Seeschlacht gegen Pazifik-Ungeheuer

In "Pacific Rim" kämpfen Menschen in Roboterhüllen gegen Giganten aus dem Meer. Wuchtige Action-Unterhaltung.

Die moderne Drohnentechnik, warnen Pessimisten, senke die Hemmschwelle hin zur Kriegsführung. Der Soldat fahre irgendwo im tiefsten Frieden in ein Büro, in dem andere in Frieden Lebende auf Satellitenbildern abstrakte, ferne Ziele ausgemacht haben, die er dann mit ein wenig Ruckeln am Joystick und dem Drücken von Knöpfen aus weiter Entfernung zu treffen versuche. Das reale Töten werde so eines von vielen Computerspielen, die jederzeit und überall in der Friedensgesellschaft ablaufen.

Der neue Popcornkinokracher "Pacific Rim" hat eine etwas andere Vorstellung von moderner Waffentechnik. Die liefert hier so etwas wie gigantische Ritterrüstungen, man könnte auch sagen, Kampfroboter ohne Robotergehirn. Im Inneren der Stahlkolosse sitzen Menschen in einer Abtastmaschinerie, die ihre Körperbewegungen auf Arme und Beine des Schlachtgetüms überträgt. Einerseits wird eine Auseinandersetzung also so etwas wie eine überdimensionierte Schulhofprügelei mit Stahlfäusten, andererseits erfordert sie ein dem Liebesakt ähnelndes Teamwork.

Im Inneren der größten und modernsten der Kampfmaschinen sitzen immer zwei Piloten, der eine für die linke, der andere für die rechte Körperhälfte zuständig. Die beiden Kämpfer müssen im Geiste miteinander verschmelzen, Flow heißt dieser Prozess hier, und längst nicht jeder ist für diese momentane Selbstaufgabe geeignet. Der bessere Arbeitsplatz von morgen erfordert den ganzen Menschen und lässt keine Privatheit übrig.

In "Pacific Rim" bekämpfen die Menschen aber ausnahmsweise nicht ihre Mitmenschen, sondern Ungeheuer aus finsterster Meerestiefe, in der sich das Tor zu einer anderen Dimension aufgetan hat.

Der in Mexiko geborene, mittlerweile in den USA arbeitende Regisseur Guillermo del Toro zeigt uns den Anfang des neuen Kriegs in einer kurzen historischen Zusammenfassung, dann führt er uns mitten hinein in die krachenden Begegnungen von humanoiden Riesenmaschinen und schuppigen Angreifern, die aussehen wie eine Mischung aus wütenden Drachen und verdorbenem Meeresfrüchtesalat. Natürlich ist das hanebüchener Unfug, aber einer mit Bewusstsein für Filmgeschichte.

"Pacific Rim" ist die moderne Variante der japanischen Riesenmonsterfilme, der Kaiju Eiga, wie das Genre im Heimatland von Godzilla genannt wird. Mit eben diesem von radioaktiver Strahlung veränderten Saurier begann 1954 das Jahrzehnte Wüten und Toben, wobei der von Ishiro Honda inszenierte "Godzilla" noch ein sehr ernster Film war. Das Städte zertrampelnde Urvieh verkörperte den neuen Schrecken der Atomwaffen. Schnell aber löste sich der Spaß an der Destruktion von allen grimmigen Bezügen. Bis zum Anbruch der Computerbildära waren Japans Monsterschinken das ultimative Krawallkino für frühpubertierende Jungs, wobei die bizarren Kreaturen auf der Leinwand wohl den Aufruhr der Hormone in einer Phase der Mannwerdung spiegelten.

Guillermo del Toro zeigt sich diesmal weit entfernt vom Bezugs- und Nuancenreichtum von "Pans Labyrinth". Aber auch seine Hommage an den Rabatz von einst ist auf ihre Art sehr clever gemacht. Kamera und Schnitt etablieren eine Welt der Funktionalität, der Rituale und des Daueralarms, in der für das Nachdenken wenig Zeit bleibt. Noch sehr viel mehr als bei seinen beiden "Hellboy"-Comicverfilmungen kommt es Del Toro auf den optischen Eindruck an, auf Momente des Staunens, auf die Herbeibeschwörung auf die Leinwand von Dingen, die uns beim alltäglichen Trödeln durch die Fußgängerzone nie begegnen werden. Das wuchtige Bild zieht "Pacific Rim" stets konsequent der Logik vor, so konsequent, dass man einfach schmunzeln muss. Jeder Kampfgigant etwa wird von einem ganzen Schwarm Hubschrauber zu seinem Einsatzort ein Stück draußen vorm Strand geflogen. Wenn das Ziel erreicht ist, werden die Halterungen gekappt und das zig Tonnen schwere Ungetüm stürzt ein ganzes Stück abwärts, bevor es sich mit einer Elastizität fängt, die es in der Welt unserer Physik gewiss nicht aufbrächte.

Das soll aber nicht heißen, dass Del Toro den Krieg der Zukunft subversiv ironisch anginge. In "Pacific Rim" bekommt man genau das, was von der Werbung versprochen wird, davon aber reichlich: Riesenmonster und Riesenroboter, die einander in 3D in Fetzen reißen. So wie man in einer Vorratstrommel Waschpulver eben Waschpulver bekommt und nicht noch Kaffee, Kuchen und Gebäck. lll

(RP)
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