Schadenfreude Seit 105 Jahren wird offiziell über den Bananenschalen-Gag gelacht

Berlin · Wann genau das Ausrutschen auf einer Bananenschale zum Slapstick-Gag wurde, ist kaum mehr eindeutig zu klären. Eines aber steht fest: Der Witz hatte am 29. April vor 105 Jahren mit Charlie Chaplin seinen ersten großen Leinwandauftritt.

 Eine Person tritt auf eine auf dem Boden liegende Bananenschale (Symbolbild).

Eine Person tritt auf eine auf dem Boden liegende Bananenschale (Symbolbild).

Foto: dpa/Fredrik von Erichsen

Im Film „By the Sea“ („An der See“) zieht es dem Hollywood-Star in seiner berühmten Rolle des „Tramps“ die Füße über der Schale weg, die er Sekunden zuvor noch selbst auf den Boden hat fallen lassen.

Seither gehört diese Pointe wohl zu den Prototypen für ein Lachen aus Schadenfreude. „Wenn ich auf einer Bananenschale ausrutsche, ist es eine Tragödie, wenn du es tust, ist es eine Komödie“, heißt es in einem Bonmot, das niemandem mehr richtig zuzuordnen ist. Ein bisschen wahr ist der Ausspruch aber wohl dennoch.

Zwei Jahre nach Chaplin wirft in Harold Lloyds „The Flirt“ der Restaurantgast achtlos eine Bananenschale weg - kurz darauf stürzt ein Kellner samt Tablett. Der Clou: Der vermeintliche Tollpatsch wird gefeuert, der Gast übernimmt dessen Job. 1927 dann rutscht in „Dick und Doof“ ein Kuchenhändler aus, was zu einem weiteren Lebensmittel-Klassiker des Stummfilms führt: der Tortenschlacht.

Jahrzehnte später versucht in einem Sketch von Loriot ein Reisender am Flughafen verzweifelt, eine halb gegessene Banane loszuwerden. Die wenig überraschende Idee: In einem unbeobachteten Moment lässt der Passagier sie fallen - und rutscht später selbst darauf aus.

„Wenn sich ein bestenfalls gut gelaunter und vor allem naiver Spaziergänger einer Bananenschale nähert, ahnt der Zuschauer was passiert“, sagte Regisseur Bastian Reiber der Deutschen Presse-Agentur. Auch er hat die Frucht in sein Theaterstück „Prometheus“ eingebaut, das 2019 an der Berliner Schaubühne Premiere feierte. „Die Situation ist ein Versprechen.“ Das Setting Mensch und Bananenschale habe sich ins allgemeine Gedächtnis eingeprägt, so Reiber. Wenn jeder zu wissen glaube, was passiere, könne man mit dieser Erwartung spielen.

Das wusste auch schon Chaplin. Als er nämlich ein paar Jahre nach „By The Sea“ einmal gefragt wurde, wie der Bananen-Gag mittlerweile abzulaufen habe, soll er gesagt haben: „Sie zeigen eine dicke Dame, die sich nähert, danach die Bananenschale, dann beide zusammen. Dann tritt sie über die Bananenschale hinweg - und fällt in einen Gully.“

Auch eines der beliebtesten Videospiele aller Zeiten ist ohne die gelbe Pelle kaum denkbar. In „Super Mario Kart“ von 1992 können Rennfahrer die Schleuderfallen auf die Strecke werfen und Gegner damit ins Hintertreffen bringen. Trotz mehrerer Neuauflagen des Spiels: Die Bananenschale hat sich gehalten.

Und wie gefährlich sind Bananenschalen nun tatsächlich? Für eine Untersuchung von 2012 hat ein Team um den japanischen Wissenschaftler Kiyoshi Mabuchi den eher satirischen Ig-Nobelpreis bekommen. Demnach sind die Reste des exotischen Obstes wirklich rutschiger als etwa Schalen von Äpfeln, Zitronen oder Mandarinen. Doch es gibt auch Dinge, die besser gleiten - zum Beispiel ein Ski auf Schnee.

Als die Müllabfuhr noch nicht so etabliert war wie heute, war die Bananenschale wohl sogar im echten Leben eine ständige Gefahr - wenn man Miss Anna H. Sturla aus New York Glauben schenken darf. Alleine zwischen 1906 und 1909 will sie elf Mal darauf ausgerutscht sein - unter anderem im Bahnhof, auf einer Fähre oder in der Damentoilette, wie die „New York Times“ 1910 berichtete.

Wie groß das Problem mit Bananenschalen auf den Straßen New Yorks zu Beginn des 20. Jahrhunderts wirklich war, kann wohl nicht mehr mit absoluter Sicherheit gesagt werden. Miss Sturla scheint auf jeden Fall übertrieben zu haben: Nach 17 angezeigten Unfällen (darunter die elf mit Bananenschalen) und fast 3000 Dollar erzieltem Schadenersatz wurde sie wegen des Verdachts auf Betrug festgenommen.

(felt/dpa)
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