Bräuche rund um den Bischof von Tours Sankt Martin – das müssen Sie wissen

St. Martin, St. Martin – die Geschichte des großzügigen Bischofs kennt fast jedes Kind. Doch warum laufen Kinder mit Laternen an Sankt Martin? Und welche Bedeutung hat die Martinsgans? Hier erfahren Sie mehr.

St. Martin 2023: Fakten über Sankt Martin und den Martinstag
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Sankt Martin – Fakten über den Heiligen und Martinstag

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Foto: dpa/Felix Kästle

Wer ist Sankt Martin? Und was hat das Martinsfest mit bunten Laternen zu tun? Wir liefern den großen Überblick.

Wer ist Sankt Martin?

St. Martin ist einer der bekanntesten Heiligen der katholischen Kirche. Sein voller Name lautet Martin von Tours. Nach der Überlieferung wurde er um 316 nach Christus in der römischen Stadt Savaria geboren und starb 397 in Candes bei Tours in Frankreich.

St. Martin: Die schönsten Lieder für den Martinszug - Texte
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Die schönsten Lieder zu Sankt Martin

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Foto: Pixabay / Oliver Schaulandt

Sein Geburtsort befand sich im Gebiet des heutigen Ungarn, das damals zum Römischen Reich gehörte. Sankt Martin wird auch der dritte Bischof von Tours genannt. Als Kind kam er als erstes Mal mit dem Christentum in Berührung. Er trat im Alter von zehn Jahren den Katechumenen bei, um sich auf die Taufe vorzubereiten.

Sein Vater, ein römischer Offizier, hatte jedoch andere Pläne für seinen Sohn Martinus. So trat er als junger Mann auf Wunsch seines Vaters dem Militärdienst der römischen Armee bei. Als 15-jähriger wurde er zur Leibwache des Kaisers Konstantin II. nach Mailand geschickt.Seinen christlichen Glauben verlor er nicht – er vertiefte ihn sogar und bat vor dem Beginn einer Schlacht um die Entlassung aus dem Armeedienst. Er gab dabei an kein Soldat des römischen Kaisers zu sein, sondern ein Soldat Christi.

Offiziell aus dem Militärdienst entlassen wurde er jedoch erst 356 nach Christi, nach 25 Jahren im Dienst. Im Alter von 40 Jahren war Martin von Tours dann endlich frei seinen Glauben zu leben. Einige Jahre zuvor wurde er von Bischof Hilarius von Poitiers getauft.Nach seinem Militärdienst zog er sich zunächst auf die Insel Gallinara in der Nähe der heutigen italienischen Stadt Genua zurück. Bereits zu diesem Zeitpunkt folgten ihm einige Anhänger. Nachdem er seiner Mutter dem christlichen Glauben näherbrachte, zog es ihn nach Gallien, wo er unter dem römischen Kaiser Flavius Claudius Iuianus in seiner Armeezeit gedient hatte.

Dort errichtete er 361 in der heutigen französischen Gemeinde Ligugé das erste Kloster des Abendlandes. Durch diese Tat gilt Sankt Martin als Begründer des abendländischen Mönchstums. Das Erste von ihm errichte Kloster war die Abtei de Ligugé. 14 Jahre später errichtete er in der Nähe von Tours das Kloster Marmoutier.

Der Überlieferung zufolge war St. Martin ein Ideal des christlichen Mönchstums. Er zog das asketische Leben in einer Holzhütte vor und teilte, was er hatte. Er christianisierte die Landbevölkerung durch seinen Glauben, seine guten Taten und seine Tugenden und errichtete weitere Kirchen und Klöster. Sogar Wunder soll er durch die Kraft des Geistes Christi vollbracht haben.

Heute ist St. Martin in Form von Ortsnamen und Kirchennamen in ganz Deutschland und Europa noch immer präsent. Viele alte Kirchen sind Martinskirchen, in denen die Namen „Sankt Martin“, „Martini“ oder „Martin von Tours“ zu finden sind. Auch Ortsnamen oder Stadtteile wurden nach dem heiligen Martin benannt.

Warum feiern wir Sankt Martin?

An St. Martin gedenken wir dem frommen Bischof von Tours. Vor allem eine überlieferte Geschichte sticht am Martinstag heraus: Als Martin an einem kalten Wintertag mit seinem Pferd an einem frierenden Bettler vorbeiritt, teilte er kurzerhand seinen Mantel mit dem Schwert.

Diese Legende soll sich zugetragen haben, als Martin noch in der Armee für den römischen Kaiser diente und bei Amiens im heutigen Frankreich auf seinem Pferd ritt. Er begegnete einem Bettler, der keine Kleidung trug und hatte Mitleid mit dem armen Mann. Außer seinen Waffen und seinem roten Mantel hatte er jedoch nichts, was er dem Bettler hätte geben können.

