Storm-Urenkelin Ingrid Bachér wird 80 Jahre alt

Dass ihr ausgerechnet zu diesem Buch zuerst der Titel einfiel, ist typisch für Ingrid Bachér. Denn in "Sieh da, das Alter" steckt jene Geste der gelassenen Überraschung, die der Autorin eigen ist. 2003 ist diese schöne Betrachtung über den "rauen Landstrich" des Älterwerdens erschienen – und sie hat bis heute, dem 80. Geburtstag von Ingrid Bachér, Bestand.

Die Düsseldorfer Autorin – geboren in Rostock und ein paar Jahre in Rom lebend – hat im deutschen Literaturbetrieb nie zu den Lauten oder Spektakulären gehört. Dennoch ist die "Erzählerin der Nuance", wie sie Karl Krolow beschrieb, wichtig geblieben. Als frühes Mitglied der Gruppe 47, der sie seit der "Blechtrommel"-Tagung 1958 in Großholzleute angehörte. Natürlich auch als PEN-Präsidentin, der 1995 die schwere Aufgabe zukam, das wetsdeutsche PEN-Zentrum mit dem ostdeutschen zu vereinen. Es musste dabei auch um die Aufarbeitung der Stasi-Vergangenheit einiger Autoren gehen. An dieser Forderung nach Redlichkeit aber scheiterte sie. Noch heute begreift sie ihren Rücktritt 1996 als "Niederlage". Mit ihr traten damals 50 weitere Autoren aus dem PEN aus.

Literarisch trat sie hervor mit Büchern wie "Sarajewo 96", der Erzählung "Assisi verlassen", mit dem frühen Roman "Ich und Ich" und dem feinen psychologischen Figurenspiel in "Der Liebesverrat". Auch einen Roman über Theodor Storm hat sie verfasst: "Woldsen oder Es wird keine Ruhe geben" von 1982 ist zugleich das Dokument der eigenen Familiengeschichte; Bachér ist die Urenkelin Theodor Storms. Genau erzählt sie und unaufgeregt, ihre Sätze atmen die Gewissheit, dass das, was sie beschreibt, wahrhaftig ist. Vielleicht ist diese Genauigkeit verantwortlich für die oft lange Arbeit an den Romanen. 1995 hat sie aus einem Manuskript über das rheinische Braunkohlerevier gelesen. Doch sei sie damals viel zu emotional gewesen, sagt sie. Jetzt aber habe sie das Thema zunehmend als Symptom verstanden und einen neuen Zugang gefunden. In diesem Jahr soll der Roman endlich erscheinen. Einen Titel freilich trägt er noch nicht.

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