Intendant Stefan Bachmann wechselt nach Wien Schwierige Nachfolge-Suche am Schauspiel Köln

Köln · Intendant Stefan Bachmann geht 2024 ans Wiener Burgtheater. Am Kölner Schauspiel ist ihm in den zurückliegenden Jahren etwas fast Unmögliches gelungen.

  Intendant Stefan Bachmann wird 2024 ans Wiener Burgtheater wechseln.

Intendant Stefan Bachmann wird 2024 ans Wiener Burgtheater wechseln.

Foto: dpa/Eva Manhart

Intendant Stefan Bachmann verlässt das Schauspiel Köln nach der Saison 2023/24 in Richtung Wien, wo er die Leitung des Burgtheaters übernimmt. Warum sein Weggang für die Rhein-Stadt zum Problem werden könnte, ist Anfang 2019 klar geworden: Da haben die Verantwortlichen schon einmal versucht, eine Nachfolge für ihn zu finden – und auch eine verkündet. Die Entscheidung für Carl Philip von Maldeghem aus Salzburg wurde der Findungskommission damals allerdings öffentlichkeits wirksam um die Ohren gehauen. Heute sind die Diskurse, die damals zur Blamage führten, noch stärker geworden.

Der 1966 in Zürich geborene Stefan Bachmann hat in Köln seit 2013 etwas fast Unmögliches geschafft: Er hat das Schauspiel in einer Interimsstätte so sehr erblühen lassen, dass kaum noch jemand fragt, ob die Sanierung des Theaters am Offenbachplatz eigentlich jemals erfolgreich beendet wird. Die Bühnenräume im Carlswerk in Köln-Mülheim haben den Industriekultur-Charme, mit dem jeden Sommer die Ruhrtriennale punkten kann, und sie stehen mittlerweile im Zentrum eines Stadtteils, der sich von der grauen Maus auf der falschen Rheinseite zum kreativen Hotspot der Stadt entwickelt hat.

Hier machen Stefan Bachmann und sein Team Theater, das ganz selbstverständlich einlöst, was immer gefordert wird: Es knüpft an Traditionen an, schafft Kontinuitäten mit bilderstarkem Klassiker-Theater für das Abo-Publikum und großen Regie-Namen wie Robert Borgmann, Frank Castorf, Ersan Mondtag. Ihm gelingt aber genauso der Spagat hin zu neuen Publikumsschichten – mit einer sanften Diversifizierung von Ensemble und Personal, grandios anderem Tanztheater von Richard Siegals Ballet of Differenceoder politisch brisanten und hochspannenden Stoffen von Nuran David Calis und Experten des Alltags, die zum Beispiel den NSU-Anschlag auf der benachbarten Keupstraßethematisierten.

Genau dieser gelungene Spagat hat Stefan Bachmann, dem 2019 zum Glück aller Beteiligten auffiel, dass er noch genug Ideen für ein paar weitere Kölner Jahre auf dem Zettel hat, jetzt nach Wien geführt. Die Frage ist, wer ihn am Rhein ab 2024 vollführen könnte: Die identitätspolitischen Diskurse sind am (Sprech-)Theater noch stärker geworden, Männer ohne Migrationshintergrund bekommen da momentan kaum noch Jobs auf Leitungsebene. Vielleicht traut sich Nuran David Calis auch eine Intendanz zu. Oder es gibt mal wieder einen Wechsel vom Chefsessel der Ruhrtriennale an ein Stadttheater in NRW: Barbara Frey wäre 2024 frei. Und sie kommt wie Stefan Bachmann aus der Schweiz.

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