Daraufhin teilte er seinen roten Mantel mit dem Schwert, gab dem Bettler eine Hälfte und behielt die andere Hälfte. In der gleichen Nacht soll ihm Jesus Christus im Traum erschienen sein, der den geteilten Mantel trug. Er bekannte sich nach diesem Erlebnis als Jünger Jesu und ließ sich taufen. Als Bischof soll St. Martin der Legende nach viele Wunder vollbracht haben.

Einen Katechumenen, der sich taufen lassen wollte, soll er beispielsweise von den Toten erweckt haben. Der Katechumene war gestorben, bevor er getauft werden konnte. Martin war so bestürzt über den Tod es Jungen, dass er über seinem Leichnam inbrünstig betete und den Jungen damit zurück ins Leben rief.

Bedeutung und Brauch der Martinsgans

Der Brauch der Martinsgans geht auf eine weitere Geschichte über Martin von Tours zurück: Im Jahr 371 sollte er in Tours zum Bischof ernannt werden. Der gläubige und bescheidene Martin empfand sich jedoch als unwürdig und versteckte sich in einem Gänsestall.

Laut einer Geschichte aus dem 14. Jahrhundert verrieten ihn die Gänse durch das laute Geschnatter und Martin von Tours musste das Amt des Bischofs annehmen. Aus dieser St. Martins-Geschichte könnte der Brauch, am Martinstag eine „Martinsgans“ zuzubereiten, entstanden sein.

Es gibt noch eine weitere Geschichte, die der Grund für den alten Brauch sein könnte: So sollen Gänse während einer Predigt des Bischofs Martin in die Kirche gewatschelt sein und mit ihrem Geschnatter den Gottesdienst gestört haben. Zur Strafe wurden die Gänse gebraten.Tatsächlich, so nehmen Theologen und Historiker an, ist der Brauch der Martinsgans wahrscheinlich aus einem ganz anderen Grund entstanden: Der Martinstag ist der 11. November. Dieser Tag ist nicht der Todestag von St. Martin, sondern der Tag seiner Bestattung. Martin von Tours starb am 8. November.

Der 11. November war zu der Zeit des Bischofs Martin bereits ein Feiertag: der Bauernfeiertag. An diesem Tag wurde die Feldarbeit offiziell beendet und die Bauern mussten ihre Pacht bezahlen. Diese wurde damals nicht mit Geld, sondern mit Lebensmitteln bezahlt – unter anderem mit Gänsen, die im November bereit für die Schlacht waren.

Woher kommt die Tradition mit Martinsumzügen und Laternen?

Umzüge mit Lichtern sind im Christentum nicht ungewöhnlich – schon im frühen Christentum fanden solche alten Bräuche statt, die Heilige ehrten. Der Leichnam des heiligen St. Martin soll ebenfalls nach seinem Tod mit einer Lichterprozession mit einem Boot nach Tours gebracht worden sein.

Im November zündeten Menschen zum Abschied der Ernte außerdem häufig die abgeernteten Felder an und Kinder trugen Fackeln aus Stroh und ausgehöhlten Rüben durch die Straßen. Dieser Brauch ähnelte den traditionellen Bräuchen, aus denen Halloween entstand.

Später wurden am Martinstag auch Martinsfeuer angezündet, die jedoch aufgrund der Brandgefahr in Regionen mit vielen Holzhäusern in Kritik gerieten. Um 1800 sollte anstelle des Martinsfeuers der Brauch mit dem Laternenumzug entstanden sein.

Die Geschichte mit Martin und dem Bettler sollte leicht verständlich nachgespielt werden. Anstelle des Martinsfeuers trat der Umzug mit Kindern und Lampions. Die Lampions zeigten Szenen aus dem Leben des Bischofs Martin. Dieser neuere Brauch breitete sich nach und nach vom Niederrhein und Düsseldorf in ganz Deutschland aus.

Ist Sankt Martin ein christliches Fest?

 Da das Martinsfest auf den heiligen St. Martin zurückgeführt wird, handelt es sich um ein christliches Fest mit katholischen Wurzeln. Auch Protestanten feiern den Martinstag, aber sie ehren nicht Bischof Martin, sondern Martin Luther, der am 11. November getauft wurde.

 Bei dem Laternenumzug zu Ehren von Martin Luther handelt es sich um eine Anpassung an den katholischen Brauch. Dafür wurden sogar Lieder über Martin von Tours umgedichtet und für Martin Luther angepasst.

