Düsseldorf Schauspiel: Die Krise hat Düsseldorf erreicht

Düsseldorf · Das Paradies hat seine Unschuld verloren. Als Staffan Holm gestern seinen zweiten Schauspielplan für die Landeshauptstadt Düsseldorf vorstellte, sprach er von "Sorgen", die ihn drückten. Mit 350 000 Euro weniger muss er auskommen in der Spielzeit 2012/2013. Die seit Amélie Niermeyers Ära übliche Sonderleistung der Stadt wurde gestrichen. Nun bleiben 22 Millionen zuzüglich der eigenen Einnahmen. Die Hälfte gibt die Stadt, die andere das Land. Das klingt ordentlich, relativiert sich aber schnell, wenn man bedenkt, dass mehr als 80 Prozent des Etats Personalkosten verschlingen. Und die Tariferhöhungen von 6,5 Prozent sind bei allen spitzen Rechnungen noch nicht kompensiert.

"Es gibt keinen Puffer mehr", sagte Holm. Und doch bekräftigte er sein Bekenntnis zum paradiesischen Theaterstandort Deutschland. Im reichen New York könne man sich keinen Shakespeare mehr leisten, denn auf private Sponsoren sei wenig Verlass. "Wirtschaftlich liegen wir zwar hinter Asien, aber: Wir haben die Kultur", so Holm.

Mit Klassikern will er offenbar mehr Publikum an sein Haus binden, wenn es der im Baustellenchaos versinkende Gustaf-Gründgens-Platz Besuchern auch nicht gerade leichtmacht, zum Schauspiel hinzufinden. Womöglich ist das ein Grund dafür, dass das Theater bei einer Auslastung von nur 68 Prozent liegt. Bei Niermeyer waren es zuletzt 75 Prozent gewesen; in Köln hatte Karin Beier 2008, gleich in ihrer ersten Spielzeit, pro Vorstellung die Besucherzahlen um 25 Prozent nach oben schnellen lassen.

Einen Holm-Effekt hat der Schwede, der auf Internationalität setzte, bisher nicht geschafft. Er hatte mit dem verspäteten Spielzeitauftakt wegen Bauverzögerungen zu kämpfen, musste daher viele Stücke in der städtebaulich weniger attraktiven Probenbühne spielen lassen. Derlei Probleme gibt es ab Sommer 2012 nicht mehr. Das Einzige, was noch aussteht, ist die Aufsichtsratssitzung unter Beteiligung der Regierung. Die konnte nicht vor dem NRW-Neuwahltermin am 13. Mai stattfinden, sondern wurde auf den 23. Mai verschoben. Von einer Bestätigung der bestehenden Verhältnisse darf man ausgehen.

Die nächste Saison beginnt am 15. September mit "Der Prozess" von Franz Kafka. Der russische Regisseur Andrej Mogutschi steht für hierzulande ungewöhnliche Theaterprojekte. Das Stück ist eine Art Folie, die Produktion eine "Übersetzung" für Düsseldorf. Ein 86-jähriger Komponist hat die Musik geschrieben, junge Ausstatter und Autoren begleiten den Regisseur. In seiner Produktion wird ein vor Ort gegründeter 94-stimmiger Volkschor auftreten. Auf Kafka folgt Büchner, ebenso frei interpretiert von Regisseur und Autor Falk Richter. Die Kinder bekommen ein Märchen, das weltberühmt durch Walt Disney+ wurde: "Die Schöne und das Biest" soll ab 11. November das Große Haus füllen. Vor nicht allzu langer Zeit erlebte man in Düsseldorf Shakespeares Komödie "Wie es Euch gefällt", die jetzt Hausregisseurin Nora Schlocker einrichtet. Auch "Kasimir und Karoline" gibt es erneut, diesmal in der Regie von Hausregisseur Nurkan Erpulat. Der Intendant inszeniert "Peer Gynt"– und erlebt seine Ibsen-Premiere.

Alle Spielplan-Infos unter duesseldorfer-schauspielhaus.de/spielplan

(RP)
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