Serie „Platonic“ Wie man Freundschaft von Liebe trennt

Eine nicht-romantische Komödie: Die Serie „Platonic“ erzählt von einer Frau und einem Mann, die wirklich nur Freunde sind. Zu bereden haben sie viel. Beide stecken nämlich in der Midlife Crisis.

 Luke Macfarlane und Rose Byrne in „Platonic“.

Luke Macfarlane und Rose Byrne in „Platonic“.

Foto: AP/Paul Sarkis

Können ein Mann und eine Frau einfach nur Freunde sein, ohne sich ineinander verlieben zu müssen? Blöde Frage. Natürlich, passiert im echten Leben ja des Öfteren. In Film und Fernsehen sieht das allerdings ganz anders aus. Hier gilt immer noch das Primat der romantischen Anziehung, sobald ein Mann und eine Frau den Raum der Erzählung betreten. Nicht umsonst dreht sich der große Klassiker der romantischen Komödie, „Harry und Sally“ (1989,) um den scheiternden Versuch der beiden Titelfiguren, Freundschaft, Liebe und Sex voneinander zu trennen.

Kaum ein anderes Genre arbeitet sich derart tapfer und unhinterfragt an der Erfüllung gesellschaftlicher Normen ab wie die RomCom, wo immer noch jeder Topf seinen Deckel bekommt. Diesen Automatismus versucht nun die neue Apple-Serie „Platonic“ zu durchbrechen. Sylvia (Rose Byrne) und Will (Seth Rogen) kennen sich seit Jugendjahren, sind zusammen aufs College gegangen und haben als vergnügungswillige Millennials im besten Freundschaftsmodus viel Zeit miteinander verbracht.

Auch als Sylvia den schmucken Juristen Charlie (Luke Macfarlane) heiratete, war Will als Trauzeuge mit von der Partie. Die Freundschaft ging erst in die Brüche, als Sylvia unmissverständlich ihre Bedenken gegen Wills Verlobte Audrey (Alisha Wainwright) formulierte.

Mittlerweile ist Sylvia Mutter dreier Kinder und hat ihre juristische Karriere für die Erziehung des Nachwuchses aufgegeben. Will hingegen hat in Los Angeles mit zwei Kompagnons eine hippe Bar eröffnet, in der er selbstgebrautes Bier ausgeschenkt. Seit mehr als fünf Jahren haben die beiden sich nicht mehr gesehen. Aber dank den Segnungen der sozialen Medien bekommt man auch ohne direkten Kontakt die wichtigsten biografischen Veränderungen ehemaliger Freunde aufs Smartphone gespielt.

Als Sylvia erfährt, dass sich Audrey und Will scheiden lassen, nimmt sie auf Anraten ihres Ehemannes Kontakt zum alten Freund auf. Das erste Treffen im Coffeeshop ist eine Katastrophe. Silvia tut krampfhaft so, als wüsste sie nichts von Wills verändertem Beziehungsstatus, während dieser äußerst halbherzig Interesse an Sylvias Hausfrauen- und Mutterdasein vortäuscht. Erst als sie sich auf einer eskalierenden Party in der Bierbar treffen, kommen die Qualitäten der alten Freundschaft wieder zur Geltung.

Die beiden Mittvierziger sind wie ein Strohhalm füreinander, an dem sie sich aus ihrer Midlife Crisis herauszuziehen versuchen. Auf nächtlichen Streifzügen durch die Kneipen, grässlichen Fast-Food-Orgien oder dem gemeinsam Abhängen auf dem Sofa entdecken sie die Vertrautheit der alten Freundschaft wieder. Will findet Trost und Ablenkung vom eigenen Trennungsschmerz, während Silvia frischen Wind in ihr unzufriedenes Nur-Mutter-Dasein bringt.

Über zehn halbstündige Episoden erzählen Nicholas Stoller („Bros“) und Francesca Delbanco („Friends from College“) in ihrer nicht-romantischen Komödie „Platonic“ von den Höhen und Tiefen dieser reanimierten Freundschaft. Die Serie lebt von der stimmigen Chemie zwischen Rose Byrne und Seth Rogen, die schon in Stollers „Bad Neighbors“ (2014) gemeinsam vor der Kamera standen.

Den beiden gelingt es die eigentümliche Eingespieltheit einer Jugendfreundschaft im Midlife-Crisis-Modus glaubwürdig zu verkörpern. Dennoch generiert das gemeinsame Abhängen der kriselnden Mittvierziger über fünf Streaming-Stunden einige Längen, während die eingestreuten komisch-dramatischen Events nicht den notwendigen Unterhaltungswert entwickeln. Das liegt vor allem daran, dass „Platonic“ allzu fest und vollkommen unkritisch in der gesättigten Gedankenwelt des amerikanischen Mittelstandes verankert ist, dessen Sorgen und Nöte sich vornehmlich um den eigenen Bauchnabel drehen.

„Platonic“, USA 2023 – mit Rose Byrne, Seth Rogen, Luke Macfarlane, Carla Gallo; bisher zehn Episoden, zu sehen bei Apple TV+.

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