 Trotz christlicher Wurzeln: In einigen Regionen werden Martinsumzüge auch als Lichterfest oder Laternenfest bezeichnet. Das hat unterschiedliche Gründe. Zum einen sollen Kinder anderer Glaubensrichtung nicht ausgeschlossen werden. Häufiger handelt es sich bei der alternativen Bezeichnung um rein organisatorische Gründe.

 In manchen Städten organisieren die Schulen, Kindergärten und die Stadt getrennte Umzüge. Einige Kindergärten ändern beispielsweise den Namen Ihres Laternenumzugs, um sich von dem städtischen Umzug abzugrenzen. Der Fokus bei einem solchen Sonne-Mond-und-Sterne-Umzug liegt, ganz unabhängig von der Bezeichnung, weiterhin auf den Tugenden des heiligen Martin und den Liedern.

Wann wird Sankt Martin gefeiert?

Martin von Tours starb am 8. November 397. Seine Beerdigung fand drei Tage später, an seinem Namenstag am 11. November statt. Traditionell wird der heilige Bischof Martini an diesem Tag mit einem Laternenumzug und Liedern geehrt. Abweichungen sind jedoch möglich.

Nicht immer finden die Feierlichkeiten genau am 11. November statt. Je nach Stadt ist es möglich, dass der Martinsumzug früher oder später stattfindet oder mehrere Umzüge an unterschiedlichen Tagen organisiert werden.

Evangelisch geprägte Städte feiern häufig bereits am 10. November das Lichterfest. Damit ehren sie nicht den katholischen heiligen Martin von Tours, sondern den Begründer der evangelischen Kirche, Martin Luther an seinem Namens- und Tauftag.

In welchen Ländern wird Sankt Martin gefeiert?

St. Martin ist kein striktes deutsches Fest. Auch in anderen Ländern Europas wird der heilige Martin gefeiert. Unter anderem in den folgenden europäischen Ländern kennt und feiern die Menschen den heiligen Martin von Tours:

  • Deutschland
  • Österreich
  • Polen
  • Niederlande
  • Dänemark
  • Großbritannien
  • Irland

In Österreich wird St. Martin „Martini“ genannt. Die Bräuche sind ähnlich wie in Deutschland – zum Martinsfest findet ein Laternenumzug statt und es werden Lieder gesungen. Wie in Deutschland führt ein Reiter mit einem roten Mantel den Umzug an. Am Ende des Umzugs gibt es Martinshörnchen und andere kleine Gebäckstücke zum Essen, die mit Freunden geteilt werden sollten. Auch die Martinsgans ist traditionell ein Teil der Festlichkeiten.

In Polen werden süße Hörnchen gebacken. Diese wurden früher an die Armen verteilt. Das Gebäck mit dem Namen „Rogal świętomarciński“ wird mit Zutaten wie Mohn oder Feigen gefüllt und darf nur von speziellen Bäckern gebacken werden.

In den Niederlanden wird der heilige Bischof Sint Maarten am 11. November gefeiert. Wie in Deutschland findet ein Laternenumzug mit Liedern statt. Außerdem ziehen singende Kinder mit Laternen von Tür zu Tür und bekommen dafür Obst oder Süßigkeiten zum Dank. In manchen Regionen werden noch große Martinsfeuer zu Ehren des heiligen Martinis angezündet.

In Dänemark wird der Martinstag am 10. November gefeiert – durch ein Festmahl, den „Mortesaften“. Hier wird ein Gänsebraten oder Entenbraten zubereitet. Wie in Deutschland geht der Brauch auf die Geschichte des Martin zurück, der sich vor dem Bischofsamt in einem Gänsestall versteckte und durch das Geschnatter der verräterischen Gänse entdeckt wurde.

In Großbritannien und Irland heißt der Martinstag „Saint Martin’s Day“. Er fällt auf den gleichen Tag wie der „Remembrance Day“, der Tag der Erinnerung an Kriegsopfer und gefallene Soldaten. Traditionell wurden an diesem Tag Tiere geschlachtet, die den Winter nicht überlebt hätten.  Anders als in anderen europäischen Ländern wird am englischen Martinstag jedoch keine Martinsgans zubereitet, sondern ein Schweinebraten.

In Ländern wie in Slowenien, Kroatien und der Tschechischen Republik ist Martin von Tours ebenfalls bekannt. Am Tag des Martin wird der Weinmost von einem Bischof getauft und verwandelt sich durch diese Reinigung in Wein. Auch in Österreich gibt es eine Verbindung zwischen St. Martin und Wein: Als „Patron des Weins“ findet das sogenannte Martiniloben statt, eine Weinverkostung.

Diese beschränkt sich nicht nur auf den Martinstag, sondern beginnt schon im Oktober und dauert bis Ende November an. Früher gingen die Weinbauern von Weinkeller zu Weinkeller und testeten die Qualität der jungen Weine.

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