Kommentar zum Star Wars Tag Lichtblick im All

Die neue Trilogie der Weltraumoper enttäuschte viele Fans - auch unseren Autoren, der erklärt, was ihn so desillusionierte und warum er sich trotzdem auf die Zukunft von Star Wars freut.

 1977 nahm mit dem ersten Star Wars Film alles seinen Anfang. Seitdem haben Fans der Reihe viele Höhen und Tiefen erlebt.

1977 nahm mit dem ersten Star Wars Film alles seinen Anfang. Seitdem haben Fans der Reihe viele Höhen und Tiefen erlebt.

Foto: dpa / United Archives/Impress

Der erste Teaser-Trailer für den Star Wars Film „Das Erwachen der Macht“ war nur 88 Sekunden lang. Ein Flickenteppich unzusammenhängender Eindrücke, mehr nicht. Doch sie reichten, um mich 2014 ehrlich euphorisch zu stimmen. Der Trailer präsentierte einfach eine unwiderstehliche Mischung. Auf der einen Seite wurden Sturmtruppen und unverkennbare Raumschiffe wie der Millennium Falcon und eine Staffel X-Wing gezeigt. Vertraute Bilder aus der Vergangenheit.  Ich saß wieder mit meinem Vater Samstagabends auf der Couch und verfolgte mit offenem Mund und vor Aufregung bis zum Hals schlagendem Herz die Abenteuer von Luke, Leia, Han und Chewbacca. Jetzt sollte all das noch einmal aufgegriffen und mit den Möglichkeiten moderner Filmtechnik weitererzählt werden.

Auf der anderen Seite gab es Neues zu sehen. Plötzlich bekam einer der Soldaten des Imperiums ein Gesicht, vielleicht sogar eine Geschichte. Ein neuer Bösewicht wurde gezeigt, dessen Lichtschwert allein bereits fauchend und funkenschlagend Respekt einforderte. Ich konnte es von da an kaum noch erwarten, im Kinosaal von John Williams aufbrausender Orchestermelodie begrüßt zu werden und den Einleitungstext zu verschlingen, der mich in eine neue Epoche in einer weit, weit entfernten Galaxie mitnahm.

Fünf Jahre später, als der Abspann vom finalen Film „Der Aufstieg Skywalkers“ über die Leinwand lief, war ich auf dem Boden der filmischen Tatsachen angekommen und ziemlich enttäuscht. Zugegebenermaßen war es für die drei neuen Filme quasi nicht möglich, meine ins unermessliche gewachsenen Erwartungen zu erfüllen. Gleichzeitig werde ich aber bis heute das Gefühl nicht los, dass fragwürdige Entscheidungen getroffen und plumpe Fehler gemacht wurden, die eine würdige Fortsetzung des Weltraummärchens verhinderten.

Zuerst übernahm Jeffrey Jacob Abrams die Regie des Films „Das Erwachen der Macht“. Er hatte bereits das „Star Trek“- Franchise erfolgreich wiederbelebt. Abrams wählte die Retrospektive: Vieles erinnerte an den ersten Star Wars Film von 1977, sogar ein neuer Todesstern erschien auf der Leinwand. All das war handwerklich gut umgesetzt, aber auch ein bisschen feige. Eine zu tiefe Verbeugung vor den Originalen.

Rey ist die Heldin der neuen Trilogie. Leider hat sie kaum Identifikationspotential, denn ihr fehlen die Ecken und Kanten. Sie macht kaum Fehler und kann schon alles.

Rey ist die Heldin der neuen Trilogie. Leider hat sie kaum Identifikationspotential, denn ihr fehlen die Ecken und Kanten. Sie macht kaum Fehler und kann schon alles.

Foto: dpa/-

Für den zweiten Teil „Die letzten Jedi“ engagierte Disney+ Rian Johnson als Regisseur. Er ging in eine vollkommen andere Richtung als Abrams. Alle vorher aufgestellten Regeln des Star Wars Universums wurden über Bord geworfen. An sich ein überraschender und guter Ansatz, um die neue Trilogie zu emanzipieren. Doch Johnson gelang es nicht, eine gute neue Geschichte zu erzählen. Alles vom Mythos der alten Helden über die zentrale Rolle von Schicksal und Verwandtschaft wurde subtrahiert, aber nicht durch neue und zufriedenstellende Elemente ersetzt. Die frühere Hoffnungsfigur Luke Skywalker wurde ohne große Erklärung fast zum Mörder eines unschuldigen Schülers. Rey, die neue Heldin der Reihe, hatte plötzlich keine relevante Vergangenheit mehr.

