Kulturausflug Nicht immer nur Michelangelo 

Remagen · „Florenz unter den letzten Medici“ ist der Titel einer großen barocken Ausstellung, die noch bis September im Remagener Arp-Museum zu sehen ist.

 „Esther mit Ahasverus“ von Pietro Dandini aus den 1690er Jahren. Der persische Herrscherkönig nimmt  – nach der Verstoßung seiner Hauptfrau – die Jüdin Esther zur Frau.

„Esther mit Ahasverus“ von Pietro Dandini aus den 1690er Jahren. Der persische Herrscherkönig nimmt  – nach der Verstoßung seiner Hauptfrau – die Jüdin Esther zur Frau.

Foto: Haukohl Family Collection/Tom Lucas

Die Medici aus Florenz förderten Leonardo da Vinci und Michelangelo, Botticelli und Donatello und halfen damit tatkräftig bei der Geburt der Renaissance. Weniger ist bekannt, dass sich dieses an Geld und Ruhm reiche italienische Adelsgeschlecht auch kurz vor seinem Untergang noch einmal in die Geschichte des Mäzenatentums einschrieb. Was daraus hervorging, lässt sich nun in einer Ausstellung im Remagener Bahnhof Rolandseck bewundern: „Florenz unter den letzten Medici. Die Haukohl Family Collection“.

In den zurückliegenden 35 Jahren hat die amerikanische Familie Haukohl eine Sammlung an Florentiner Barockmalerei zusammengetragen, die zu den bedeutendsten privaten Sammlungen auf diesem Gebiet zählt. Man wundert sich, dass solche Kunst im 20. Jahrhundert noch erschwinglich und überhaupt auf dem Markt war.

Zu bedenken ist dabei erstens, dass die die Auktionen zu diesem Thema vor drei Jahrzehnten noch keine Spitzenpreise erzielten; und zweitens lag das Florentiner Barock im Schatten der Florentiner Renaissance. Drittens sind die Namen der Künstler nicht annähernd so geläufig wie diejenigen von Leonardo und Michelangelo.

All diese Maler und Bildhauer zehrten sichtlich von Michelangelo, der zwar im Barock lebte, als Künstler der Hochrenaissance aber seiner Zeit weit voraus war. In der Ausstellung ist er nicht durch eines seiner heute irrsinnig teuren Werke vertreten, jedoch immerhin durch ein Stuck-Porträt von Antonio Montauti.

In der Nachbarschaft dieses Bildnisses vereint die Schau des Arp-Museums im Kunstbahnhof Stücke der Sammlung Haukohl mit solchen aus der Sammlung Rau, die das Haus so lange betreut, bis sie nach dem Wunsch des verstorbenen Besitzers 2026 zugunsten von Unicef versteigert werden.

Im mittleren der drei Säle hängen drei Allegorien nebeneinender: verbildlichende Darstellungen abstrakter Begriffe wie Musik, Ruhm und Poesie. Davor kommt zwei Mal das Geschlecht der Medici ins Spiel. Eine marmorne Porträtbüste zeigt Papst  Clemens VII., der als Giulio de‘ Medici zur Welt kam. Und vom flämischen Barockkünstler  Justus Suttermans, 60 Jahre lang Hofmaler der Medici, stammt ein Gemälde von Giancorlo de‘ Medici, das vor dessen Ernennung zum Kardinal entstand.

Vom Pathos des Barocks ist in diesem ersten Saal noch wenig zu spüren. Das ändert sich im zweiten, größeren Raum. Bewegung fährt in die Szenen wie etwa in „Esther mit Ahasverus“ von Pietro Dandini aus den 1690er Jahren, der Geschichte vom persischen König Ahasverus, der nach der Verstoßung seiner Hauptfrau die Jüdin Esther zur Frau nimmt.

Anrührend verhalten wirkt demgegenüber Felice Ficherellis Gemälde „Der heilige Sebastian wird von der heiligen Irene geheilt“ aus dem 17. Jahrhundert, eine in ein kunstvolles Achteck eingepasste Szene, in der Irene dem wegen seines Bekenntnisses zum Christentum zu Tode verurteilten Sebastian den giftigen Pfeil behutsam aus dem Arm zieht.

Zu barocker Höchstform läuft die Schau in ihrem rechten Flügel auf. Die Werke dort zeugen vom Boom der Marienverehrung in Zeiten der Gegenreformation. Dort häufen sich die Heiligenscheine. Bei Jacopo da Empoli erscheint die Madonna dem heiligen Hyazinth, und der Maler Giovanni Domenico Ferretti führt geradezu plastisch vor, wie Gott mit vier Putten aus dem Himmel herabfliegt, um Kain für die Ermordung Abels zu tadeln - großes Barockkino.

Mit der Wahl der Rahmen hat sich die Familie Haukohl ganz besondere Mühe gegeben. In vielen Fällen umschließen originale barocke Stücke die prächtigen Bilder. Im Fall von Ferrettis „Harlekin und seine Dame“ stiehlt der plastische, szenenreiche Goldrahmen dem Bildmotiv sogar fast die Schau – eine Überladung schon ganz nach amerikanischem Geschmack.

Info Arp-Museum in Remagen-Rolandseck, Hans-Arp-Allee 1;
Dauer: noch bis 8. September;
Öffnungszeiten: Di.-So. 11-18 Uhr;
Eintritt: neun Euro, ermäßigt sieben Euro; Kinder bis zwölf Jahre haben freien Eintritt

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