Sibylle Bergs „Wonderland Ave.“ Triumph der Roboter

Mülheim/RUhr · Bei den Mülheimer Theatertagen wurde Sibylle Bergs „Wonderland Ave.“ aufgeführt.

 Szene aus „Wonderland Ave.“ mit liegendem Koloss.

Szene aus „Wonderland Ave.“ mit liegendem Koloss.

Foto: Birgit Hupfeld

Während die Zuschauer im Theatersaal der Stadthalle Mülheim Platz nehmen, sticht gleißendes Licht in die Augen. Auf der Bühne zeichnen sich schemenhaft die Umrisse eines liegenden Kolosses ab. Vogelgezirpe, Tierlaute wie im Zoo. Dann wird es dunkel im Raum und hell auf der Bühne. Auf dem fleischigen Riesen kauert sein menschliches Ebenbild, der Schauspieler Bruno Cathomas. Daneben eine Frauenstatue. Zackig nahen fünf Roboter in menschlicher Gestalt und scheuchen den Schlafenden auf: „Ein bezaubernder Tag in unserer friedlichen Einrichtung beginnt!“

Mit Sibylle Bergs beißender Utopie „Wonderland Ave.“, 2018 im Schauspiel Köln uraufgeführt, wurden die 44. Mülheimer Theatertage eröffnet. In der Welt von „Wonderland Ave.“, inszeniert von Regisseur Ersan Mondtag, haben Roboter die Macht übernommen. Ein Mann und eine Frau, ausgestellt wie im Museum, sollen sich in einem Wettstreit auf „den perfekten Zustand“ vorbereiten. Aufmüpfigkeit wird mit Stromstößen quittiert, verharmlost als „elektronische Botschaften“.

Neben Bruno Cathomas hat es den quecksilbrigen Kobold Kate Strong in die Vorhölle verschlagen. Versuchskaninchen in Schlafanzügen, die irgendwann erkennen: „Wenn ein Mensch keine Funktion hat, ist es gleichgültig, ob er lebt oder nicht.“ Über weite Strecken fesselt die gallige Zukunftsvision auf optisch anregender Bühne. Manchmal möchte man lachen, dann wieder tauchen unangenehme Assoziationen zu Selektionen auf, wenn halbnackte Menschen gescannt, ausgemustert und schließlich getötet werden. Einige Sequenzen geraten etwas zäh, sind textlich überfrachtet oder führen ins Nichts.

Und immer triumphieren die Roboter. Rebellion zwecklos. Will der Mann bei Google gegen die maschinelle Dominanz protestieren, tönt es im Chor zurück: „Der Google-Chef ist ein Automat.“ Bildet er sich ein, die Roboter mit einem Schraubenzieher zerstören zu können, kontern sie kühl: „Schraubenzieher gibt es nicht mehr.“

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