Ausstellung in Dortmund Armin Mueller-Stahls „Jüdische Freunde“

Dortmund · Der 91-jährige Schauspieler und Maler eröffnete die Schau mit seinen Porträts im Museum für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund selbst.

 Armin Mueller-Stahl vor seiner Porträt-Serie „Jüdische Freunde“.

Armin Mueller-Stahl vor seiner Porträt-Serie „Jüdische Freunde“.

Foto: Roland Gorecki

Armin Mueller-Stahl wird im Dezember 92 Jahre alt und bekommt immer noch Angebote aus Hollywood: In einem Film sollte er zusammen mit Michael Caine die Geschichte eines deutschen und eines englischen Soldaten spielen, die sich am D-Day treffen. Aber der deutsche Schauspieler bleibt seinem Entschluss treu, keine weiteren Filme mehr zu machen. Er widmet sich lieber anderen Leidenschaften – der Musik und der Malerei. In seiner Eigenschaft als Maler zeigte er sich jetzt im Museum für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund und eröffnete eine Ausstellung seiner Porträt-Serie „Jüdische Freunde“.

Über 100 Portraits jüdischer Künstler und Intellektueller hat Armin Mueller-Stahl in den vergangenen Jahren gemalt. Manche sind tatsächlich Weggefährten und Freunde, manche – wie Franz Kafka oder Felix Mendelssohn-Bartholdy –sind lange vor seiner Zeit gestorben. Trotzdem waren sie an bestimmten Stellen seiner Biographie wichtig. „Ich betrachte dann zum Beispiel die Augen“, sagt er, „die sind ja das Sprechendste an einem Gesicht und als Schauspieler ist man neben den Händen vor allem auf sie konzentriert. Ich versuche im malerischen Prozess, das Gesicht hinter dem Gesicht zu kriegen, zu kreieren.“ Wenn er sich auf diese Weise in ein Gesicht lang Verstorbener hineinversetzt, dann geht ihm manchmal auf: „Vielleicht wären wir Freunde geworden, wenn wir zusammen aufgewachsen wären.“

30 Porträts aus der Serie sind in Dortmund ausgestellt. Darunter George Tabori, Billy Wilder, Woody Allen, Walter Benjamin, Hannah Arendt, Susan Sontag oder Paul Celan. Ihre Gesichter wirken oft wie von tiefem schwarz umhüllt, als würden sie sich auf einem chaotischen Wirrwarr herausschälen, aus abstrakten Farbfeldern und Linien. So erzählt Armin Mueller-Stahl die schwierige Geschichte jüdischer Persönlichkeiten mit, die diskriminiert, stigmatisiert, verfolgt, ins Exil getrieben oder getötet wurden. Er will aber auch zeigen: Sie hatten immer einen wichtige und starke Präsenz in der deutschen Gesellschaft, gehören unbedingt zur deutschen Kultur.

Für Armin Mueller-Stahl ist die Kunst auch ein Prozess des inneren Ausgleichs. „Beim Malen werde ich ein friedlicher Mensch“, sagt er. Und dass er das nicht immer ist, wird deutlich, wenn er gefragt wird, warum es ihm ein Anliegen ist, jüdische Menschen zu portraitieren: „Ich musste miterleben, wie ein Klassenkamerad plötzlich nicht mehr da war. Ich habe mit 13 Jahren meinen Lateinlehrer gefragt: ‚Was bedeutet der gelbe Stern?‘ Er hat nur ‚Pssst‘ gemacht und auf ein Plakat gedeutet: ‚Feind hört mit‘.“ Wenn man diese Zeiten miterlebt habe, könne man kaum glauben, was derzeit passiert: Dass Europa einen Rechtsruck erlebe, die Demokratie erodiere, wieder antisemitische Übergriffe geschehen.

Da findet Armin Mueller-Stahl, der äußerlich unübersehbar gealtert ist, zu Kraft, richtet sich auf und ruft laut: „Wie ist das möglich? Sind die Leute verrückt? Wollen sie eine Figur wie Hitler wiederhaben?“

„Jüdische Freunde“: bis 29.1.23, Museum für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund. Der Eintritt ist frei. www.dortmund.de/mkk

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