Düsseldorf Der düstere Schlagersänger: Scott Walker wird 70

Düsseldorf · Scott Walker wird morgen 70 Jahre alt, und für alle, die Popmusik nicht bloß als Hintergrundrauschen der Gegenwart wahrnehmen, dürfte das ein guter Tag sein – denn Walker ist ein Gigant. Er ist eine der faszinierendsten Persönlichkeiten des Musikgeschäfts, ein Schlagersänger des 20. Jahrhunderts, der im 21. Jahrhundert als Avantgardist wiederkehrte. Ein Mann, der seit 34 Jahren nicht mehr auftritt, selten Fotos von sich machen lässt und fast nie Interviews gibt. Ein Mann, der 20 Minuten lange Kompositionen veröffentlicht, die Titel tragen wie "SDSS1416+13B (Zercon, a Flagpole sitter)", sich ausnehmend schlecht verkaufen, aber sagenhaft klingen.

Scott Walker wird morgen 70 Jahre alt, und für alle, die Popmusik nicht bloß als Hintergrundrauschen der Gegenwart wahrnehmen, dürfte das ein guter Tag sein — denn Walker ist ein Gigant. Er ist eine der faszinierendsten Persönlichkeiten des Musikgeschäfts, ein Schlagersänger des 20. Jahrhunderts, der im 21. Jahrhundert als Avantgardist wiederkehrte. Ein Mann, der seit 34 Jahren nicht mehr auftritt, selten Fotos von sich machen lässt und fast nie Interviews gibt. Ein Mann, der 20 Minuten lange Kompositionen veröffentlicht, die Titel tragen wie "SDSS1416+13B (Zercon, a Flagpole sitter)", sich ausnehmend schlecht verkaufen, aber sagenhaft klingen.

Berühmt wurde Walker Mitte der 60er Jahre, da hatte seine Band den Hit "The Sun Ain't Gonna Shine Anymore". Walker Brothers nannten sie sich, obwohl die drei Jungs keine Brüder waren und auch nicht Walker hießen. Nach der Trennung 1967 veröffentlichte Noel Scott Engel, wie Scott Walkers Taufname lautet, erfolgreiche Soloalben ("Scott 1-3") mit Vertonungen düsterer Kurzgeschichten sowie Interpretationen von Brel-Kompositionen. "Scott 2" erreichte zwar Platz eins in England, aber bitter ist, dass sein bestes Werk, nämlich das heute als Klassiker gehandelte "Scott 4", kaum jemand haben wollte. "Climate Of Hunter", das brillante Album aus dem Jahr 1983, gilt gar als das am schlechtesten verkaufte in der Geschichte der Plattenfirma Virgin. Dennoch hört man hier, wie aus dem romantischen Bariton, der stets älter klang als sein Sänger, ein Musik-Denker wurde, der eigentlich eher Neue Musik macht denn Pop.

David Bowie, gemeinsam mit Nick Cave und Thom Yorke weltgrößter Walker-Fan, bezeichnete "Tilt", Walkers finsteres Album von 1995, als "beste Platte aller Zeiten", und auch wenn das arg hoch gegriffen ist, hört man die Botschaft: Legt Scott Walker auf, beschäftigt euch mit ihm, es lohnt sich. Er ist einer, der den Glauben an das Neue im Pop wachhält, man sollte nur die aktuelle, sehr verwegene Platte "Bish Bosch" auflegen und sich verblüffen lassen. Morgen ist ein guter Tag.

(RP)
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