Bochum Ruhrtriennale besinnt sich auf ihre Wurzeln

Bochum · Johan Simons knüpft an Ideen des Festivalgründers Mortier an und will "Kreationen" neu beleben.

Als Festival der Kunst in den Kathedralen der Industriekultur hat die Ruhrtriennale 2002 begonnen. Gründungsintendant Gerard Mortier reizten nicht nur die Spielorte im Ruhrgebiet, er wollte, dass sich dort auch neue Verbindungen aus Musik, Tanz, Theater und Kunst ergeben und Liebhaber aller Sparten überwältigt werden. Seine Nachfolger haben andere Akzente gesetzt, doch Johan Simons knüpft nun wieder dort an. Der Niederländer, der zuletzt die Münchner Kammerspiele geleitet hat, will ab Sommer die alte Idee der "Kreationen" neu beleben. Und er wird selbst vormachen, wie er sich das denkt: Am 14. August wird er seine erste Spielzeit mit der Adaption des Pasolini-Films "Accatone" eröffnen. Mit der Wahl des Stoffes macht Simons auch klar, dass Kunst für ihn nie nur schönes Spiel ist, sondern in sozialer Verantwortung steht. Erzählt "Accatone" doch von einem aus der Unterschicht, der seinem Milieu nicht entkommt.

Deprimierend aber soll es nicht zugehen in den drei Jahren seiner Intendanz, darum hat Simons ein Leitmotiv aus Schillers "Oder an die Freude" gewählt: "Seid umschlungen". Als Geste der Umarmung - künstlerisch, gesellschaftlich wie geografisch - will er das verstanden wissen. Sein Festival solle Verbindungen schaffen "zwischen den Bewohnern des Ruhrgebiets, den Arbeitenden wie den Arbeitslosen, zwischen Deutschen, Europäern und Weltbewohnern", sagte Simons bei der Programmpräsentation in Bochum. Ein Ansatz, der Kulturministerin Ute Schäfer (SPD) behagt: "Simons hat ein Programm zusammengestellt, das sehr politisch ist, das sich einmischt und aktuelle gesellschaftliche Fragestellungen thematisiert", sagte Schäfer.

Simons hat auch eine neue Spielstätte aufgetan. Seine Eröffnung zeigt er in der Kohlenmischhalle der Zeche Lohberg in Dinslaken. Außerdem lässt er an der Bochumer Jahrhunderthalle ein Dorf für Künstler und Besucher errichten. Wo Intendanten vor ihm barocke Gärten pflanzen ließen, sollen bei ihm "The Good, the Bad and the Ugly" einziehen. Außerdem nutzt Simons seine Amtszeit, um eine Trilogie auf die Bühne zu bringen: Émile Zolas Romanzyklus "Die Rougon-Macquart". Den ersten Teil wird Luc Perceval inszenieren, außerdem holt Simons wieder mehr Theaterleute wie Ivo van Hove und Krzysztof Warlikowski ins Ruhrgebiet und setzt den Tanzschwerpunkt fort. Auch Musiktheater wird Simons inszenieren: Wagners "Rheingold" mit dem Orchester Musica Aeterna, dirigiert von Teodor Currentzis. Zu erleben in der Bochumer Jahrhunderthalle.

Mehr Infos: www.ruhrtriennale.de

(RP)
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