinter: Wenn die Mitgliedsländer selbst tiefer in die Tasche greifen müssen, fördern sie nicht mehr so leichtfertig teure Projekte mit zweifelhaftem Nutzen. Das wäre dringend nötig. Im Fall Bornholm etwa nickte das dänische Landwirtschaftsministerium die skurrilen Skipisten-Pläne ab und legte auf die 100 000 Euro aus Brüssel noch eine satte Summe drauf.

(RP)
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