Das alles verstimmte viele Fans der alten Teile, und auch mich. Für das Finale wurde dann wieder Abrams der Regiestuhl überlassen, und damit war das Chaos perfekt. Er ignorierte Johnsons Film in weiten Teilen, holte den Bösewicht der vorangegangenen Trilogien zurück und schuf einen durchaus unterhaltsamen, aber im Grunde nur durchschnittlichen Abschluss der Geschichte.

Es fehlte so schlicht an Stringenz und Konsequenz. Die originale Trilogie und die drei Prequel-Filme von 1999, 2002 und 2005 stellten Anakin Skywalkers tragischen Sturz und seine finale Erlösung ins Zentrum. Sein Schicksal und das seiner Familie war der Ankerpunkt, um den sich das Universum drehte, und gab so eine klare Richtung vor. In der neuen Trilogie von Disney griff nichts mehr ineinander, es gab kein Ziel. Das ist umso ärgerlicher, weil der Konzern mit den Marvel-Filmen gleichzeitig perfekt zeigte, wie ein konsistente Geschichte über verschiedene Filme hinweg erzählt werden kann.

Für mich schien die Magie der alten Teile verloren. Sie entführten den Zuschauer noch in eine vollkommen geheimnisvolle Welt voller liebenswerter Charaktere. Die neuen Filme blieben in beiden Kategorien blass. Heldin Rey konnte schon alles, musste nicht leiden wie Luke Skywalker, den seine Entwicklung bis zum Helden die Hand und einigen Mut kostete. Das Universum wurde nicht um wirklich neue oder interessante Schauplätze erweitert. Natürlich waren die Effekte pompös und beeindruckend, doch das ist in Zeiten von CGI keine große Kunst mehr. Bereits die zweite Trilogie mit „Die dunkle Bedrohung“, „Angriff der Klonkrieger“ und „Die Rache der Sith“ setzte viel auf visuelles Spektakel, doch das bekam durch das omnipräsente Schicksal der Skywalkers spürbar emotionales Gewicht.

„Der Aufstieg Skywalkers“ war visuell ansprechend, blieb ansonsten aber blass.

„Der Aufstieg Skywalkers“ war visuell ansprechend, blieb ansonsten aber blass.

Foto: dpa/-

Sollte das nun also das Ende des von mir so geliebten Universums sein? Ein Abstieg ins cineastische Mittelmaß, obwohl die Mischung aus Science Fiction, Western und Sagenwelt noch so viel Potential bot? Ich weigerte mich, dass zu akzeptieren, schließlich gab es nach wie vor Lichtblicke, wie etwa „Rogue One“.  Ein echter Kriegsfilm, der sehr mutig war und Altbekanntes gekonnt mit neuen Ideen verband.

Das erste Mal wirklich Hoffnung für das Franchise schöpfte ich jedoch durch eine Serie. „The Mandalorian“ schaffte in wenigen Folgen, was drei Filme auf der großen Leinwand nicht erreicht hatten: Ich wurde wieder in das Universum gezogen, fieberte mit dem lange gesichtslosen Helden mit, staunte über das Geschehen. Neue charmante Charaktere wurden eingeführt, die wirklich etwas zu erzählen hatten und bereits bekannte Figuren mit dem Respekt behandelt, den sie verdienen.

 „The Mandalorian“ ist voller liebenswerter Figuren, wie etwa den bereits 50 Jahre alten, aber noch winzigen Grogu.

„The Mandalorian“ ist voller liebenswerter Figuren, wie etwa den bereits 50 Jahre alten, aber noch winzigen Grogu.

Foto: dpa/Uncredited

Symbol für all das ist für mich vor allem die Musik: Ludwig Göransson schneiderte eine passgenaue Komposition für die Serie, die zwar weniger episch ist als John Williams Machwerke, aber die gleiche Mischung aus Eingängigkeit und Mystik mitbringt. Genau so hört sich der Soundtrack eines Weltraummärchens an und genauso muss es erzählt werden.

Auf Grundlage des großen Erfolges der Serie hat Disney gleich eine ganze Masse neuer Produktionen angekündigt. Ob sie alle die Qualität von „The Mandalorian“ erreichen werden, ist fraglich. Doch ich persönlich bin einfach froh darüber, dass ich mich wieder guten Gewissens auf Geschichten aus dem Star Wars Universum freuen kann. Und das tue ich bereits jetzt schon wie ein kleines Kind.

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